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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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das einzige, dessen ich sicher bin.«
    Wir lachten, wie über einen Witz. Es war unsere letzte Nacht. In allen Tavernen herrschte Lärm, die Musik aus der Bar drang bis in das Zimmer herüber. Am nächsten Tag ging Manuels Schiff. Ich reiste einen Tag später ab, nach Athen.
    Er lehnte das Gesicht an meine Schulter.
    »Eigentlich habe ich keine Lust, mich von dir zu trennen.«
    »Es kam alles sehr unerwartet. Laß mir Zeit, mich daran zu gewöhnen.«
    »Auch für mich. Ich werde tun, was ich kann.«
    Ich schwieg. Er zog mit dem Finger die Linien meines Gesichtes nach, aufmerksam wie ein Kind.
    »Sag mir etwas, irgend etwas.«
    »Du liebst mich.«
    Er lächelte versonnen. Wir lagen still nebeneinander, als ob jedes Verlangen zwischen uns erloschen war. Aber das war es nicht, überhaupt nicht. Wir waren beide sehr aufgewühlt.
    »Glaubst du an Vorsehung?«
    Ich fühlte, wie meine Lippen zitterten.
    »Doch.«
    Er ließ einen Atemzug verstreichen. Dann sagte er:
    »Ich habe dich nie gefragt, was lieben für dich bedeutet. Für mich bedeutet es, daß ich mein Leben mit dir verbringen will. Aber vielleicht ist es nicht das gleiche für dich.«
    Ich seufzte tief auf.
    »Für mich auch, ja. Aber es kommt manchmal nicht so, wie wir es uns vorstellen.«
    »Das würde nicht viel ändern«, meinte er.
    Ich starrte vor mich hin.
    »Du hast mich ganz schön an der Nase herumgeführt.«
    »Zugegeben, du mich auch.«
    Er lehnte sich auf den Ellbogen zurück, um mich anzuschauen.
    »Wärest du jetzt bereit, mich zu heiraten, so würde ich zögern. Du bist der freieste Mensch, dem ich je begegnet bin. Freiheit. Nichts respektiere ich mehr als das. Und gleichzeitig sehne ich mich danach, dich zu sehen, zu hören, in deiner Nähe zu sein. Erinnerst du dich an den Abend, als wir uns kennenlernten? Ich schrieb in mein Tagebuch: ›Du bist mein Labyrinth‹.«
    »Doch nur ein Wortspiel…«
    »Quién sábe? Es ist merkwürdig, wie sich die Dinge entwickeln. Jetzt lerne ich mich besser kennen. Du liebst zwei Männer.«
    »Du bist einer von ihnen.«
    »Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich muß mich in den Raum werfen und hänge an einem Seil.«
    »Dazu braucht es Mut.«
    Jetzt lachte er leise.
    »Oder auch eine Portion Mystik, wenn dir das besser gefällt.«
    »Du hast dich in eine Zwangslage gebracht.«
    »Das bewirkt mein indianisches Blut. Indianer haben einen besonderen Begriff von Würde, aber Würde kann mancherlei Formen annehmen. Es ist beleidigend, jemandem zuzumuten, seine Persönlichkeit aufzugeben, bloß um dem anderen einen Gefallen zu tun. Wie intellektuell wir auch sein mögen, plötzlich überfällt uns wie ein Fieber der Drang zum Absoluten.
    Eine Gottheit kann diesen Drang auslösen, oder die Revolution, oder auch eine Frau. Dann ist das Opfer keines mehr, und wir sind glücklich.«
    Ich lächelte.
    »Glaubst du das wirklich?«
    »No hay remedio – da ist nichts zu machen. Und wenn ich so weit bin, daß mein Herz im Einklang mit allen Dingen zu mir spricht, wird das Seil überflüssig, und ich schwebe frei über der Welt.«
    »Du bist ein Träumer, Manuel.«
    »Ich kann nicht anders, ich bin so geboren.«
    »Bist du sicher, daß du weißt, was du willst?«
    »Ich will verloren sein.«
    Ich streichelte sein Gesicht.
    »Das ist noch zu früh.«
    »Nein, es ist schon zu spät.«
    »Bin ich daran schuld?«
    »Nein. Indianer sind stur. Und wir haben ein zu tief eingewurzeltes Bedürfnis nach Devotion. Wir singen: ›Para bailar la Bamba‹, aber das Requiem von Mozart rührt uns zu Tränen. Wir kennen keinen Selbstbetrug.
    Die Liebe ist keine Krankheit, die sich mit Placebos heilen läßt. Sie ist ein Dolchstoß, eine Todeswunde. Wenn ich nur wüßte, ob du mich richtig verstehst…«
    »Ich verstehe dich nur zu gut.«
    Er drückte mich enger an sich.
    »Willst du auf mich warten, Ariana?«
    Ich nickte, mit zugeschnürter Kehle. Ich war mir nicht sicher, ob es mir gelang, meiner Stimme mächtig zu bleiben. Er rollte sich auf mich, preßte seinen Mund an den meinen. Wir küßten uns, gierig und bebend. Seine Lippen saugten an meiner Zunge, hielten sie fest. Dann hob er den Kopf, sprach dicht an meinem Mund, kehlig und im tiefen Verlangen.
    »Bevor ich zu dir komme, muß ich eine Ganzheit werden, mich finden.
    Vielleicht muß ich einen Umweg über ihn machen, den anderen, der auch du bist. No hay remedio. Du bist mein Labyrinth. Ich muß mich in den Schlingen verlieren; hinabsteigen, bis zum innersten Kern, um frei zu

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