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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Kaffee aus, stellte die Tasse in die Spüle. Meine Müdigkeit verflüchtigte sich ein wenig, aber der Kaffee verursachte mir Herzklopfen.
    Ich suchte eine Schachtel, warf Martins Sachen hinein. Dann schnürte ich das Paket zu, adressierte es an Martins Freunde in Chaillot. Die Post an der rue Lacepede schloß um sieben. Wenn ich mich beeilte, konnte ich das Paket noch aufgeben.
    Am nächsten Morgen, bevor ich zum Institut fuhr, rief ich bei Eleni an.
    Sie war noch nicht beim Üben, räumte gerade die Küche auf und schüttete ihr unbändiges Lachen in den Hörer.
    »Ich kann nicht üben, bevor der Haushalt nicht gemacht ist. Hat es dir in Langada gefallen? Wie geht es der Familie?«
    »Gut. Ich soll dich grüßen. Nur die Großmutter ist etwas wirr im Kopf.«
    »Demetria? Die verwechselt alle, die Lebenden und die Toten. Wir werden sehr alt in der Familie, nur meine Mutter starb früh.« Eleni seufzte kurz auf. »Und wie geht es dir?«
    »Ich möchte dich sehen. Hast du heute abend Zeit?«
    »Das trifft sich gut. Jorge hat Orchesterprobe.«
    »Komm um sechs«, sagte ich.
    »Ich bringe eine Torte mit. Selbstgebacken.«
    »Großartig!«
    Im Institut lief die Klimaanlage auf vollen Touren. Ich grüßte die Kollegen, ein bißchen Klön, ein bißchen Tratsch. Alle trugen leichte Sommerkleider, blickten sehnsüchtig durch die Scheiben. Die Kaffeepausen dehnten sich aus, man trank viel Bier, die Aschenbecher quollen über. Das Wort »Urlaub« war das meistgebrauchte Wort im CNRS.
    Alain, mein Nachbar im Großraumbüro, steckte den Kopf durch die Topfpflanzen. Er zeigte mir neue Infrarot-Satellitenbilder vom Ätna, auf denen sich die unterschiedlichen Temperaturbereiche abzeichneten.
    »Du, da scheint etwas im Kommen!«
    Ich betrachtete aufmerksam die Filme. Ja, der Ätna zeigte tatsächlich Verfärbungen, die auf einen Temperaturanstieg hindeuteten.
    »Das sieht vielversprechend aus«, gab ich zu.
    Alain war ganz aufgeregt, obwohl markante Temperaturschwankungen nicht zwangsläufig zu einem Ausbruch führten.
    »Ich bin ständig auf Arbeit angewiesen, die nur von Spezialisten erfüllt werden kann. Wenn sich nicht bald etwas regt, leiste ich mir eine Neurose.«
    Alain war leitender Geologe. Der Ätna gehörte zu seinen Lieblingsvulkanen, weil er in Europa lag – also leicht zu erreichen war –
    und wie kaum ein anderer Berg seit Jahrhunderten tätig war.
    Alain war kleingewachsen, schmächtig, mit scharfen schwarzen Augen.
    Er gab sich Mühe, seine Empfindsamkeit hinter schroffen Gesten und energiegeladenen Auftritten zu verbergen. Mitunter gelang es ihm auch.
    Aber ich kannte ihn besser. »Eine schöne Lateral-Eruption wäre längst wieder fällig«, seufzte er sehnsuchtsvoll. »Ich warte schon seit acht Jahren und verliere allmählich die Geduld.«
    Ich tröstete ihn freundlich, sprach die Hoffnung aus, der Ätna möge ihm zuliebe demnächst in die Luft fliegen.
    »Aber nicht, wenn ich gerade im Urlaub bin«, sagte Alain.
    Aus undefinierbaren Gründen schienen Computerausdrucke aus allen Abteilungen auf meinem Schreibtisch gelandet zu sein. Manche Berichte waren acht oder zehn Seiten lang. Man erwartete, daß ich die Ideen anderer Leute ordnete und zusätzlich meine eigenen Notizen einspeicherte. Gut.
    Die Arbeit erforderte Nachdenken über ganz bestimmte Dinge, die mir Sicherheit gaben. Angewandte Forschung lenkt von Komplikationen ab, metaphysischen und sentimentalen. Ich nahm an, daß ich über mehr Phantasie verfügte als die üblichen »Funktionäre der Wissenschaft«, und schmunzelte, als mein Blick auf die Notiz fiel, die ich einst an die Bürowand geheftet hatte: »Der Tempel der Wissenschaft wäre recht leer, wenn man alle jene daraus entfernte, die nicht wirklich Wissenschaft treiben.«
    Abends kaufte ich ein: Sesambrötchen, Jakobsmuscheln, die ich nur in den Ofen schieben mußte, verschiedene Salate und einen »Brie de Meaux«, der gerade die richtige Reife hatte. Ich schnitt Tomaten, mischte Salat mit frisch gepreßtem Olivenöl und Kräutern. Gerade holte ich die Jakobsmuscheln aus dem Ofen, als es klingelte. Eleni trat ein, mit einer Kuchenschachtel in der Hand, weißgekleidet und lächelnd. Im Gegenlicht sahen die kleinen Härchen auf ihrem Hals wie goldener Flaum aus. Trotz der unterschiedlichen Haarfarbe und der hellen Haut war die Ähnlichkeit mit Anghelina verblüffend. Eleni hatte die gleichen Wangenknochen, hoch und rund, die graziösen Bewegungen, die melodische Stimme, in der ein ständiges Lachen

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