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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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essen. Frauen sind nur schön, wenn sie oben und unten etwas haben.«
    Er klemmte die Zigarre zwischen die Zähne und zeichnete mit den Händen Kurven in die Luft, worauf Gelächter von allen Seiten losbrach.
    Amadeo, der Wein in ein Glas goß, sah auf.
    »Constantin, werde nicht zudringlich, sonst hänge ich dich an den Daumen auf und stopfe Pfefferschoten in dein großes Maul.«
    »Hör dir das an!« sagte Constantin zu mir. »Es kommt ja vor, daß er sich zivilisiert benimmt, aber sobald du da bist, wird er zum Höhlenmenschen.«
    Er trocknete sich mit einem schmutzigen Taschentuch die Stirn und nahm das Glas, das Amadeo ihm reichte.
    »Danke, Fralo – Bruder –, hoffentlich kriege ich keine Bauchschmerzen davon.«
    Er grinste und trank, wobei er die Zigarre in den klobigen Fingern hielt.
    Amadeo bohrte seinen schwarzen Blick in seine Augen.
    »Was macht Quasimodo?«
    Bei dieser Frage, die er scheinbar ganz beiläufig stellte, trat wieder dieser müde Zug in sein Gesicht. Sein Profil mit der schmalen Nase und der hohen Stirn sah fast abgezehrt aus. Und plötzlich wußte ich Bescheid. Mein Herz verkrampfte sich. Constantin wischte sich mit den Handrücken über die Lippen.
    »Er steht den ganzen Tag unter einem Baum im Schatten.«
    »Im vorigen Sommer auch.« Amadeo wandte sich mir zu. Seine Stimme klang dumpf. »Die Hitze bekommt ihm nicht. Aber sobald es kühler wird, erholt er sich.«
    »Er wird allmählich alt.«
    »Verdammt, Constantin, das weiß ich selber!«
    Constantin nahm einen Schluck; seine Augen mit der gelblichen Hornhaut hielten Amadeos fiebrig glänzenden Blick fest.
    »Du solltest ihn lieber nicht auf Tournee mitnehmen.«
    »Warum?« fragte Amadeo scharf.
    »Die Koliken werden schlimmer.«
    »Wassilios Mittel hat ihm gut geholfen.«
    »Sicher. Aber für wie lange? Das ist es ja gerade.« Constantin hielt inne, weil er wußte, daß der unvollendete Gedanke Amadeo reizen würde.
    Amadeo zog eigensinnig die Mundwinkel herab.
    »Die Nummer mit dem Speer mache ich nur auf Quasimodo.«
    Constantin trank das Glas aus, steckte seine Zigarre zwischen die Lippen.
    »Du bist der Chef«, sagte er gleichmütig.
    Ein paar Sekunden Stille folgten. Eine Trübung war da, hauchfein, wie ein Dunst. Es wehte etwas Unausgesprochenes in der Luft. Ich brach das Schweigen:
    »Wo ist Wassilio?«
    Amadeo antwortete nicht sogleich. In seinen Augen stand eine dumpfe Qual. Er schloß die Lider und hielt sie, nur einen Atemzug lang, fest zugepreßt. Als er sie hob, war sein Gesichtsausdruck wieder wie sonst.
    Aber ich kannte ihn besser.
    »In Biarritz. Seine Enkelin Justine ist vom Trapez gefallen.«
    »Schlimm?«
    »Es geht. Justine trainierte oben auf der Stange mit ihrem Bruder Pierre, als eine Halterung brach. Pierre kam mit einem kaputten Nasenbein davon, Justine brach sich das Schienbein. Man konnte den Knochen sehen. Jetzt hegt sie im Krankenhaus und will in der nächsten Saison wieder auf das Fangtrapez. Vielleicht kann Wassilio helfen.«
    Er wandte sich an Manuel, der schweigend zuhörte.
    »Du mußt denken, wir sind nicht ganz bei Trost. Wir fallen auf die Schnauze und kriegen trotzdem nie genug. Es ist nun mal ein besonderes Leben.«
    »Hattest du auch schon Unfälle?«
    »Ein paar«, antwortete er gleichgültig.
    Wir saßen nebeneinander bei Tisch, tranken den violetten Wein, der nahezu eiskalt war; Amadeo rollte sich eine Zigarette. Er wirkte finster und wortkarg. Die Sache mit Quasimodo beschäftigte ihn. Ich stellte keine Frage; ich fühlte, daß er gewissen Gedanken aus dem Weg ging, sie einfach nicht an sich heranließ. Aber es ist nicht nur das, dachte ich. Was ist es nur?
    Eine innere Stimme sagte mir, daß der tiefere Grund seiner Unruhe mit Manuel und mir zusammenhing. Manuel störte ihn. Er hatte ihn nicht vorausgesehen, nicht eingeplant. Ungestüm, wie Amadeo war, fühlte er sich von der Ruhe angezogen, die Manuel ausstrahlte – und haßte ihn gleichzeitig dafür, mit entsprechender Heftigkeit.
    Was wirst du tun, Amadeo? Ich warte, ich beobachte dich mit Luchsaugen. Für dich setze ich alles aufs Spiel, das weißt du. Meine Welt und deine Welt sind füreinander transparent; wir können Manuel hineinnehmen, wenn du es willst. Heute nacht werden wir – du und ich –
    eine Entscheidung treffen. Wenn es um uns beide geht, sind wir erbarmungslose Egoisten. Kann Manuel, der unter seinem vergnügten Lächeln einen Schatz an Hingabefähigkeit verbirgt, das überhaupt begreifen? Stellt er sich vor, Manuel,

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