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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Camargue?«
    »Zum ersten Mal, ja.«
    »Schon lange in Frankreich?«
    »Drei Jahre.«
    »Sie haben einen spanischen Akzent. Aber Sie sind kein Spanier.
    Südamerikaner, oder?«
    »Ich bin aus Mexiko.«
    »Indio, wenn ich mich nicht täusche?«
    Ein Schimmer von Überraschung glitt über Manuels Gesicht.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Weil Sie beim Gehen die Fußspitzen einwärts drehen.«
    »Sie beobachten gut«, sagte Manuel.
    »Das lernt man im Zirkus. Wer das nicht kann, wird Clown und hat ein langes Leben.«
    »Waren Sie schon in Mexiko?«
    »Ja, vor acht Jahren.«
    »Was haben Sie da gemacht?«
    »Mir das Land angeschaut. Und sogar ein paar Menschen getroffen, die etwas von Pferden verstanden.«
    Amadeo sprach ausdruckslos, die scharfen, schmalen Augen auf Manuel gerichtet, der ruhig seinen Blick erwiderte. Er war etwas kleiner gewachsen, feingliedriger auch, ohne daß er dadurch schmächtiger wirkte.
    »In Vera Cruz sah ich ein Pferd«, fuhr Amadeo fort. »Einen Palomino, fast orangegelb, mit einem grünlichen Lackschimmer. Ich war ganz vernarrt in das Tier, aber der Besitzer wollte das Pferd nicht verkaufen. Ich steigerte mein Angebot, wollte ihm eine Unsumme zahlen. Alles verlorene Mühe. Er liebte sein Pferd. Was sollte ich machen?«
    Amadeo warf Manuel die Frage nachlässig zu. Dieser lächelte.
    »Auf das Tier verzichten. Ein Pferd soll dem gehören, der es am meisten liebt.«
    Amadeo hob die Brauen.
    »Ach, finden Sie?«
    Inzwischen näherte sich der Schimmel mit langsamen, wiegenden Schritten. Dicht hinter Amadeo blieb er stehen, pustete ihm seinen Atem in den Nacken und stieß ihn sanft mit dem Maul an. Amadeo umfaßte mit beiden Armen den Kopf des Pferdes. Dann sah er zu den Kindern und rief:
    »Majella!«
    Ein Mädchen, etwa elf Jahre alt, kam barfuß angelaufen. Sie trug aufgeschlitzte Jeans, ein verwaschenes rotes T-Shirt und eine Kette klirrender Holzperlen. Ihr Gesicht war braun und wild, und ihre Nase lief.
    Amadeo warf ihr die Leine zu. Das Mädchen fing sie im Flug auf, schnalzte ein paarmal mit der Zunge und führte den Schimmel aus dem Hof. Die anderen Kinder folgten, wobei sie miteinander flüsterten und sich immer wieder umdrehten.
    »Die Kleine kann gut mit Tieren umgehen«, sagte Amadeo. »Im nächsten Jahr werde ich eine Nummer mit ihr einstudieren.«
    »Einen schönen Hengst haben Sie da!« sagte Manuel.
    »Er heißt Thyfos.« Wie immer, wenn er von den Pferden sprach, klang Amadeos Stimme zärtlich. »In den Sagen der Boumians ist Thyfos das Reittier der Meeresgöttin Ampheas. Als eine Sintflut die Camargue überschwemmte, stieg Thyfos zu den Göttern und vertraute den Menschen das Geheimnis der Unsterblichkeit an. Inzwischen haben sie es wieder vergessen, weswegen wir alle unter die Erde müssen.«
    Amadeo lachte leise und fuhr fort:
    »Thyfos ist kein reinrassiges Camargue-Pferd, er hat Araberblut, das macht seine Schönheit aus. Ich habe ihn erst seit vier Tagen. Man sagte mir, er sei störrisch. Aber der Narr benimmt sich, als ob er immer bei mir gewesen wäre.«
    »Das Pferd liebt Sie«, sagte Manuel.
    »Ich bin ein Zauberer.«
    »Vielleicht«, antwortete Manuel. »Aber die Liebe ist eine sehr menschliche Zauberei. Und außerdem kann man nie wissen, oder?«
    Amadeos Gesicht verfinsterte sich. Im Bruchteil einer Sekunde wurde an ihm die Veränderung, die sich von innen her aufsein Äußeres übertrug, so deutlich, daß sie keiner übersehen konnte. Er schien, obwohl völlig regungslos, wie auf der Lauer. Manuel hatte leichthin gesprochen, aber Amadeo hatte bemerkt, daß seine Ruhe nicht der Schüchternheit entstammte. Zwischen beiden Männern kam plötzlich eine Spannung auf, eine Spannung, die sich auch auf mich übertrug, mich beinahe körperlich berührte. Schnell brach ich das Schweigen.
    »Wo sind die Pferde?«
    »Auf der Weide«, sagte Amadeo. »Du wirst sie morgen sehen.«
    Wieder beobachtete ich diesen Schatten auf seinem Gesicht und dachte: Was hat er nur? Doch seine dunklen Finger strichen meinen Arm entlang, eine aufwühlende, besitzergreifende Liebkosung. Ein warmer Schauer durchlief mich; Trägheit breitete sich bis zu den Knochen in mir aus, und mir war, als ob ich innerlich schmolz. Er sah das Verlangen in meinen Augen; ein kaum merkliches Lächeln zuckte um seine Mundwinkel.
    »Gehen wir etwas trinken«, sagte er knapp.
    Er hielt noch immer meine Hand, als wir in das Haus traten. Gerade als wir die Schwelle überschritten, humpelte uns Lola entgegen. Lola in ihrem

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