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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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die Hunde, die Raben. Vielleicht denkst du, daß es keinen Sinn hat, was ich erzähle. Paß auf, irgendwann wirst du merken, daß doch ein Sinn darin steckt. Ich schlage niemals ein Tier. Aber sehe ich einen Kerl, der ein Tier mißhandelt, dresche ich ihn krankenhausreif.«
    In meinen Ohren rauscht es, ich bin noch müder, als ich geglaubt hätte, und so benommen, daß ich kaum sprechen kann.
    »Warum hat man dich so behandelt?«
    Seine Augen verengen sich.
    »In Foix ticken die Uhren langsam. Meine feine Sippe lebte nach Prinzipien der Jahrhundertwende. Die Mutter ging zur Beichte, der Vater zitierte Agrippa d’Aubigne. Der erste Bruder glaubte an Wissenschaft und Vernunft, der zweite Bruder predigte Gottesfurcht, der dritte verkroch sich in der Hundehütte, kaute Dreck und Rinden und erbrach im Wohnzimmer Galle. Ich hatte das, was man Legasthenie nennt – Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Schreibens. Die devoten Enkel und Urenkel von Priestern und Generälen sahen es als Bockigkeit ein. Standesdünkel. Ich war der Schmutzfleck auf dem blankgeputzten Familienwappen. Mein Eigensinn mußte gebrochen werden. Mit der Nilpferdpeitsche. Wie die Zucht, so die Frucht, sagt ein Sprichwort. Die Rechnung ging nicht auf: Ich präsentierte ihnen die Quittung. Und eine Zeitlang ging es ziemlich brutal zu.«
    Er lächelt jetzt, der Anflug nur, etwa wie das Flattern eines Blattes bei Windstille.
    »Nun, es ist vorbei. Scherben einer zerbrochenen Kindheit. Aber auch damit werde ich fertig.«
    »Ist es schlimm für dich? Immer noch?«
    Er hob langsam die Schultern.
    »Nein, eigentlich nicht. Aber heute morgen, in der Kirche, da hatte ich auf einmal ein seltsames Gefühl: als ob mein Körper zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrte. Als ob ich mich selbst zur Welt brachte. Ich beobachtete es ganz ruhig und dachte, jetzt gerade wurde ich von neuem geboren. Ich nehme an, es genügte mir nicht, nur einmal vom Mutterleib geboren zu werden. Der erste Versuch war nicht zufriedenstellend gewesen.
    Ich mußte das Experiment wiederholen. Und wiedergeboren werden, für dich.«
    In dieser Nacht bin ich so müde, daß ich in seinen Armen einschlafe. Er sitzt auf der Treppe, unten am Wasser, und hält mich auf den Knien. Ich schlafe, in seine Jacke eingewickelt, den Kopf an seiner Brust, bis er mein kaltes Gesicht küßt und sagt, Herzblume, bald wird es hell. Du mußt zurück, sonst sieht man, wie du über die Mauer steigst. Er zieht meine Schuhe aus, reibt meine klammen Füße. Er sagt, es hat leicht geregnet, die Luft ist feucht, hoffentlich hast du dich nicht erkältet. Ich bin verzweifelt und wütend. Warum habe ich geschlafen, warum nur? Er sagt, du warst zum Umfallen müde, jetzt sind deine Augen wieder klar. Und es sei so schön gewesen, mich in den Armen zu halten. Dann fährt er fort: »Ich habe die ganze Zeit nachgedacht. Du kannst nicht mit mir leben, und ich kann nicht ohne dich sein. Das müssen wir uns immer klar vor Augen halten.«
    Stumm lege ich den Arm um seine Schulter, presse meine Wange an seine. Unsere Gesichter sind kalt. Er redet weiter, sagt, vielleicht sei alles nicht so schlimm, wie wir glauben.
    »Hör zu, am Montag baut der Zirkus ab. Wir spielen in St. Etienne, in Montelimar und Avignon. Dann ist die Saison vorbei. Im Juli und August beziehen wir unser Sommerquartier, in Sete. Da gehe ich nach Les-Saintes-Maries-de-la-Mer, verdiene etwas Geld als Viehhirte und trainiere Quasimodo. Du hast doch Ferien. Komm! Mein Freund ist Baile –
    Oberaufseher – auf dem Gut, wo ich arbeite. Der wird ein Auge zudrücken, wenn du in meinem Zimmer schläfst.«
    Mein Herz klopft stürmisch. Im Schlaf geschehen Wunder. Ich sage nur ein einziges Wort:
    »Ja.«
    Er fragt nicht, ob meine Mutter mir die Reise erlaubt; so was fragt er nicht. Wozu auch? Carmilla weiß, daß ich mich immer durchsetze. Daß man mir unter gewissen Umständen nichts in den Weg legen kann. Ich brauche ihm das nicht zu erklären, er hat das längst begriffen. Er fragt lediglich, ob ich Reisegeld habe. Ich sage, ich werde es mir beschaffen. In der Tasche trägt er ein Bündel zerknitterte Scheine. Er gibt sie mir. Er sagt, nimm alles, ich will sicher sein, daß du kommst. Ich nehme das Geld. Eleni wird nichts davon erfahren. Er sagt, er liebe mich über alle Maßen. Ich sehe ihn an: Ich könnte ihn auch ohne meine Augen sehen. Ich will ihn immerzu berühren, seine Haut spüren, seine Hände, seinen Mund. Ich will ihn, er soll mir gehören. Mein Körper

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