Feuergipfel
etwas Unfreundliches vor sich hin.
»Wie viele Kühe ihr zusammengetrieben habt«, fuhr Case in neutralem Ton fort, »welche Rasse, und wo sie gehalten werden, außerdem die Anzahl eurer Mustangs.«
Ein gezischtes Wort war Hunters einzige Erwiderung.
»Wie viele eurer Pferde ein Brandzeichen tragen«, zählte Case auf. »Wie viele frisch zugerittene Mustangs ihr habt. Solche Dinge eben.«
»Er tut also praktisch das gleiche, was du früher während des Krieges getan hast. Informationen über den Feind sammeln.«
Case nickte.
»Verdammter Dreck!« murmelte Hunter. »Wir haben auch so schon genug Schwierigkeiten. Da brauchen wir nicht noch einen Spion in der Schlafbaracke.«
»An deiner Stelle würde ich anfangen, Culpeppers abzuknallen, wo ich sie gerade finde.«
»Zu gefährlich. Wenn ich sie nicht alle auf einmal erwischen
kann, wird die Sache genauso enden wie in Texas. Die Überlebenden erschießen jeden Mann in Reichweite ihrer Revolver, sie werden die Frauen vergewaltigen und töten, das Land vergiften und alles in Brand stecken, was brennbar ist.«
Case stritt es nicht ab. Die Culpeppers hatten sich ihren Ruf, rücksichtslose, brutale Banditen zu sein, leider durch Taten verdient.
»Dann solltest du besser Zusehen, daß du deinen Verräter findest und ihn hängst«, sagte Case energisch. »Er weiß einfach zuviel.«
Hunter überlegte angestrengt.
Keiner der Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, brachte ihm eine Lösung.
Case wartete darauf, daß sein Bruder zu sprechen fortfuhr. Man merkte ihm keinerlei Ungeduld an, während er ruhig dastand. Ungeduld bedeutete, daß jemand auf irgend etwas brannte.
Nach mehreren Jahren im Krieg hatte Case sich nur noch auf eines gefreut: wieder nach Texas heimzukehren. Dann war er nach Hause zurückgekehrt und hatte entdecken müssen, daß seine geliebte Nichte und sein kleiner Neffe an Comancheros verkauft worden waren.
Nachdem Case die grausigen Reste von Ted und Klein Em gefunden hatte, war er nicht mehr fähig gewesen, sich überhaupt noch zu freuen.
Nicht einmal mehr auf Rache.
Die Culpeppers ihrer gerechten Strafe zuzuführen war für Case lediglich eine Arbeit, die getan werden mußte, wie etwa ein Schwein zu schlachten oder eine neue Grube für den Abort auszuheben. Kein Mann genoß diese Pflicht, aber kein Mann, der diese Bezeichnung wert war, scheute davor zurück.
»Tja, das erklärt natürlich einiges«, sagte Hunter verbissen. »Wie sieht der Mann aus?«
»Das weiß ich nicht. Ich kann nicht nahe genug an ihn herankommen.«
»Ich hätte nicht gedacht, daß es für dich jemals unüberwindliche Hindernisse gibt.«
»Mir ist das auch neu. Aber man lernt eben nie aus. Er kennt das Sumpfgebiet wie ein Habicht den Himmel!«
»Ist er groß?« fragte Hunter, der automatisch an Mickey dachte.
»Keine Ahnung. Er achtete sorgfältig darauf, keine Spuren zu hinterlassen.«
»Hätte ich mir denken können. Mit wem spricht er?«
»Mit Gaylord oder Ab«, erwiderte Case.
»Wann?«
»Wann immer ihm danach zumute ist. Wie ich schon sagte, er kennt die Gegend wie seine Westentasche.«
»Und die Hunde kennen ihn«, setzte Hunter angewidert hinzu.
»Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Ich höre dauernd, wie er auf der Ladder S aus und ein geht, wie und wann es ihm gerade paßt.«
»Dann muß es Mickey oder Lefty sein, oder Gimp. Von den anderen ist keiner lange genug hier, um das Land so gut zu kennen wie dieser verdammte Unbekannte.«
»Ich glaube nicht, daß ein Mann mit einem lahmen Bein mich hätte abschütteln können«, gab Case zu bedenken. »Dieser Sumpf kann verdammt gefährlich werden, und zwar schnell.«
»Damit bleiben also nur Mickey und Lefty übrig«, sagte Hunter. »Ehrlich gesagt, ich kann mir keinen von beiden dabei vorstellen.«
»Warum?«
»Mickey ist zwar niederträchtig genug, um so etwas im Schilde zu führen«, sagte Hunter, »aber ich bezweifle, daß er das Land gut genug kennt, um dich von seiner Fährte abzuschütteln. Lefty kennt das Land, aber der wiederum ist nicht niederträchtig genug.«
»Nun, jemand muß es sein, das steht fest.« »Bist du dir wirklich sicher, daß Bill nicht dahintersteckt?« wollte Hunter wissen. »Er ist zu allerhand Gemeinheiten fähig und kennt das Land.«
»Du hast recht«, stimmte Case ihm zu, »aber so bösartig ist er nicht, daß er seine eigene Tochter töten würde.«
»Seine Tochter?«
Case machte eine knappe Handbewegung, die Hunter augenblicklich verstummen ließ.
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