Feuergipfel
Elyssa es haßte, ihr Haar geflochten, aufgesteckt und mit pieksenden Haarnadeln dicht an ihrer Kopfhaut zu tragen, flocht sie die lange, seidige Masse zu Zöpfen, drehte sie zu einem strengen Knoten zusammen und schob energisch ein paar Nadel hindurch. Dann zog sie ihren Hut tief in die Stirn, bis auch nicht ein helles Strähnchen mehr zu sehen war.
Ein erneuter Blick in den Spiegel überzeugte Elyssa, daß selbst der engstirnigste, bösartigste, dickschädeligste Ex-Südstaatenarmeeoberst ihr jetzt nicht mehr vorwerfen konnte, sie versuchte, die Aufmerksamkeit eines Mannes mit aufreizender Kleidung zu erregen.
Elyssa nahm ihren Weg zur Küche in der beruhigenden Gewißheit, daß es ihr erspart bleiben würde, Hunter gleich jetzt gegenüberzutreten. Sie hatte ihn vor einer Weile das Haus verlassen hören.
Allerdings nicht besonders früh. Er war fast eine volle Stunde später als gewöhnlich hinuntergegangen.
Erschöpft von all der Wollust, ohne Zweifel, dachte Elyssa bitter.
Um ihren Mund lag ein böser Zug, als sie die Küche betrat.
»Um Himmels willen«, sagte Penny überrascht, »was ist denn in dich gefahren?«
»Wie bitte?« fragte Elyssa, während sie sich fragte, ob Penny vielleicht irgendwie mitbekommen hatte, was letzte Nacht passiert war.
»Deine, äh, Kleidung.«
»Oh!« Elyssa zuckte die Achseln. »Ich bin die Kleider aus England leid.«
»Frechdachs, du kannst doch nicht...«
»Nenn mich nicht Frechdachs!«
Der Ärger, der in Elyssas Stimme mitschwang, erschreckte Penny
»Tut mir leid«, murmelte Penny. »Ich wußte ja nicht, daß du Bills Spitznamen nicht magst.«
Elyssa zuckte nur die Achseln und versuchte, sich zusammenzureißen.
»Du kannst diese Sachen aber nicht außerhalb des Hauses tragen«, meinte Penny.
»Warum nicht?«
»Weil es Männerkleider sind!«
»Ich verrichte ja auch Männerarbeit. Warum sollte ich mit Seide und Spitze herausgeputzt herumlaufen?«
»Du klingst auf einmal wie deine Mutter«, murmelte Penny.
Elyssa erwiderte nichts, als sie derbe Arbeitshandschuhe aus Leder überstreifte und die Schrotflinte von dem Haken über der Küchentür nahm.
»Willst du denn nicht erst frühstücken?« fragte Penny
»Ich bin nicht hungrig.«
»Dann laß mich ein Lunchpaket für dich zurechtmachen.«
»Wenn ich etwas essen will, komme ich zurück und hole mir etwas.«
»Du und Hunter«, sagte Penny seufzend. »Muß wohl so sein, daß irgendeine Herbstgrippe umgeht.«
Elyssa fuhr mit einem Ruck zu ihrer Gefährtin herum.
»Was hast du da gerade über Hunter gesagt?« bellte sie.
»Er hatte auch keinen Appetit.«
Gut, dachte Elyssa voll grimmiger Befriedigung. Hoffentlich plagt ihn sein schlechtes Gewissen, bis er nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
Der besorgte Ausdruck auf Pennys Gesicht verriet Elyssa, daß sie ihre Gefühle besser unter Kontrolle halten sollte.
Wieder mal!
»Und wie steht es mit dir?« erkundigte Elyssa sich ruhig. »Geht es dir wieder besser?«
»Ja. Ich schätze, ich habe diese morgendliche Übelkeit endlich überwunden.«
Eine Schockwelle durchspülte Elyssa.
Ich könnte schwanger sein.
»Mach dir bloß keine Sorgen, hörst du?« sagte sie zu Penny »Wir werden prima ohne Männer zurechtkommen.«
Die gute Seele lächelte matt.
Elyssa drückte sie flüchtig an sich und machte sich dann mit energischen Schritten auf den Weg zum Stall. Die Bewegungen ließen sie leicht vor Schmerz zusammenzucken.
Bei der Vorstellung von Hunter, wie er zwischen ihren Schenkeln gelegen hatte, überlief es Elyssa siedendheiß. Erinnerungen an die atemberaubende Lust, die sie vor dem Schmerz gefühlt hatte, erzeugten schimmernde Wogen von Wärme in ihr, die sich in ihrem Körper ausbreiteten.
In den dunklen Pausen dazwischen kroch Scham in ihr hoch.
Närrin.
Verdammte Idiotin.
Doch ganz gleich, wie heftig Elyssa mit sich selbst schimpfte, unter ihrem Zorn schwelte die Glut eines süßen, köstlichen Feuers. Hunter mochte ihr zwar weh getan haben, als er sie entjungfert hatte, aber er hatte ihr bis zu diesem Punkt auch eine geradezu schwindelnde Lust bereitet.
Glaubst du wirklich, daß sich die Frauen die Ehe gefallen lassen würden, wenn sie so unerträglich wäre?
Hunters Fragte hatte Elyssa sowohl verspottet als auch neugierig gemacht, weil darin die Andeutung mitschwang, daß an dem Liebesakt doch weitaus mehr dran war als das, was sie gerade erlebt hatte.
In der vergangenen Nacht war sie zu wütend gewesen, um mit irgend etwas anderem als
Weitere Kostenlose Bücher