Feuergipfel
Indianermädchen zu schießen.
Die Schüsse hallten in einer zerrissenen Salve von den Bergen wider. Im selben Moment erkannte Elyssa, daß das, was das Mädchen in den Armen trug, kein Kleiderbündel war.
Sondern ein Baby!
Abermals drückte sie Leopard die Absätze in die Flanken und spornte ihn mit eindringlicher Stimme zu erneuter Höchstleistung an. Der große Hengst streckte sich und donnerte in halsbrecherischem Galopp über das wilde Land.
Wind zerrte mit unsichtbaren Klauen an Elyssa. Seine Kraft riß ihr den Hut vom Kopf; ihre Zöpfe lösten sich aus den Nadeln. Ihr Haar floß wie eine flachsblonde Fahne über ihren Rücken und peitschte wirbelnd hinter ihr her.
Elyssa klammerte sich an Leopards Hals, ritt ihn mit ihrer ganzen Geschicklichkeit. Nicht einen Moment lang wandte sie den Blick von der ständig schmaler werdenden Lücke zwischen dem Indianermädchen und Leopard ab.
Und den Culpeppers.
Gott, sind diese Maultiere schnell! dachte Elyssa bestürzt.
Sie hatte nur wenige Sekunden, um zu entscheiden, ob sie die Culpeppers von dem Mädchen wegtreiben und um das Eintreffen der Ladder-S-Männer flehen sollte, bevor die Culpeppers sie schnappten.
Oder ob sie versuchen sollte, das Mädchen zu packen und Hals über Kopf in die Deckung des Sumpfes zu fliehen.
Die Indianerin hörte schließlich das Hämmern von Leopards Hufen über das wilde Keuchen ihres eigenen Atems hinweg. Entsetzt schrie sie auf und rannte in einem scharfen Bogen in die Ebene hinaus, um dem großen Hengst zu entkommen.
»Nein!« brüllte Elyssa. »Freund! Ich bin ein Freund!«
Entweder glaubte das Mädchen an diese flachsblonde Fremde als Retterin, oder sie war ganz einfach zu erschöpft, um ihre Flucht fortzusetzen. Sie kehrte um, beugte den Kopf und klammerte sich an die Hüllen, in die das Baby gewickelt war. Ihre nackten Füße flogen nur so über den Boden.
Elyssa war jetzt nahe genug an die Männer herangekommen, um in dem Vorreiter einen der Culpeppers zu erkennen. Gaylord Culpepper rückte gleich dahinter auf. Der Abstand zwischen den Reitern und dem Mädchen verringerte sich mit furchteinflößender Geschwindigkeit.
Und der erste Culpepper richtete sein Gewehr auf die flüchtende Gestalt.
Elyssa war sich gar nicht bewußt, daß sie ihren Karabiner angelegt und gefeuert hatte, bis der Lauf beim Rückstoß gegen ihre Schulter prallte. Wieder und wieder hob sie die Waffe und schoß auf die Männer, so schnell sie konnte, während Leopard näher und näher an die hart galoppierenden Reiter heranstob.
Plötzlich schrie der erste Culpepper gellend auf, warf die Arme hoch und stürzte aus dem Sattel, geradewegs unter die Hufe seines Maultiers. Gaylord machte sich kaum die Mühe, sein eigenes Tier herumzuziehen, bevor er über seinen leblosen Verwandten hinwegtrampelte.
Erleichterung und Übelkeit stiegen gleichzeitig in Elyssa auf. Sie ignorierte beide Empfindungen.
Als sie wenig später die Fliehende einholte, schob Elyssa ihren Karabiner wieder in die Sattelscheide zurück. Noch immer laufend, streckte das Mädchen die Arme aus und hielt Elyssa das
Baby hin in der stummen Bitte, wenigstens das Kind zu retten, auch wenn keine Hoffnung mehr für sie selbst bestand.
Es war nur noch eine Frage von Augenblicken, bis die restlichen Männer über sie herfallen würden.
Elyssa ergriff das Baby und drückte es mit ihrem linken Arm fest an ihre Hüfte. Gleichzeitig zog sie rasch den rechten Fuß aus dem Steigbügel und streckte dem völlig erschöpften Mädchen die Hand hin.
»Komm, schnell!« drängte Elyssa. »Nimm meine Hand! Du kannst nicht vor ihnen davonlaufen!«
Die Geste sagte mehr als alle Worte. Das Mädchen sprang wie eine Katze auf den Steigbügel zu.
Irgendwie gelang es Elyssa, das Mädchen lange genug festzuhalten, bis es sicheren Halt in dem Steigbügel fand. Die Indianerin krallte sich mit einem Fuß darin fest und klammerte sich mit beiden Händen an das Sattelhorn.
Elyssa zog Leopard herum und trieb ihn in jagendem Galopp auf den Sumpf zu.
Schüsse krachten hinter ihnen, Kugeln peitschten den Boden um sie her. Jetzt konnten die Banditen den fliehenden Hengst im Nu zur Strecke bringen.
Mit einem Arm stützte Elyssa die Indianerin, die gefährlich hin und her schwankte, während sie sich an den Sattel klammerte. Mit dem anderen Arm hielt sie das Bündel Lumpen schützend an ihren Körper gepreßt und schirmte das kleine Wurm auf die einzige Art vor den umherfliegenden Kugeln ab, die möglich war.
»Halt
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