Feuerherz
ich habe jetzt andere Sorgen!«, fuhr er die Runde an. »Ich habe keine Ahnung, was mit meiner Mutter ist, habe meinen kleinen Bruder hier und muss jetzt zusehen, dass ich Mathe nachschreiben darf.« Er nahm die Babyschale und ging los. Als er an unserem Tisch vorbeikam, streiften sich kurz unsere Blicke … seine Augen … irgendwas war seltsam blass an ihnen ... und seine Pupille …
»Du weißt, dass wir deine Familie sind?«, rief Audrina ihm hinterher. Ilian ignorierte es und sie setzte sich mit wütend funkelnden Augen hin. Meine Freunde und ich starrten uns sprachlos an. Was war denn da los? Ich sah Conny an und ich glaube, sie las den Schmerz in meinen Augen. Alles in mir drängte mich, ihm nachzulaufen, aber ich konnte mich zurückhalten. Ich war keine Freundin von ihm. Dennoch schnappte ich mir mein Handy und schrieb ihm eine Nachricht über Facebook, dass ich für ihn da wäre, wenn er Hilfe bräuchte. Das konnte ich mir vor lauter Sorge nicht verkneifen.
Kapitel 4
Der Termin für mein Tattoo war gesetzt. In zwei Tagen konnte ich zum Stechen kommen. Der Kerl hatte sogar noch meinen Bruder und das Tattoo in Erinnerung. Bald schon würde ich etwas haben, was meine Mom, Thomas und mich verband und dazu auch noch extrem cool aussah. Papa hatte die Unterschrift bereits getätigt und jetzt gab es kein Zurück mehr.
Endlich wieder zu Hause, fuhr ich meinen Laptop hoch und startete meinen Internetbrowser. Normalerweise ging ich erst einmal eine Liste von Bloggs durch, um mich über Neuigkeiten zu informieren. Heute hatte ich aber ein anderes Ziel. Mein Handy hatte mir mitgeteilt, dass ich eine Nachricht von Ilian hatte, war aber zu stur, mir sie dann auch anzuzeigen.
Hey …
Nicht mehr, nicht weniger. Was wollte er mir damit sagen?
Hallo Ilian,
wie geht es deiner Mutter?
Musste die ganze Zeit an euch denken.
Lissy
Bevor ich einen weiteren Tab öffnen konnte, um meine übliche Runde im Web zu drehen, hatte ich seine Antwort.
Außer Lebensgefahr, aber sie ist ziemlich schwer verletzt und wurde in ein künstliches Koma versetzt.
Lissy, ich habe Angst.
Was sollte ich sagen? Ich meine, … wir waren ja keine Freunde oder so etwas, oder? Bei meinen Freunden hätte ich gewusst, was ich tun sollte … zu ihnen gehen und für sie da sein. Aber bei Ilian? Das ging nicht so einfach.
Ruf Arva an und bitte sie, zu dir zu kommen.
Er ließ sich einige Minuten Zeit mit seiner Antwort. Minuten, in denen ich verschwitzte Hände bekam und mein Herz mindestens hundert Saltos gemacht hatte.
Hättest du Zeit? Nur eine Stunde?
Du meintest vorhin … sonst würde ich nicht fragen!
Ich starrte die Nachricht mit offenem Mund an, als ein Zusatz folgte.
Vergiss es Lissy … du hast Recht, ich sollte Arva anrufen.
Mein Antwort kam intuitiv und wie aus der Pistole geschossen.
Ich komme.
Danke, Lissy.
Danke.
Oh mein Gott, was tat ich da nur? Aber hätte ich meine Worte als inhaltslos und falsch dastehen lassen sollen? Nein, wenn man Hilfe anbietet, dann sollte man sie auch gewähren. Alles andere wäre Betrug der übelsten Art.
Ich packte mir schnell mein altersschwaches Handy, meine Hausschlüssel und mein Portemonnaie. Nachdem ich Carmen erzählt hatte was passiert war, schnappte sie sich ihre Autoschlüssel und fuhr mich direkt bis in den Innenhof der Balaurs. Natürlich stieg Carmen aus – sie wollte es sich nicht entgehen lassen, Ilian mit eigenen Augen zu sehen. Peinlich! Sind Mütter immer so? Falls ja, war es vielleicht ganz gut, dass meine Mutter anderes wichtiger gefunden hatte als mich (Achtung, schwarzer Humor!).
»Danke Carmen«, sagte ich und sah sehnsüchtig zu dem alten Käfer, der hier im Innenhof richtig schön zur Geltung kam. Irgendwie passte er hier rein. Eine Tür öffnete sich und Felicia kam heraus. Na toll, ausgerechnet mein größter Fan unter den Balaurs.
»Ilian!«, rief sie nach innen. »Lissy ist da!«
Ich fühlte mich vollkommen fehl am Platz, als sie mich genervt anstarrte, also drehte ich mich noch einmal zu Carmen um. »Danke fürs Fahren, ab jetzt komme ich auch alleine zurecht.«
Carmens Augen weiteten sich und ein verträumtes Lächeln zierte plötzlich ihr Gesicht.
»Lissy«, hauchte mir die wärmste Stimme, die ich kannte, in den Nacken. Ich drehte mich herum und da stand Ilian. Schön wie ein junger Gott und mit den atemberaubendsten, braunen Augen der Welt. Ich wollte gerade in ihnen versinken, als Ilian seine Arme öffnete und …
... mich in den Himmel zog.
Einfach so,
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