Feuerherz
sachlich hinterher: »Aber ich warte lieber.«
Ilian wirkte unheimlich gestresst, als er mich um Entschuldigung für sein erneutes Verschwinden bat. Auch meine Versicherung, dass es in Ordnung sei, schien ihn nicht zu beruhigen. Nachdem er weg war, stand ich auf und ging im Raum umher. Hier und da hing ein Bild an den Wänden. Die meisten waren Kinderbilder, doch bei der Ähnlichkeit der Balaurs, war es schwer zu sagen, welcher der brünetten, braunäugigen Jungs Ilian war. Ich zuckte zusammen, als plötzlich irgendwo im Haus eine Tür knallte. Dann Geschrei in der mir fremden Sprache. Ich glaubte Felicia zu erkennen und Mayla antwortete ihr in der gleichen Tonlage.
»Geht’s noch?«, mischte sich Ilian mit ein. Der Unfall der Mutter und das Fehlen des Vaters und der beiden Kleinsten hatte diese Familie ganz schön aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich fühlte mich wie ein störender Fremdkörper. Ilian kam mit dem frisch gewickelten und auch umgezogenen Roran zurück in die Küche. Er legte den nun zufrieden am Schnuller saugenden Kleinen auf eine Spieldecke und drückte ihm eine Kette aus bunten Holzringen in die winzigen Hände. Roran machte sich daran sie durch die Gegend zu schleudern.
»Lissy, ich …«
»Soll ich gehen?«, unterbrach ich ihn und sah zur Tür heraus, wo immer noch Lärm von den beiden Balaur-Mädels herkam.
»Nein«, sagte Ilian schnell, »bitte … ich …«
Mayla und Felicia entschieden sich, ihren Streit in die Küche zu tragen. Ilian schloss die Augen und legte eine Hand flach auf seine Stirn. Ich hatte keine Ahnung, worüber sie stritten, aber es war Felicia bitterernst, denn sie stand bereits in Tränen.
»Dann geh!«, schrie Ilian plötzlich und es wurde still.
»Toll hinbekommen«, keifte Mayla Felicia an und deutete auf Ilian. Offensichtlich war es nicht so leicht, Ilian wütend zu machen. Mayla wollte zur Tür herausstürmen, doch da stand ein kleiner Junge, Grundschule, vielleicht so acht oder neun Jahre.
»Komm, Milan!«, rief sie und zog den Kleinen an sich. Als ich wieder zu Ilian sah, stand er mit dem Mobilteil des Telefons vor Felicia.
»Hier, ruf Arva an und frag, ob du kommen darfst!«
Felicia riss ihm das Telefon aus der Hand und tippte eine Nummer ein. Sie sprach weiterhin in der fremden Sprache, legte dann mit einem zufriedenen Lächeln auf und sagte etwas zu Ilian, das ziemlich gemein klang. Damit verschwand sie. Offensichtlich waren die beiden Familien miteinander befreundet, wenn sie so einfach dort übernachten durfte. Na toll. Ein Grund mehr, auf Arva neidisch zu sein.
»Vergiss deine Zahnbürste nicht«, rief er ihr noch in einem gespielt zuckersüßen Tonfall nach. Er brauchte einen Moment, dann sah er mich an. »Wir sind sonst nicht so, wirklich.«
»Ilian«, sagte ich mit beruhigender Stimme, »ich hatte nicht erwartet, dass hier Partystimmung herrscht. Eure Mutter liegt im Koma. Natürlich dampft hier die Kacke und Roran hat das sogar wörtlich genommen!«
Wir sahen beide zu dem Baby und Ilian lachte leise.
»Du brauchst dich weder entschuldigen noch rechtfertigen.«
Er seufzte.
»Ich würde nur gerne wissen, wieso ich hier bin und wie ich helfen kann?!« War der Zeitpunkt falsch gewählt? Ilian war gestresst bis in die Zehenspitzen, aber hey, wir waren nicht befreundet, also war es doch nur in Ordnung, dass ich fragte, oder?
»ICH GEHE JETZT«, rief Felicia, bevor die Haustür ins Schloss krachte. Ilian schloss beim Knall kurz die Augen.
»Auf Wiedersehen!«, rief er ihr noch nach, doch das hörte sie mit Sicherheit nicht mehr. Mayla steckte ihren Kopf rein.
»Ich gehe mit Milan ein wenig nach draußen«, sagte sie. »Er schläft heute Nacht bei mir. Er ist ein wenig verstört wegen Mamas … Unfall. Kommst du mit Roran alleine klar?« Wieso betonte Mayla das Wort Unfall so merkwürdig?
»Natürlich«, Ilians Stimme war ganz sanft geworden. »Vielen Dank, Mayla!«
Sie lächelte zuerst ihn und dann mich an. »Versuch ihn was abzulenken, ja?« Damit verschwand sie und Ilian und ich waren wieder alleine. Na ja, außer Roran, aber der schlug immer noch mit der hölzernen Kette aus bunten Ringen um sich.
»Ich schulde dir noch eine Antwort, ich weiß.« Ilian fuhr sich durch die Haare. »Können wir zuerst in mein Zimmer gehen?«
Ich nickte und wartete, bis Ilian Roran hochgenommen hatte und ging ihm dann hinterher.
In seinem Zimmer herrschte dasselbe Chaos wie vor einigen Tagen. Er legte seinen kleinen Bruder, der noch immer die Holzkringel
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