Feuerherz
setzte sich und starrte Roran an, als wollte sie ihn mir am liebsten aus den Armen reißen.
»Ilian übernimmt seine Vaterrolle«, klärte ich Carmen auf. Ihr Gesicht wurde ernst und ihre intelligenten Augen sahen mir bis auf die Seele.
»Du weißt, dass das dann auch dich betrifft?«
»Ja«, nuschelte ich. »Ich bin jetzt so etwas wie seine Teenie-Stiefmutter.«
Carmen nickte, während ich unruhig seufzte.
»Aber ich kenne Ilian doch noch gar nicht so lange und ich bin nicht so der Kindermensch.«
»Das war ich auch nie«, sagte Carmen lachend. »Und dennoch habe ich dich unheimlich ins Herz geschlossen, Lissy. Thomas kenne ich ja nun noch nicht so richtig, aber ich liebe deinen Vater und ich liebe es zu sehen, wie sehr er dich liebt. Klingt komisch, oder? Ne Menge Liebe.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Aber es ist wirklich so.« Carmen lächelte Roran an, der aber tief in meinen Augen versunken war. »Niemand erwartet von dir jetzt, dass du eine Mutter für ihn bist. Du und Ilian, ihr seid noch so frisch zusammen. Aber eins sollte dir klar sein: Ihn gibt es jetzt nur noch mit ihm, und Ilian zu lieben, seine Freundin zu sein, bedeutet auch, ihm gelegentlich mit dem Kleinen zur Hand zu gehen und ihm den Freiraum zu geben, den er benötigt, um sich um sein Kind zu kümmern.«
Ich nickte. »Das bekomme ich hin.«
Carman streichelte mir über den Arm. »Ich weiß.« Wir lächelten uns an. »Und wer weiß, vielleicht – wenn Ilian und du auch noch in vier bis fünf Jahren ein Paar seid – vielleicht wirst du dann sogar eine richtige Mutter für Roran.«
Ich seufzte wieder.
»Und ich werde die stolzeste Oma der Welt sein, denn manchmal ist Wasser eben doch dicker als Blut. Wenn man es nur mit der richtigen Portion Liebe versetzt.«
»Ilian und ich werden nie eigene Kinder haben können«, plapperte ich laut vor mich hin. »Vielleicht ist Roran die Gelegenheit für uns.«
»Scheiße«, raunte mein Vater lachend. Ich hatte nicht bemerkt, dass er im Türrahmen gelehnt hatte.
»Jetzt hat mich der Bengel doch noch zum Opa gemacht.«
Ich grinste zu ihm herüber.
»Ich schneide ihm die Eier ab«, brummte er, zwinkerte mir dabei aber zu.
»Bitte nicht, Papa – auch wenn Ilian mir kein Kind machen kann, so glaube ich doch, dass wir sie noch brauchen.«
Carmen rollte mit den Augen. Sie würde wohl nie mit der Art klarkommen, wie Papa mit uns Kids sprach. Ja, es war nicht gerade intelligent. Nein, eher trashig, aber ich liebte es!
»Balaurs?«, rief mein Bruder von unten. Sein Ton klang ernst und durchschnitt die gute Stimmung wie einen seidenen Faden. »Diese Audrina ist hier!«
Drachenkacke!
Kapitel 14
Wir saßen, oder standen, alle um den Küchentisch. Audrina war umrahmt von Jägern, doch ihre giftgrünen Augen ließen keinen Funken Angst aufblitzen. Das feuerrote Haar hatte sie zu einem perfekten, glatten Pferdeschwanz gekämmt, der seinem Namen alle Ehre machte. Ich stand seitlich von ihr an die Küchenzeile gelehnt. Ilian stand neben mir und schien sich telepathisch mit meinem Bruder zu unterhalten. Jedenfalls sah es so aus. Er starrte Thomas an und dieser nickte zustimmend. Musste eine Art Männerunterhaltung gewesen sein. Für was wir Frauen mindestens fünfhundert Worte benötigen, machen Kerle mal eben mit einem Blick untereinander klar.
»Was hast du uns zu sagen, Drache?«, fragte Kassandra und lehnte sich am Tisch interessiert vor. In ihrer linken Hand hielt sie, für alle sichtbar, eine Waffe. Audrinas Gesichtszüge verloren auch nicht nur eine Sekunde ihre Festigkeit. Dafür musste ich sie einfach ein klein wenig bewundern.
»Eine Alternative anbieten«, sagte sie mit fester Stimme und vollkommen unbeeindruckt von der Gefahr, in der sie schwebte. Ein wenig grenzte es schon an Wahnsinn. Ich sah zu Ilian, der vorsichtshalber Carmen den kleinen Roran gegeben hatte. Auch wenn er jetzt offiziell als Papa zu ihm stehen wollte, so musste er dennoch warten, bis die Führung des Nests geklärt war, denn ansonsten wäre er sofort Audrina unterstellt.
»Die wäre?«, fragte mein Bruder gelangweilt. Für ihn war jetzt schon klar, dass es hier nur Schwarz oder Weiß gab. Krieg oder Rabiya.
»Mich«, sagte Audrina ganz selbstverständlich. »Meine Mutter wäre sicher damit einverstanden und ich würde mich bereit erklären, mit dem Orden zu kooperieren.«
Thomas rollte mit den Augen und wirkte so, als wollte er die kleine Versammlung sofort auflösen.
»Denkt doch mal darüber nach«, forderte
Weitere Kostenlose Bücher