Feuerkind
er und sein Team endlich wenigstens etwas bekommen«, sagte Rainbird. »Das wird ihren Vorrat an praktischem Wissen um hundert Prozent vermehren, wenn meine Berechnung stimmt.«
»Als Ergebnis eines völlig unvorhersehbaren Zwischenfalls.«
»Eines Zwischenfalls, den von sich aus herbeizuführen. Sie und Ihre Leute zu kurzsichtig waren«, konterte Rainbird. »Vielleicht waren Sie zu sehr damit beschäftigt, mit Ihren Ratten zu spielen.«
»Meine Herren, das reicht«, sagte Cap. »Wir sind nicht hier, um gegenseitige Anschuldigungen vorzubringen. Das ist nicht der Zweck dieser Besprechung.« Er schaute Hockstetter an. »Sie bekommen Ihr Spielzeug doch jetzt«, sagte er. »Ich muß sagen, daß Sie bemerkenswert wenig Dankbarkeit zeigen.«
Hockstetter murmelte etwas vor sich hin.
Cap schaute zu Rainbird hinüber. »Wie dem auch sei, ich bin ebenfalls der Ansicht, daß Sie ihre Rolle als Freund in der Not am Ende ein wenig übertrieben haben.«
»So? Dann haben Sie immer noch nicht begriffen.« Rainbird sah Cap an, dann Hockstetter, dann wieder Cap. »Ich finde, Sie haben beide einen fast lähmenden Mangel an Einsicht an den Tag gelegt. Ihnen stehen zwei Kinderpsychiater zur Verfügung, und wenn diese repräsentativ für das Kaliber der übrigen sind, gibt es draußen eine Menge gestörter Kinder, die mir leid tun können.«
»Sie haben gut reden«, sagte Hockstetter. »Dies –«
«Sie begreifen einfach nicht, wie intelligent sie ist«, fuhr ihm Rainbird über den Mund. «Sie begreifen nicht, mit welcher . . mit welcher Klarheit sie Ursache und Wirkung unterscheiden kann. Ich habe ihr die Sache mit Zuckerbrot und Peitsche erzählt, weil sie selbst darauf gekommen wäre. Indem ich für sie daran gedacht habe, gelang es mir, ihr Vertrauen zu mir zu verstärken … ich habe in Wirklichkeit einen Nachteil in einen Vorteil verwandelt.«
Hockstetter öffnete den Mund. Cap hob die Hand und wandte sich wieder an Rainbird. Er sprach in einem leisen, besänftigenden Ton, den er anderen gegenüber nicht gebrauchte … aber andere waren eben nicht Rainbird. «Das ändert nichts an der Tatsache, daß Sie Hockstetter und seinen Leuten ihre Aktivitäten beschnitten haben. Früher oder später wird sie erkennen, daß ihr wichtigster Wunsch – ihren Vater wiederzusehen – nicht erfüllt wird. Wir sind uns doch alle darüber einig, daß das nicht geht. Denn dann wäre ihr Nutzen für uns gleich Null.«
«Genau«, sagte Hockstetter.
»Und wenn sie so gescheit ist, wie Sie behaupten«, sagte Cap, «wird sie diesen unerfüllbaren Wunsch eher früher als später äußern.«
»Das wird sie tun«, stimmte Rainbird zu. »Und damit wäre die Sache gelaufen. Sobald sie ihren Vater sieht, weiß sie ganz genau, daß ich sie über seinen Zustand die ganze Zeit belogen habe. Daraus wird sie auch sofort schließen, daß ich die ganze Zeit für euch den Schlepper gemacht habe. Die Frage ist also nur, wie lange man sie bei der Stange halten kann.« Rainbird beugte sich vor. »Ein paar Punkte. Zunächst müssen Sie beide sich daran gewöhnen, daß sie ganz einfach keine Lust hat, bis in alle Ewigkeit für euch Feuer anzuzünden. Sie ist nur ein Mensch. Ein kleines Mädchen, das den Vater wiedersehen will Sie ist keine Laborratte.«
»Wir haben doch schon –« sagte Hockstetter ungeduldig.
»Nein, nein, Sie haben überhaupt nicht. Ganz grundsätzlich geht es hier um die Belohnung bei einem Experiment. Zuckerbrot und Peitsche. Charlie denkt, daß sie Ihnen das Zuckerbrot anbietet, indem sie Feuer anzündet, und daß es ihr am Ende gelingt, ihren Vater wiederzusehen. Wir wissen es besser. In Wirklichkeit ist ihr Vater das Zuckerbrot, das sie nie bekommen wird. Ein Maultier würde ganze Äcker pflügen, um die Karotte zu bekommen, die man ihm vor die Nase hält, denn ein Maultier ist dumm. Aber dieses kleine Mädchen ist nicht dumm.« Er sah Cap und Hockstetter an.
»Ich sage es immer wieder. Es ist, als ob man einen Nagel in Eichenholz schlägt. Sie wissen genau, wie schwierig das ist, aber Sie scheinen es immer wieder zu vergessen. Früher oder später wird sie Ihnen auf die Schliche kommen und Sie abfahren lassen. Denn sie ist kein Maultier. Und auch keine weiße Laborratte.«
Und du willst, daß sie mit den Tests aufhört, dachte Cap mit langsam aufsteigendem Ekel. Du willst, daß sie aufhört, damit du sie töten kannst.
»Von dieser grundsätzlichen Tatsache müssen Sie zunächst ausgehen«, fuhr Rainbird fort. »Dann überlegen
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