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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Pynchot umherschlenderten, würde er zurückbleiben und sie aus der Distanz und außer Hörweite betrachten. Andy sah in ihm kein Problem.
    Der Agent folgte ihnen, als er und Pynchot zum Fahrstuhl gingen. Andys Herz schlug jetzt so wild, als wolle es seinenBrustkorb zertrümmern. Trotzdem beobachtete er alles seh; genau, wenn er es sich auch nicht anmerken ließ. Es gab vielleicht ein Dutzend Türen ohne Aufschrift. Bei anderen Ausgängen hatte er die eine oder andere offenstehen sehen -eine kleine Bibliothek, offenbar spezialisiert; in einem anderen Raum ein Photokopiergerät –, aber er hatte keine Ahnung, was sich in den anderen befand. Vielleicht war Charlie jetzt hinter einer dieser Türen … aber möglicherweise hielt sie sich in einem anderen Teil der Anlage auf.
    Sie betraten den geräumigen Fahrstuhl. Pynchot zog einen Schlüssel aus der Tasche und drehte ihn im Schloß. Dann drückte er einen der unbeschrifteten Knöpfe. Die Tür verriegelte sich, und der Fahrstuhl setzte sich nach oben in Bewegung. Der Agent stand hinten in der Kabine. Andy hatte die Hände in den Taschen seiner Lee Jeans und lächelte gelangweilt.
    Der Fahrstuhl hielt, und sie betraten einen Raum, der früher ein Tanzsaal gewesen war. Der Fußboden bestand aus poliertem Eichenparkett. Am anderen Ende des weiten Räume führte eine elegante Wendeltreppe zu den oberen Stockwerken. Nach links führten Balkontüren auf die sonnenbeschienene Terrasse und den dahinterliegenden Steingarten hinaus Von rechts hörte man hinter den halb geöffneten schweren Eichentüren das Klappern der Maschinen im Schreibsaal.
    Überall duftete es nach frischen Blumen.
    Pynchot ging durch den im hellen Sonnenlicht liegenden Tanzsaal voran, und Andy äußerte sich wieder über den Parkettfußboden, als hätte er ihn vorher noch nie bemerkt. Sie gingen durch die Balkontüren nach draußen, und ihr Schatten folgte ihnen. Es war sehr warm und sehr feucht. Bienen summten träge durch die Luft. Hinter dem Steingarten wuchsen Hydrangeas, Forsythien und Rhododendronbüsche. Man hörte das Rattern der unablässig ihre Runden drehenden Rasenmäher. Andy hob das Gesicht in die Sonne, und seine Dankbarkeit war echt.
    »Wie fühlen Sie sich, Andy?« fragte Pynchot.
    »Gut. Gut.«
    »Wissen Sie, daß Sie schon fast ein halbes Jahr hier sind?« fragte Pynchot, als wundere er sich selbst darüber. Sie wandten sich nach rechts und gingen auf den Kiespfad hinaus. Der Duft von Geißblatt und Sassafrasblüten hing in der Luft. Jenseits des Ententeichs in der Nähe des anderen Gebäudes bewegten sich zwei Pferde in leichtem Galopp.
    »So lange«, sagte Andy.
    »Ja, das ist eine lange Zeit«, sagte Pynchot grinsend. »Und wir sind zu dem Schluß gekommen, daß Ihre Fähigkeit … sich verringert hat, Andy. Wir hatten in der Tat überhaupt keine merkbaren Resultate zu verzeichnen.«
    »Nun, Sie haben mich ja auch ständig unter Drogen gehalten«, sagte Andy vorwurfsvoll. »Wie kann ich denn etwas leisten, wenn ich dauernd high bin?«
    Pynchot räusperte sich, aber er wies Andy nicht darauf hin, daß er während der ersten drei Testserien völlig sauber gewesen war und alle drei nichts erbracht hatten.
    »Ich meine, ich habe doch getan, was ich konnte, Dr. Pynchot. Ich habe es versucht.«
    »Ja, ja. Natürlich haben Sie das. Und wir glauben – das heißt, ich glaube, daß Sie eine Ruhepause verdient haben. Die Firma hat eine kleine Niederlassung auf Maui, das zur Inselkette von Hawaii gehört, Andy. Und ich muß sehr bald meinen Bericht über die letzten sechs Monate schreiben. Was halten Sie davon« – sein Grinsen war jetzt geradezu lüstern, und er redete im Tonfall eines Mannes, der einem Kind etwas unglaublich Schönes verspricht –, »was halten Sie davon, wenn ich vorschlage, daß man Sie für die nächste Zukunft dort unterbringt?«
    Die nächste Zukunft könnte zwei Jahre bedeuten, dachte Andy. Vielleicht fünf. Sie würden ihn scharf überwachen für den Fall, daß er seine Fähigkeit, andere geistig zu beeinflussen, wiedererlangte. Und vielleicht brauchten sie ihn auch als Trumpfkarte, wenn sich im Zusammenhang mit Charlie Schwierigkeiten ergaben. Aber er zweifelte nicht daran, daß es am Ende einen Unfall oder eine Überdosis oder einen »Selbstmord« geben würde. In Orwells Sprache würde er zur Unperson werden.
    »Würde ich dort auch meine Drogen bekommen?« fragte Andy.
    »Aber natürlich«, sagte Pynchot.
    »Hawaii …« sagte Andy verträumt. Dann sah er Pynchot

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