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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einfach nicht tun werde.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, sagte John beharrlich und wrang seinen Lappen aus. Dann goß er das Seifenwasser in die Spüle und ließ neues Wasser einlaufen. »Sie könnten dich durch eine List dazu bringen.«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Oder du wirst irgendwann krank. Grippe oder Diphtherie oder irgendeine andere Infektionskrankheit.« Das war eine der erfolgversprechenden Möglichkeiten, die Hockstetter angedeutet hatte. »Hat man dir schon den Blinddarm herausgenommen, Charlie?«
    »Nn-ein …«
    John machte sich wieder über den Fußboden her. »Meinem Bruder mußte er herausgenommen werden, aber das Ding platzte vorher, und er wäre fast gestorben. Wir waren ja nur Indianer in einem Reservat, und den Leuten war es scheiß …, den Leuten war es gleichgültig, ob wir starben oder am Leben blieben. Er bekam hohes Fieber, ich glaube einundvierzig Grad, und er phantasierte wie wild, fluchte entsetzlich und sprach mit Leuten, die gar nicht da waren. Weißt du, er glaubte sogar, unser Vater sei der Todesengel und gekommen, ihn zu holen. Er versuchte, ihn mit einem Messer zu erstechen, das er neben seinem Bett liegen hatte. Habe ich dir die Geschichte nicht schon einmal erzählt?«
    »Nein«, sagte Charlie flüsternd. Sie flüsterte jetzt nicht aus Angst vor Lauschern, sondern aus entsetzter Faszination. »Wirklich?«
    »Wirklich«, bestätigte John. Wieder wrang er seinen Lappen aus. »Es war nicht seine Schuld. Es lag am Fieber. Im Fieberwahn sind Menschen zu allem fähig. Zu allem.«
    Charlie verstand, was er meinte, und empfand bedrückende Angst. An so etwas hatte sie überhaupt noch nicht gedacht.
    »Aber wenn du diese Pyro – wie immer das heißt – kontrollieren könntest …«
    »Wie kann ich es kontrollieren, wenn ich im Fieberwahn wäre?«
    »Weil du es ganz einfach kannst.« Rainbird dachte an das Beispiel, das Wanless Cap gegenüber angeführt hatte und das dieser so ekelhaft fand. »Es ist wie bei einem Kind, das man zur Sauberkeit erzieht. Kann es erst einmal Darm und Blase kontrollieren, dann kann es das für immer. Leute im Fieberwahn machen das Bett vielleicht mit ihrem Schweiß naß, hineinpissen tun sie selten.« Hockstetter hatte auf gezeigt, daß das nicht immer stimmen müsse, aber das würde Charlie nicht wissen.
    »Was ich sagen will: Wenn du diese Fähigkeit erst kontrollieren kannst, brauchtest du dir darüber keine Sorgen mehr zu machen. Du hättest sie dann endgültig im Griff. Aber um diese Kontrolle zu lernen, mußt du immer wieder üben. Genauso wie du es gelernt hast, dir die Schuhe zuzubinden oder in der Vorschule Buchstaben zu schreiben.«
    »Ich … ich will einfach keine Feuer machen! Und ich tu’s auch nicht! Ich will nicht!«
    »Jetzt habe ich dich wieder aufgeregt«, sagte John traurig »Das wollte ich nicht. Es tut mir leid, Charlie. Ich sag’ nichts mehr. Ich mit meinem großen Maul.«
    Aber beim nächsten Mal fing sie selbst davon an.
    Es war drei oder vier Tage später, und sie hatte sich das, was er gesagt hatte, sorgfältig überlegt … und, wie sie glaubte, eine schwache Stelle gefunden. »Es wird nie ein Ende nehmen«, sagte sie. »Sie werden mehr und mehr von mir verlangen. Wenn Sie nur wüßten, wie sie uns gejagt haben. Sie geben niemals auf. Wenn ich erst anfange, werden sie größere Feuer verlangen, dann noch größere, und dann … ich weiß es nicht … aber ich habe Angst.«
    Wieder bewunderte er sie. Ihre Intuition und ihr Verstand waren unglaublich. Was wohl Hockstetter sagen würde, wenn er, Rainbird, ihn darauf hinwies, daß Charlie McGee eine recht genaue Vorstellung von ihrem streng geheimen Aktionsplan hatte. In allen Berichten stellten sie die Theorie auf, daß Charlies Pyrokinese nur das Herzstück verschiedener anderer psionischer Talente sei, und Rainbird glaubte, daß ihre Intuition dazugehörte. Ihr Vater hatte ihnen gegenüber immer wieder beteuert, daß Charlie schon vor dem Eintreffen Al Steinowitz’ und der anderen gewußt hatte, daß sie auf dem Weg zur Mandersfarm waren. Ein besorgniserregender Gedanke, fand Rainbird. Wenn sie über seine Echtheit je eine ihrer merkwürdigen Ahnungen haben sollte … hieß es nicht, schlimmer als alle Schrecken der Hölle sei ein gekränktes Weib? Und wenn auch nur die Hälfte seiner Vorstellungen über Charlie stimmte war sie durchaus in der Lage, die Hölle erstehen zu lassen, oder doch wenigstens ein getreues Abbild. Es könnte ihm passieren daß er sich

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