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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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geekelt.
    Gewaltsam verscheuchte er die albernen Gedanken an Golfschläger und Schlangen. Vielleicht hatte ihn die Beerdigung doch mehr als erwartet mitgenommen.
    Die Sprechanlage summte, und seine Sekretärin stellte Puck zu ihm durch, Cap nahm den Hörer auf, und nach Austausch einiger Belanglosigkeiten fragte er Puck, ob der Flug nach Maui problemlos auf Mittwoch vorverlegt werden könne. Puck überlegte kurz und sagte dann, daß das kein Problem sei.
    »Sagen wir, um drei Uhr nachmittags?«
    »Kein Problem«, wiederholte Puck. »Aber jetzt sollten Sie den Termin nicht mehr ändern, sonst sind wir im Eimer. Hier ist mehr Betrieb als auf der Autobahn nach Feierabend.«
    »Nein, dieser Termin ist endgültig«, sagte Cap. »Und noch etwas: ich fliege selbst mit. Aber das sollten Sie für sich behalten, okay?«
    Puck lachte laut und herzlich. »Sonne, Meer und Mädchen im Baströckchen was?«
    »Warum eigentlich nicht?« sagte Cap. »Ich begleite eine sehr wertvolle Fracht. Wenn ich mich vor einem Senatsausschuß rechtfertigen müßte, hätte ich wahrscheinlich keine Schwierigkeiten. Und ich habe seit 1973 keinen richtigen Urlaub mehr gehabt. Und damals haben mir die verdammten Araber und ihr Öl die letzte Woche versaut.«
    »Ich werde es für mich behalten«, versprach ihm Puck. »Werden Sie dort draußen auch Golf spielen? Auf Maui kenne ich mindestens zwei große Plätze.«
    Cap schwieg. Nachdenklich starrte er ins Leere. Der Hörer glitt ihm ein wenig vom Ohr.
    »Cap? Sind Sie noch da?«
    Leise deutlich hörte er wieder dieses Zischen, das in seinem kleinen Büro fast unheimlich klang.
    »Scheiße, ich glaube, die Verbindung ist unterbrochen«, murmelte Puck. »Cap! Cap?«
    »Schneiden Sie immer noch die Bälle an, alter Junge?« fragte Cap.
    Puck lachte. »Sie machen wohl Witze? Ich dachte schon, die Verbindung sei abgerissen.«
    »Nein, ich bin noch da«, sagte Cap. »Puck, gibt es in Hawaii eigentlich Schlangen?«
    Puck stutzte.
    »Wie bitte?« fragte er erstaunt.
    »Schlangen. Giftschlangen.«
    »Ich … verdammt, ich habe keine Ahnung. Aber wenn es wichtig ist, werde ich mich erkundigen …« Puck dachte: Cap muß fünftausend Schnüffler beschäftigen, wenn er sich um solche Lappalien kümmert.
    »Nein, nicht nötig«, sagte Cap. Er hatte den Hörer wieder fest am Ohr. »Ich habe wohl nur laut gedacht. Ich glaube, ich werde alt.«
    »Sie nicht, Cap. In Ihnen steckt zuviel von einem Vampir.«
    »Vielleicht. Vielen Dank, alter Junge.«
    »Keine Ursache. Ich freue mich, daß Sie mal ein bißchen rauskommen. Wenn man bedenkt, was im letzten Jahr alles los war, hat das keiner mehr verdient als Sie.« Er dachte natürlich an Caps Frau; von den McGees wußte er nichts. Und das bedeutete, dachte Cap müde, daß er nicht einmal die Hälfte wußte.
    Er war schon im Begriff, sich zu verabschieden, und fragte noch beiläufig: »Sie wissen nicht zufällig, wo die Maschine zum Auftanken zwischenlandet?«
    »Durban, Illinois«, sagte Puck sofort. »In der Nahe von Chicago.«
    Cap bedankte sich und legte auf.
    Wieder tasteten seine Finger nach dem Zettel in seiner Brusttasche, und dann fiel sein Blick auf Hockstetters Mitteilung. Es hörte sich so an, als hätte das Mädchen sich ziemlich aufgeregt. Vielleicht konnte es nicht schaden, wenn er hinunterging, um mit ihr zu reden. Sie brauchte gewiß ein paar Streicheleinheiten.
    Er beugte sich vor und drückte auf den Knopf an der Sprechanlage.
    »Ja, Cap?«
    »Ich gehe mal kurz nach unten«, sagte er. »Ich bin in etwa dreißig Minunten wieder zurück.«
    »Okay.«
    Er stand auf und verließ sein Büro. Verstohlen tastete er wieder nach dem Zettel in seiner Tasche.
8
    Fünfzehn Minuten nachdem Cap gegangen war, lag Charlie entsetzt und verstört auf ihrem Bett und stellte wirre Überlegungen an. Sie wußte buchstäblich nicht mehr, was sie denken sollte.
    Er war vor einer halben Stunde um sechzehn Uhr fünfzehn gekommen und hatte sich als Captain Hollister vorgestellt (»aber nenn nich ruhig Cap; das tun hier alle«). Er hatte ein freundliches, kluges Gesicht, das sie ein wenig an die Illustrationen aus dem Buch Der WM in den Weiden erinnerte. Sie hatte sein Gesicht kürzlich irgendwo gesehen, es aber nicht unterbringen können, bis Cap ihrem Gedächtnis nachhalf. Er war es gewesen, der sie nach dem ersten Test in ihr Quartier gebracht hatte, als der Mann im weißen Kittel weggelaufen war. Sie war von Entsetzen und Schuldgefühlen und – ja – einem Triumphgefühl so

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