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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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durch die er fast kriecherisch wirkte. Er ließ die Hände herabhängen und bewegte fahrig und sinnlos die Finger. Das Echo hatte sich gewaltig verstärkt und raste mit irrsinniger, tödlicher Geschwindigkeit durch sein Gehirn.
    Andy stand auf. Er war genauso gekleidet wie an dem Tag, als er mit Charlie die Third Avenue entlanghastete, während die Limousine der Firma ihnen hart auf den Fersen war. Der Saum der Kordjacke war an der Schulter gerissen, und die Hose war abgewetzt und glänzte hinten.
    Das lange Warten hatte ihm gutgetan. Er fühlte, daß es ihm gelungen war, zur Ruhe zu kommen. Das Verständnis für diese Dinge fehlte ihm zwar immer noch, und er würde es auch dann nicht haben, wenn es ihm und Charlie trotz der ungeheuren Schwierigkeiten gelang, zu fliehen, um irgendwo weiterzuleben. Er konnte an seinem Charakter keinen Fehler entdecken, den er dafür verantwortlich machen konnte, daß er in dieses Durcheinander hineingeraten war, keine Sünde des Vaters, für die die Tochter büßen muß. Es war kein Unrecht, dringend zweihundert Dollar zu brauchen oder an einem kontrollierten Experiment teilzunehmen, und es war auch kein Unrecht, wenn man frei sein wollte. Wenn ich hier rauskomme, dachte er, werde ich den Leuten folgendes sagen: lehrt eure Kinder, lehrt eure Babys, und lehrt es sie gründlich: sie sagen zwar immer, daß sie wissen, was sie tun, und manchmal stimmt es, aber meistens lügen sie.
    Aber zunächst mußte er sich mit den Gegebenheiten abfinden. So oder so, auf jeden Fall würden sie den Laden hier ganz schön durcheinanderwirbeln. Aber das konnte ihn nicht dazu bringen, für die Leute, die ihnen das alles angetan hatten, Verständnis zu haben oder ihnen gar zu verzeihen. Wenn er mit sich selbst ins reine gekommen war, hatte er dadurch seinen Haß auf die gesichtslosen bürokratischen Kretins, die dies alles im Namen der nationalen Sicherheit, oder wie sie es sonst nennen mochten, getan hatten, lediglich eingedämmt. Allerdings waren sie jetzt nicht mehr gesichtslos: einer von ihnen stand vor ihm. Lächelnd, zuckend und mit leerem Blick. Aber Andy hatte mit Cap und seinem elenden Zustand nicht das geringste Mitgefühl.
    Selbst schuld, alter Junge.
    »Hallo, Andy«, sagte Cap. »Sind Sie fertig?«
    »Ja«, sagte Andy. »Würden Sie bitte einen meiner Koffer tragen?«
    Die Leere in Caps Augen verschwand, und er sah Andy mit einem jener listigen Blicke an, die man in letzter Zeit manchmal an ihm bemerken konnte. »Haben Sie sie durchsucht?« bellte er. »Auf Schlangen untersucht?«
    Andy stieß zu – nur ganz leicht. Er wollte so viel Kraft wie möglich für den Notfall aufsparen. »Nehmen Sie ihn auf«, sagte er und deutete auf einen der beiden Koffer.
    Cap ging hin und hob den Koffer auf. Andy griff sich den anderen.
    »Wo steht Ihr Wagen?«
    »Gleich draußen vor der Tür«, sagte Cap. »Man hat ihn hergebracht.«
    »Wird irgend jemand uns überprüfen?« Was er meinte, war: Wird jemand versuchen, uns aufzuhalten?
    »Warum sollten sie?« fragte Cap ehrlich überrascht. »Ich bin der Boß.«
    Damit mußte Andy sich zufriedengeben. »Wir gehen jetzt«, sagte er, »und das Gepäck kommt in den Kofferraum –«
    »Der Kofferraum ist okay«, unterbrach ihn Cap. »Ich habe ihn heute morgen untersucht.«
    »– und dann fahren wir zu den Ställen und holen meine Tochter. Noch Fragen?«
    »Nein«, sagte Cap.
    »Gut. Gehen wir.«
    Sie verließen die Wohnung und gingen zum Fahrstuhl. In der Halle begegneten ihnen einige Leute, die ihrer jeweiligen Beschäftigung nachgingen. Sie sahen Cap verstohlen an und schauten dann wieder weg. Mit dem Fahrstuhl fuhren sie zum Tanzsaal hoch, und Cap ging ihm voraus durch die breite Eingangshalle.
    Josie, die Rothaarige, die an dem Tag Dienst gehabt hatte, als Cap Al Steinowitz nach Hastings Glen schickte, hatte längst etwas Besseres zu tun. Jetzt saß hier ein junger Mann, der vorzeitig eine Glatze bekam, und brütete über einem Computer-Programm. In der einen Hand hielt er einen gelben Filzstift. Als sie sich ihm näherten, schaute er auf.
    »Hallo, Richard«, sagte Cap. »Machen Sie die Unterlagen fertig?«
    Richard lachte. »Ich würde eher sagen, sie machen mich fertig.« Er sah Andy neugierig an. Gleichgültig gab Andy den Blick zurück.
    Cap schob seinen Daumen in einen Schlitz, und man hörte ein Rasseln. Auf Richards Konsole leuchtete grünes Licht auf. »Wohin?« fragte Richard. Er vertauschte den Filzstift mit einem Kugelschreiber und hielt ihn

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