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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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jedem von ihnen würde ein Polizist sitzen, und das würde ihren Ausflug been—
    In diesem Stadium wäre das fast eine Erleichterung.
    Das Schluchzen ließ nach. Zum Teil war ihr Zustand wohl auf Müdigkeit zurückzuführen, sagte sich Andy. Und auch bei ihm war es Müdigkeit, die seine Kopfschmerzen ins Unerträgliche steigerte und diese unwillkommene Flut von Erinnerungen bewirkte. Wenn sie sich nur irgendwo hinlegen könnten …
    »Kannst du aufstehen, Charlie?«
    Sie stand langsam auf und wischte sich die letzten Tränen ab Ihr Gesicht war ein bleicher kleiner Mond in der Dunkelheit Als er sie so ansah, empfand er ein bohrendes Schuldgefühl. Sie sollte warm und geborgen in einem Bett liegen, irgendwo in einem Haus, dessen Hypothek langsam abgetragen wurde, mit einem Teddybär im Arm, bereit, am nächsten Tag in die Schule zu gehen und sich für Gott, Vaterland und die Versetzung L die zweite Klasse einzusetzen. Statt dessen stand sie nachts um ein Uhr fünfzehn auf der Standspur einer Autostraße, war auf der Flucht und hatte Schuldgefühle, weil sie von ihren Eltern etwas geerbt hatte – etwas, das sie selbst so wenig hatte bestimmen können wie das strahlende Blau ihrer Augen. Wie erklärt man einem siebenjährigen Mädchen, daß Daddy und Mami einmal zweihundert Dollar brauchten, und daß die Leute, an die sie sich gewendet hatten, behaupteten, es sei völlig ungefährlich, was aber gelogen war?
    »Wir werden versuchen, einen Wagen anzuhalten«, sagte Andy, und er wußte nicht, ob er den Arm um ihre Schulter gelegt hatte, um sie zu trösten oder um sich abzustützen. »Wir werden zu einem Hotel oder Motel fahren, und dann werde wir schlafen. Dann werden wir überlegen, was wir als nächste tun. Was meinst du dazu?«
    Sie nickte teilnahmslos.
    »Okay«, sagte er und hob den Daumen. Aber die Wagen rauschten vorbei, und zwei Meilen weiter war der grüne Wagen wieder unterwegs. Andy wußte nichts davon; sein gemartertes Hirn dachte an jenen Abend in der Uni zurück, den er mit Vicky verbracht hatte. Sie wohnte in einem der Studentenwohnheime, und er hatte sie hingebracht. Auf den Stufen vor der großen Doppeltür hatte er sie noch einmal geküßt, und zögernd hatte sie ihm die Arme um den Hals gelegt, das Mädchen, das damals noch unberührt gewesen war. Sie waren jung gewesen, mein Gott, sie waren so jung gewesen.
    Die Wagen rasten vorbei, und jedesmal wurde Charlies Haar im Fahrtwind hochgeweht, und er erinnert sich an den Rest dessen, was an jenem Abend vor zwölf Jahren geschehen war.
16
    Nachdem Andy Vicky zu ihrer Wohnung gebracht hatte, ging er über das Unigelände in Richtung Hauptstraße, von wo aus er per Anhalter in die Stadt wollte. Obwohl er ihn nur schwach spürte, pfiff der Wind kräftig durch das Laub der Ulmen zu beiden Seiten der Allee, wie ein unsichtbarer Strom, der dicht über ihm durch die Luft fließt, ein Fluß, von dem er nur ein schwaches und weit entferntes Plätschern wahrnahm.
    Das Jason-Gearneigh-Gebäude lag auf seinem Weg, und er blieb vor dem dunklen, massigen Bau stehen. Die Bäume mit ihrem frischen Laub bogen sich elastisch im Ansturm des unsichtbaren Windstromes. Ein Kälteschauer lief ihm über den Rücken und setzte sich im Magen fest, so daß ihn fror. Er zitterte, obwohl der Abend warm war. Groß und wie ein Silberdollar stand der Morid zwischen den aufziehenden Wolkenmassen – wie goldverzierte große Schiffe liefen sie auf dem Strom dort oben vor dem Wind. Der Mond spiegelte sich in den Fenstern des Gebäudes, und es war, als starrten unheimliche tote Augen in die Nacht.
    Etwas mußte dort drinnen geschehen sein, dachte er. Mehr als wir wissen und mehr, als man uns gegenüber angedeutet hat. Aber was war es?
    Im Geiste sah er wieder die emporgereckte blutige Hand -aber diesmal sah er, wie sie gegen die Karte schlug und eine kommaförmige Blutspur hinterließ … und mit einem rasselnden und klatschenden Geräusch rollte sich dann die Karte auf.
    Er schritt auf das Gebäude zu. Wahnsinn. Man würde ihn nach zehn Uhr abends doch nicht in einen Hörsaal lassen. Und …
    Und ich habe Angst.
    Ja. Das war es. Zu vieles, Erinnerungsfetzen, beunruhigte ihn. Es war zu leicht, sich einzureden, daß alles nur Phantasien gewesen waren. Auch Vicky sah das allmählich ein. Eine Testperson kratzt sich die Augen aus. Einer schreit, daß er lieber tot sein will, als dies zu ertragen, selbst wenn es bedeutet, zur Hölle zu fahren und dort bis in alle Ewigkeit zu schmoren. Ein anderer

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