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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Vormittag – das konnte jedem den Tag vermiesen. Aber der Vormittag war vorbei, er hatte eine Menge geschafft, und wer konnte wissen, was ihn am Nachmittag noch erwartete. Er betätigte den Summer, um Rachel zu rufen.
    »Ja, Cap.«
    »Ich esse hier, Darling. Würden Sie mir bitte etwas aus der Cafeteria holen lassen? Ganz gleich was. Vielen Dank, Rachel.«
    Endlich war er allein. Das Zerhackertelefon mit seinen Mikroschaltkreisen und Chips, und was immer sonst noch zu seinen Bestandteilen gehörte, schwieg, und wenn es wieder summte, war es wahrscheinlich Albert oder Norville, die ihm berichten wollten, daß im Staat New York alles gelaufen war – das Mädchen geschnappt, ihr Vater tot. Das wäre eine gute Nachricht.
    Wieder schloß Cap die Augen. Langsam und träge gingen ihm Gedanken und Sätze durch den Kopf. Geistige Beherrschung anderer. Die Wissenschaftler sahen darin enorme Möglichkeiten. Man müßte sich einen Mann wie McGee in der Umgebung Castros oder Ayatollah Khomeinis vorstellen. Man müßte sich vorstellen, daß er in den engeren Kreis um Ted Kennedy gelangte, um ihm im Brustton der Überzeugung zu suggerieren, daß Selbstmord die beste Lösung wäre. Man müßte sich vorstellen, ein solcher Mann würde auf die Führer der verschiedenen kommunistischen Guerillagruppierungen angesetzt. Eine Schande, daß sie ihn beseitigen mußten. Aber … was einmal gelungen war, konnte auch ein zweites Mal gelingen.
    Das kleine Mädchen. Was hatte Wanless gesagt? Die Fähigkeit, eines Tages den ganzen Planeten in zwei Hälften zu spalten wie einen Porzellanteller auf einem Schießstand… das war natürlich lächerlich. Wanless war so verrückt geworden wie der kleine
    Junge in der Geschichte von D. H. Lawrence, der auf der Rennbahn die Sieger bestimmen konnte. Für Wanless hatte sich Lot Sechs in Schwefelsäure verwandelt; es hatte große, klaffende Löcher in seinen Verstand gefressen. Sie war ein kleines Mädchen, keine Waffe, die den Weltuntergang herbeiführen konnte. Und sie mußte man wenigstens lange genug behalten, um genau zu dokumentieren, was in ihr steckte, und aufzuzeichnen, was vielleicht aus ihr werden könnte. Das allein würde ausreichen, das Testprogramm mit Lot Sechs wieder aufzunehmen. Wenn man sie dazu bringen konnte, ihre Fähigkeiten zum Nutzen des Landes einzusetzen, um so besser.
    Umso besser, dachte Cap.
    Plötzlich ertönte das heisere Summen des Zerhackertelefons.
    Cap nahm den Hörer auf. Sein Puls jagte plötzlich.

Der Zwischenfall auf der Mandersfarm
1
    Charlie McGee saß auf der Kante ihres Motelbetts in Apartment 16 und gähnte und reckte sich, während Cap mit Steinowitz in Longmont über ihre Zukunft diskutierte. Die helle Morgensonne schien aus einem Himmel von makellosem Herbstblau herab schräg durchs Fenster. Im freundlichen Tageslicht sah alles schon nicht mehr so schlimm aus.
    Sie sah zu ihrem Daddy hinüber, der als regloser Klotz unter den Decken lag. Ein schwarzes Haarbüschel schaute hervor -das war alles. Sie lächelte. Er gab sich immer solche Mühe. Wenn er hungrig war und sie auch, und sie hatten nur einen Apfel, biß er nur einmal ab, und sie durfte den Rest essen. Wenn er wach war, gab er sich immer große Mühe.
    Aber wenn er schlief, klaute er alle Decken.
    Sie ging ins Bad, streifte die Unterwäsche ab und drehte die Dusche auf. Während das Wasser warm wurde, benutzte sie die Toilette und ging dann in die Duschkabine. Als das heiße Wasser herabrieselte, schloß sie lächelnd die Augen. Es gab nichts Schöneres auf der Welt, als die ersten zwei Minuten unter einer heißen Dusche.
    (Gestern abend warst du sehr böse)
    Sie blickte finster vor sich hin und legte die Stirn in Falten.
    (Nein. Daddy sagte, das war ich nicht.)
    (Du hast dem Mann die Schuhe in Brand gesteckt, du böses, böses Mädchen, , findest du es schön, daß der Teddy ganz verbrannt ist?)
    Ihr Unbehagen mischte sich jetzt mit Angst und Scham. Der Gedanke an den Teddy wurde ihr gar nicht recht bewußt; er schwang nur mit, und wie es so oft der Fall war, schien ihr
    Schuldgefühl untrennbar mit einem Geruch zusammenzuhängen – einem Geruch von Brand und Rauch. Glimmender Stoff. Ein brennender Teddybär. Und dieser Geruch ließ verschwommen das Bild ihrer Eltern vor ihr erstehen, wie sie sich riesengroß über sie beugten; und sie hatten Angst; sie waren wütend, sie sprachen laut, und ihre Stimmen klangen, als ob Felsbrocken einen Berghang hinunterpoltern, wie man es im Kino sieht.
    (»Du

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