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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Beichte Bescheid, denn ihre Freundin Deenie hatte ihr davon erzählt. Deenie sagte, man müßte alle die schlimmen Dinge, die man während der Woche getan hatte, dem Priester erzählen. Deenie ging noch nicht zur Beichte, denn sie hatte ihre heilige Kommunion noch nicht empfangen, aber ihr Bruder Carl tat es. Er ging in die vierte Klasse und mußte alles erzählen, selbst, daß er in Mutters Zimmer geschlichen war und von ihrer Geburtstagsschokolade genommen hatte. Denn wenn man es nicht dem Priester erzählte, konnte man nicht mit CHRISTI BLUT gewaschen werden und kam an DEN HEISSEN ORT.
    Charlie hatte sehr wohl verstanden, worum es in all diesen Geschichten ging. Als sie die mit dem Mädchen im Beichtstuhl gehört hatte, war sie so erschrocken gewesen, daß sie in Tränen ausbrach. »Werde ich mich denn verbrennen?« fragte sie schluchzend. »Wie damals, als ich klein war und mein Haar Feuer fing? Werde ich ganz aufbrennen?«
    Und Mami und Daddy waren ganz bestürzt gewesen. Mami war blaß und biß sich auf die Lippen, aber Daddy hatte den Arm um Charlie gelegt und gesagt: »Nein, mein Kleines. Nicht, wenn du immer vorsichtig bist und nicht an diese … Sache denkst. Diese Sache, die dir manchmal passiert, wenn du aufgeregt bist oder Angst hast.«
    »Was ist das?« hatte Charlie weinend gefragt. »Was ist das, sagt mir, was das ist, ich weiß es nicht einmal. Ich will es auch nie wieder tun, das verspreche ich!«
    Mami hatte gesagt: »Soweit wir wissen, Schatz, nennt man es Pyrokinese. Es bedeutet, daß man Feuer verursachen kann, indem man einfach nur an Feuer denkt. Es passiert meistens, wenn die Leute sich aufregen. Einige Leute haben offenbar diese … diese Fähigkeit ihr ganzes Leben lang, ohne es überhaupt zu wissen. Und andere Leute … nun, sie verlieren plötzlich die Kontrolle über diese Fähigkeit und dann …« Sie konnte nicht weitersprechen.
    »Dann verbrennen sie«, hatte Daddy gesagt. »Wie es bei dir war, als dein Haar Feuer fing. Aber du kannst lernen, es zu kontrollieren, Charlie. Du mußt es lernen. Und Gott weiß, daß es nicht deine Schuld ist.« Als er das sagte, hatten sich seine und Mamis Blicke kurz getroffen, und es schien etwas zwischen ihnen vorzugehen.
    Wieder hatte er ihr den Arm um die Schultern gelegt und gesagt: »Ich weiß, daß du manchmal nichts dafür kannst. Es ist ein Mißgeschick, wie damals, als du noch klein warst und nicht daran dachtest, zur Toilette zu gehen, weil du spieltest, und als du dir dann die Hosen naß machtest. Wir nannten es damals ein Mißgeschick – weißt du das noch?«
    »Ich tu das nie mehr.«
    »Nein, natürlich nicht. Und bald wirst du auch diese andere Sache unter Kontrolle haben. Aber vorläufig, Charlie, mußt du uns versprechen, daß du dich nie, nie, nie wieder so aufregen wirst, wenn du es irgend schaffst. Denn sonst zündest du Feuer an. Und wenn du es tust, wenn du es nicht verhindern kannst, dann versuch, es von dir wegzuschieben. Versuch, ins Freie zu laufen. Versuch, es ins Wasser zu lenken, wenn Wasser in der Nähe ist.«
    »Aber richte es niemals gegen einen Menschen«, hatte Mami gesagt, und ihr Gesicht war ganz ruhig und blaß und sehr ernst. »Das wäre sehr gefährlich, Charlie. Du wärest ein sehr böses Mädchen. Du könntest nämlich« – sie rang nach Worten –, »du könntest einen Menschen töten.«
    Und dann hatte Charlie hysterisch geweint; es waren Tränen des Entsetzens und der Reue, denn Mami hatte beide Hände verbunden, und Charlie wußte, warum Daddy ihr diese schrecklichen Geschichten vorgelesen hatte. Denn am Vortag, als Mami ihr verboten hatte, Deenie zu besuchen, weil sie ihr Zimmer nicht aufgeräumt hatte, war Charlie sehr böse geworden, und dann war plötzlich aus dem Nichts dieses schreckliche Feuerding gekommen, wie ein böser, nickender und grinsender Kastenteufel, und sie war so wütend gewesen, daß es aus ihr herausgefahren war und Mami getroffen hatte, und dann hatten Mamis Hände gebrannt. Und es hätte schlimmer kommen können,
    (Es hätte viel schlimmer kämmen können, hätte ihr Gesicht tiefen können.)
    denn, weil das Becken voll Seifenwasser für den Abwasch gewesen war, wurde es nicht ganz so schlimm, aber trotzdem war es SEHR SCHLIMM gewesen, und sie hatte versprochen, daß sie es nie, nie, nie wieder –
    Das warme Wasser prasselte ihr über Gesicht, Brust und Schultern und hüllte sie so warm ein, daß ihre bösen Erinnerungen und ihre Besorgnisse schwanden. Daddy hatte gesagt, daß es in

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