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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Pferd, keuchte, rollte und drehte sich im Nebel. Er hatte keine Ahnung, in welche Richtung er nun blickte; alles hörte sich gleich an und sah gleich aus. »Beschützen Sie den Prinzen!«, rief er völlig sinnlos wieder mit heiserer Stimme, wurde von dem Lärm übertönt und drehte sich verwirrt um die eigene Achse.
    »Ihr da links!«, kreischte jemand. »Aufstellung in Reih und Glied!« Es gab keine Reihen und Glieder mehr. Es gab kein Links. West stolperte über einen Körper, eine Hand griff nach seinem Bein, und er schlug mit dem Degen danach.
    »Ah.« Er war gestürzt. Sein Kopf schmerzte fürchterlich. Wo war er? Vielleicht beim Fechttraining. Hatte Luthar ihn schon wieder überwältigt? Dieser Bursche wurde allmählich zu gut für ihn. Er reckte sich nach dem Griff seines Degens, der zertreten im Dreck lag. Eine Hand schlängelte sich durchs Gras, ganz weit weg, die Finger streckten sich aus. Schmerzhaft laut hörte er sein eigenes Atmen, das in seinem dröhnenden Kopf widerhallte. Alles war verschwommen, bewegte sich, Nebel vor seinen Augen, Nebel in seinen Augen. Zu spät. Er konnte seinen Degen nicht erreichen. Sein Kopf dröhnte. Dreck war in seinem Mund. Er rollte sich auf den Rücken, ganz langsam, atmete schwer und richtete sich schließlich auf den Ellenbogen auf. Er sah einen Mann auf sich zukommen. Einen Nordmann, dem zerzausten Umriss nach. Natürlich. Sie waren ja in einer Schlacht. West sah zu, wie der andere langsam vorwärtskam. In seiner Hand war ein dunkler, dünner Gegenstand. Eine Waffe. Schwert, Axt, Streitkolben, was machte das für einen Unterschied? Der Mann kam weiter auf ihn zu, ohne große Eile, stemmte den Fuß auf Wests Jacke und drückte seinen schlaffen Körper in den Schlamm.
    Keiner von ihnen sagte etwas. Keine letzten Worte. Keine albernen Redensarten. Kein Ausdruck von Wut, Bedauern, Sieg oder Niederlage. Der Nordmann hob seine Waffe.
    Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er machte einen Satz nach vorn. Er blinzelte und schwankte. Halb wandte er sich ab, langsam und wie blöde. Sein Kopf zuckte ebenfalls.
    »Hab da was im …«, sagte er und seine Lippen formten mühsam die Worte. Mit der freien Hand fasste er an seinen Hinterkopf. »Wo ist mein …« Dann drehte er sich herum, stürzte seitlich mit einem Bein in der Luft und krachte auf den schlammigen Boden. Jemand stand hinter ihm, der nun näher kam und sich vorbeugte. Ein Frauengesicht. Irgendwie bekannt.
    »Sind Sie noch am Leben?«
    Ganz plötzlich war Wests Verstand wieder da. Er holte hustend tief Luft, rollte sich zur Seite und ergriff seinen Degen. Nordmänner, Nordmänner waren hinter ihren Linien! Er kam stolpernd auf die Beine, rieb sich mit groben Bewegungen das Blut aus den Augen. Man hatte sie übertölpelt! Sein Kopf dröhnte, alles drehte sich um ihn. Bethods Kavallerie war getarnt ins Hauptquartier des Prinzen vorgedrungen und hatte sie überrannt. Mit aufgerissenen Augen sah er sich ruckartig um, suchte im Nebel nach Feinden und konnte niemanden entdecken. Nur ihn und Cathil. Das Dröhnen der Hufe war verhallt, die Reiter davongezogen, zumindest für den Augenblick.
    Er sah auf das Eisen in seiner Hand. Die Klinge war ein paar Zoll unter dem Heft abgebrochen. Nutzlos. Er ließ sie fallen, bog die Finger des Nordmanns auf, die den Schwertgriff umklammerten, und riss die Waffe an sich, während sein Kopf weiter dröhnte. Eine schwere Klinge, ungeschlacht und schartig, aber durchaus zu gebrauchen.
    Er blickte zu dem Leichnam hinunter, der auf der Seite lag. Der Mann, der versucht hatte, ihn umzubringen. Sein Hinterkopf war eingedrückt und voller roter Splitter. Cathil hielt einen Schmiedehammer in der Hand. Der Hammerkopf war rot mit Blut verklebt, und verfilztes Haar hing daran.
    »Sie haben ihn umgebracht.« Sie hatte ihm das Leben gerettet. Das wussten sie beide, und daher erschien es sinnlos, es auszusprechen.
    »Was tun wir jetzt?«
    Auf die Front zuhalten. Das taten jedenfalls die schneidigen jungen Offiziere in den Geschichten, die West als Junge gelesen hatte. Dem Klang der Schlacht entgegenmarschieren. Eine neue Einheit aus versprengten Soldaten zusammenrufen und sie in den Kampf führen, um dann mit ihnen den Lauf der Schlacht im entscheidenden Moment zu verändern. Dann rechtzeitig fürs Abendessen und die Verleihung der Orden nach Hause.
    Nun, da er die Zerstörung und die zerstückelten Leichen sah, die die Reiter zurückgelassen hatten, hätte West über diese Vorstellung beinahe gelacht.

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