Feuerklingen (First Law - Band 2)
Brutalität und Verschwendung!«
Das alles stimmt. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.
»Die wahre Ironie jedoch liegt darin, dass wir nicht einmal Gewinn dabei machten! Selbst am Anfang unserer Herrschaft verdienten wir weniger als vor dem Krieg! Die Kosten für die Erhaltung der Landmauer und für die Söldnertruppen, die wir ohne die Unterstützung der Einheimischen brauchten, waren erdrückend!« Eider begann zu lachen, ein verzweifeltes, schluchzendes Lachen. »Die Gilde ist beinahe bankrott, und das haben sich diese Idioten ganz allein selbst zuzuschreiben! Gier, nichts anderes!«
»Und dann traten die Gurkhisen an Sie heran.«
Eider nickte, und ihr glattes Haar schwang hin und her. »Ich habe viele Kontakte in Gurkhul. Kaufleute, mit denen ich über die Jahre oft Geschäfte gemacht habe. Sie sagten mir, Uthmans erstes Wort als Imperator sei der feierliche Eid gewesen, Dagoska zu erobern, um damit den Makel auszulöschen, mit dem sein Vater die Nation befleckt habe, und er wolle nicht ruhen, ehe nicht sein Eid erfüllt sei. Sie sagten mir, es seien bereits gurkhisische Spione in der Stadt, denen unsere Schwächen bestens bekannt seien. Es gäbe allerdings eine Möglichkeit, ein Blutbad zu vermeiden, wenn nämlich Dagoska ihnen kampflos übergeben würde.«
»Warum zögerten Sie dann? Sie hatten Cosca und seine Söldner bereits in der Hand, bevor Kahdias Leute Waffen erhielten, bevor die Verteidigungsanlagen gestärkt wurden, ja sogar, bevor ich hier ankam. Sie hätten die Stadt in Ihre Gewalt bringen können, wenn Sie gewollt hätten. Wozu brauchten Sie diesen Dummkopf Vurms?«
Carlot dan Eiders Augen waren starr auf den Boden gerichtet. »Solange die Soldaten der Union die Zitadelle und die Stadttore hielten, hätte es bei der Eroberung Blutvergießen gegeben. Vurms konnte mir die Stadt ganz ohne Kampf in die Hände spielen. Sie dürfen es glauben oder nicht, aber es war mein ganzes Ziel – ein Ziel, das Sie nun gründlich hintertrieben haben –, Mord und Totschlag zu vermeiden.«
Das glaube ich sogar. Aber es bedeutet jetzt nichts mehr.
»Sprechen Sie weiter.«
»Ich wusste, dass Vurms bestechlich war. Sein Vater hatte nicht mehr lange zu leben, und sein Posten ist nicht erblich. Der Sohn hatte vielleicht nur noch diese eine Gelegenheit, aus der Position seines Vaters Profit zu schlagen. Wir einigten uns auf einen Preis. Wir begannen mit den Vorbereitungen. Dann kam Davoust uns auf die Schliche.«
»Er wollte daraufhin den Erzlektor benachrichtigen?«
Eider lachte kurz auf. »Er war nicht halb so ergeben wie Sie. Er wollte dasselbe wie alle anderen. Geld, und zwar mehr, als ich aufbringen konnte. Ich erklärte den Gurkhisen daraufhin, der Plan sei nicht mehr durchzuführen, und ich sagte ihnen auch, warum. Am nächsten Tag war Davoust … weg.« Sie zog scharf die Luft ein. »Und dann gab es kein Zurück mehr. Wir waren bereit zuzuschlagen, kurz, nachdem Sie hier ankamen. Es war alles vorbereitet. Und dann …« Sie hielt inne.
»Dann?«
»Dann begannen Sie, die Verteidigungsanlagen auszubauen, und Vurms wurde gierig. Er hatte den Eindruck, dass sich unsere Position plötzlich entscheidend verbessert hatte. Er verlangte mehr. Er drohte, Ihnen von meinen Plänen zu erzählen. Wieder musste ich zu den Gurkhisen gehen und mehr Geld aushandeln. All das kostete Zeit. Als wir endlich wieder bereit waren, war es zu spät. Die Gelegenheit war verstrichen.« Sie sah auf. »Immer wieder Gier. Wäre mein Mann nicht so gierig gewesen, wären wir niemals nach Dagoska gegangen. Wären die Gewürzhändler nicht so gierig gewesen, hätten wir hier vielleicht erfolgreich gewirtschaftet. Wäre Vurms nicht so gierig gewesen, hätten wir die Stadt vielleicht schon vor Wochen preisgegeben, ohne dass auch nur ein Tropfen Blut hätte fließen müssen.« Sie schniefte und sah wieder zu Boden. Ihre Stimme wurde leise. »Aber die Gier herrscht überall.«
»Also waren Sie einverstanden, die Stadt dem Feind auszuliefern. Sie waren einverstanden, uns zu verraten.«
»Wen zu verraten? Es hätte keine Verlierer gegeben! Die Kaufleute hätten sich still und leise davonstehlen können! Die Einheimischen wären unter gurkhisischer Herrschaft auch nicht schlechter dran als unter der unseren! Die Union hätte nichts verloren außer einem bisschen Stolz, und was zählt das, wenn das Leben Tausender Menschen auf dem Spiel steht?« Eider beugte sich über den Tisch, ihre Stimme wurde rau, ihre Augen weiteten sich und füllten
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