Feuerklingen (First Law - Band 2)
Gruben zwischen den Ruinen, die ein Dutzend Tote auf einmal fassen konnten. Die ganze Nacht über waren dieselben Männer damit beschäftigt, die toten Unionisten zu verbrennen.
Ganz im Einklang damit, dass wir an gar nichts glauben. Oben auf den Klippen, wo der schwere Qualm in die ganze Bucht hinausgetragen wird. Wir können nur hoffen, dass der Wind ihn direkt den Gurkhisen auf der anderen Seite ins Gesicht weht. Eine letzte Beleidigung, die wir ihnen entgegenschleudern können.
Glokta schlurfte langsam durch die Halle, die erfüllt war mit den Klängen des Schmerzes, und er wischte sich den Schweiß von der Stirn und betrachtete die Verwundeten. Dunkelhäutige Dagoskaner, styrische Söldner, blasshäutige Unionsmänner, alle miteinander und nebeneinander.
Menschen aller Nationen, aller Hautfarben und aller Art, alle vereint gegen die Gurkhisen, und jetzt sterben sie miteinander und nebeneinander und sind dabei tatsächlich alle gleich. Da sollte mir doch wirklich das Herz aufgehen. Wenn ich denn noch eins hätte.
Er war sich vage bewusst, dass Praktikal Frost in der Dunkelheit nahe der Mauer lauerte und den Raum aufmerksam im Blick behielt.
Mein wachsamer Schatten, der dafür sorgt, dass niemand meine Bemühungen im Auftrag des Erzlektors damit belohnt, dass zur Abwechslung einmal ich eine tödliche Kopfwunde erhalte.
An der Rückseite des Tempels war ein kleiner Bereich für Operationen abgeteilt worden.
Oder für das, was unter den gegenwärtigen Umständen als Operation bezeichnet werden kann. Ein Bein auf Höhe des Knies, einen Arm kurz unterhalb der Schulter mit Säge oder Messer abhacken und abtrennen.
Die lautesten Schreie drangen hinter diesen dreckigen Vorhängen hervor. Verzweifeltes, geiferndes Aufheulen.
Kaum weniger brutal als das, was auf der anderen Seite der Landmauer geschieht.
Durch eine Lücke entdeckte Glokta Kahdia bei der Arbeit; sein weißes Gewand war von Blutspritzern und Flecken schmutzig braun gefärbt. Er sah mit zusammengekniffenen Augen auf glänzendes Fleisch, während er mit einer Klinge daran herumsäbelte.
Vielleicht der Stumpf eines Beines?
Die Schreie verebbten mit einem Gurgeln.
»Er ist tot«, sagte der Haddisch schlicht, warf sein Messer auf den Tisch und wischte sich die blutigen Hände an einem Lumpen ab. Dann bemerkte er Glokta. »Ah! Der Verursacher unseres Leids! Sind Sie gekommen, um Ihre Schuldgefühle zu füttern, Herr Superior?«
»Nein. Ich bin gekommen, um zu sehen, ob ich überhaupt welche habe.«
»Und, wie sieht es aus?«
Eine gute Frage. Habe ich Schuld?
Er sah zu einem jungen Mann hinunter, der eng zwischen zwei anderen auf schmutzigem Stroh an der Wand lag. Sein Gesicht war wachsbleich, die Augen glasig, und seine Lippen bewegten sich schnell, während er sinnlosen Unfug vor sich hin murmelte. Sein Bein war kurz über dem Knie abgetrennt, der Stumpf mit einem blutigen Verband umwickelt und der Oberschenkel mit einem Gürtel abgebunden.
Seine Aussicht auf Überleben? Gering bis nicht vorhanden. Noch ein paar letzte Stunden voller Schmerzen, umgeben von seinen Leidensgenossen und ihrem Stöhnen. Ein junges Leben, lange vor der Zeit ausgelöscht, bla bla bla.
Glokta hob die Augenbrauen. Er fühlte lediglich eine leichte Abneigung, nicht stärker, als wenn der Sterbende ein Haufen Unrat gewesen wäre. »Nein«, sagte er.
Kahdia sah auf seine blutverschmierten Hände. »Dann hat Gott Sie wahrlich gesegnet«, murmelte er. »Nicht jeder hält so viel aus wie Sie.«
»Ich weiß nicht. Ihre Leute haben gut gekämpft.«
»Sie sind gut gestorben, meinen Sie.«
Gloktas Lachen fuhr hart durch die schwere Luft. »Kommen Sie. So etwas wie gut sterben gibt es nicht.« Sein Blick glitt über die endlose Zahl von Verletzten. »Ich hätte gedacht, dass gerade Sie das inzwischen begriffen hätten.«
Kahdia lachte nicht. »Was glauben Sie, wie viel wir hiervon ertragen können?«
»Verlieren Sie langsam den Mut, Haddisch? Wie bei so vielen Dingen im Leben sind heroische Taten in der Theorie wesentlich attraktiver als in der Realität.«
Das hätte uns auch der schneidige Oberst Glokta sagen können, den man einst von der Brücke schleifte, als sein Bein kaum noch an seinem Körper hing und sich seine Vorstellungen davon, wie sich die Welt um ihn herum dreht, radikal geändert hatten.
»Ihr Mitgefühl rührt mich, Herr Superior, aber ich bin an Enttäuschungen gewöhnt. Glauben Sie mir, ich werde auch diese hier überstehen. Die Frage bleibt jedoch: Wie lange können
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