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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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als ihn ein Pfeil in die Brust traf. Die Wucht des Aufschlags riss ihn halb herum, sein Flachbogen ging los, und der Bolzen schoss in den Hals seines Nachbarn, tief bis zu den Federn. Beide fielen zusammen vor Gloktas Füße, ihr Blut sickerte auf den Wehrgang.
    Unten am Fuß der Mauer platzte eine Flasche mit Öl mitten in eine Gruppe gurkhisischer Soldaten, die gerade dabei waren, ihre Leiter aufzurichten. Ein schwacher Dunst von gekochtem Fleisch gesellte sich zu dem Gestank von Fäulnis und brennendem Holz. Männer verbrannten, brüllten und schlugen um sich, rannten wie verrückt herum oder warfen sich in voller Rüstung in den gefluteten Graben.
Tod durch Verbrennen oder durch Ertrinken. Großartige Auswahl.
    »Haben Sie endlich genug gesehen?«, zischte ihm Severards Stimme ins Ohr.
    »Ja.«
Mehr als genug.
Glokta blickte noch einmal zu Cosca hinüber, der sich auf Styrisch heiser schrie, und schob sich atemlos durch das Gedränge von Söldnern auf die Treppe zu. Dort folgte er einer Bahre nach unten, wobei er bei jedem schmerzerfüllten Schritt zusammenzuckte und versuchte, nicht den Anschluss zu verlieren, während sich ein stetiger Strom von Menschen aus der anderen Richtung an ihm vorbeischob.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal freuen würde, wieder eine Treppe hinunterzugehen.
Seine Freude währte jedoch nicht lange. Als er unten angekommen war, zuckte sein Bein wieder mit der altbekannten Mischung aus Schmerz und Taubheit.
    »Verdammt!«, zischte er vor sich hin und machte einen hoppelnden Schritt auf die Mauer zu. »Es gibt Verwundete, die sich schneller bewegen können als ich!« Er sah den Verletzten zu, die bandagiert und blutverschmiert an ihm vorübertaumelten.
    »Das ist nicht in Ordnung«, fauchte Severard. »Wir haben unsere Aufgabe erledigt. Wir haben die Verräter gefunden. Was, zur Hölle, tun wir noch hier?«
    »Es ist wohl unter Ihrer Würde, für Ihren König zu kämpfen?«
    »Für ihn zu sterben, schon.«
    Glokta schnaubte. »Meinen Sie, dass sich irgendjemand in dieser verdammten Stadt gerade amüsiert?« Ihm war, als ob Coscas wild gebrüllte Beleidigungen über das Schlachtgetümmel hinweg an sein Ohr drangen. »Abgesehen von diesem verrückten Styrer natürlich. Behalten Sie ihn im Auge, ja, Severard? Er hat Eider betrogen und wird auch uns verraten, vor allem, wenn es anfängt, finster auszusehen.«
    Der Praktikal blickte ihn an, und zur Abwechslung stand einmal kein Lächeln in seinen Augen geschrieben. »Und, sieht es finster aus?«
    »Sie waren doch auch dort oben.« Glokta zog eine Grimasse, während er sein Bein ausstreckte. »Wir hatten schon rosigere Zeiten.«
     
    Die lange, düstere Halle war einmal ein Tempel gewesen. Als die gurkhisischen Angriffe begonnen hatten, waren die Leichtverwundeten hierhergebracht worden, die dann von Priestern und Frauen versorgt wurden. Es war ein idealer Ort, den man leicht erreichen konnte, weit unten in der Unterstadt, nahe der Landmauer. In diesem Teil der Elendsquartiere hielten sich nun kaum noch Zivilisten auf.
Wenn die Gefahr von wilden Bränden und einschlagenden Felsbrocken steigt, wirkt sich das meist nachteilig auf die Beliebtheit eines Viertels aus.
Als die Kämpfe andauerten, waren die Leichtverwundeten wieder an ihre Plätze auf den Mauern gerückt. Die ernsteren Fälle waren noch da. Die mit abgetrennten Gliedern, tiefen Wunden, schrecklichen Verbrennungen, mit Pfeilen im Körper lagen auf ihren blutigen Bahren überall zwischen den Säulen der düsteren Arkaden. Ihre Zahl war täglich gewachsen, und inzwischen bedeckten sie jeden Fleck des Fußbodens. Die Verwundeten, die noch laufen konnten, wurden draußen behandelt. Dieser Ort war den Gefällten vorbehalten, den Versehrten.
Den Sterbenden.
    Jeder Mann hatte seine eigene Sprache des Schmerzes. Einige schrien und heulten ohne Unterlass. Andere riefen um Hilfe, um Gnade, nach Wasser, nach ihren Müttern. Wieder andere husteten und gurgelten und spuckten Blut. Manche taten keuchend oder rasselnd ihre letzten Atemzüge.
Nur die Toten sind völlig still.
Aber auch von denen gab es eine ganze Menge. Von Zeit zu Zeit sah man, wie sie weggeschleppt wurden, mit schlaff nachschleifenden Gliedern, bevor sie dann in billige Leichentücher gewickelt und hinter dem Gebäude aufgetürmt wurden.
    Den ganzen Tag über, das wusste Glokta, waren grimmige Männer damit beschäftigt, Gräber für die Einheimischen auszuheben.
Ganz im Einklang mit ihren festen Glaubensgrundsätzen.
Große

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