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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Königs noch an Ort und Stelle steckte.
Verdammtes Ding.
Das große Dokument hatte schwer in seiner Manteltasche gelastet, seit der Erzlektor es ihm gegeben hatte. Er zog es heraus und drehte es in den Händen, sodass sich das Sonnenlicht auf dem Goldblatt des großen roten Siegels brach.
Ein einziges Stück Papier, aber nicht mit Gold aufzuwiegen. Von unschätzbarem Wert. Durch dieses Dokument spreche ich mit des Königs eigener Stimme. Ich bin der mächtigste Mann in Dagoska, mächtiger sogar als der Lord Statthalter selbst. Alle müssen mir gehorchen. Jedenfalls, solange es mir gelingt, am Leben zu bleiben.
    Die Reise war nicht angenehm gewesen, auf einem kleinen Schiff und bei rauer See. Gloktas eigene Kabine war winzig, heiß und so stickig wie ein Backofen.
Ein Ofen, der Tag und Nacht wild schaukelt.
Wenn er nicht gerade versucht hatte, Haferschleim zu essen, während die Schüssel wild auf dem Tisch herumtanzte, war er damit beschäftigt gewesen, die kleinen Mengen, die er hatte schlucken können, wieder zu erbrechen. Aber unter Deck war wenigstens gewährleistet, dass sein nutzloses Bein nicht wegknickte und ihn über die Reling ins Meeresrund schickte.
Nein, die Reise war wirklich nicht angenehm gewesen.
    Aber jetzt war sie vorbei. Das Schiff glitt bereits zwischen den belebten Kaimauern an seinen Anlegeplatz. Die Seeleute mühten sich mit dem Anker und warfen Taue aufs Kai. Nun rutschte die Laufplanke vom Schiff auf das staubige Land.
    »Sehr schön«, sagte Praktikal Severard. »Ich werde erst mal was trinken gehen.«
    »Lassen Sie sich etwas Starkes einschenken, aber melden Sie sich später bitte noch einmal bei mir. Wir haben morgen viel Arbeit. Sehr viel Arbeit.«
    Severard nickte, sodass sein strähniges Haar das dünne Gesicht umspielte. »Oh, ich lebe, um zu dienen.«
Ich bin mir nicht sicher, wofür du lebst, aber ich zweifle stark daran, dass es
das
ist
. Severard trollte sich, unmelodisch pfeifend, schlenderte über die Planke an Land und verschwand zwischen den staubig braunen Gebäuden.
    Glokta beäugte die schmale Planke nicht ohne Besorgnis, umfasste mit der Hand fest den Griff seines Stocks, spielte mit der Zunge an seinem leeren Zahnfleisch und bereitete sich darauf vor, den ersten Schritt zu tun.
Ein wahrer Akt selbstlosen Heldentums.
Einen Augenblick überlegte er, ob es klüger sei, auf dem Bauch darüber zu kriechen.
Damit wäre die Möglichkeit eines nassen Todes geringer, aber es wäre wohl kaum angemessen, nicht wahr? Der Ehrfurcht gebietende Superior der Inquisition rutscht auf dem Bauch in sein neues Reich?
    »Brauchen Sie Hilfe?« Praktikalin Vitari sah ihn von der Seite an, an die Reling des Schiffes gelehnt; ihr rotes Haar stand ihr vom Kopf ab wie die Stacheln einer Distel. Sie hatte fast die ganze Überfahrt damit verbracht, sich an der frischen Luft zu sonnen wie eine Eidechse, ohne dass ihr die Bewegungen des Schiffes etwas ausgemacht hätten, und sie schien die Hitze im gleichen Maße zu lieben, wie Glokta sie verabscheute. Durch die schwarze Praktikalenmaske war es schwer, ihren Gesichtsausdruck richtig einzuschätzen.
Aber die Aussichten stehen gut, dass sie lächelt. Wahrscheinlich formuliert sie bereits ihren ersten Bericht an den Erzlektor: »Der Krüppel hat den größten Teil der Reise unter Deck verbracht und gekotzt. Als wir in Dagoska eintrafen, musste er wie die Ladung mit einem Kran an Land gehoben werden. Er ist bereits zum Gespött geworden …«
    »Natürlich nicht!«, fauchte Glokta und humpelte auf die Planke zu, als ob ihm die Schritte nicht das Geringste ausmachten. Der Steg wackelte besorgniserregend, als er seinen rechten Fuß darauf setzte. Schmerzlich wurde er sich des graugrünen Wassers bewusst, das alarmierend weit unter ihm gegen die glitschigen Steine der Kaimauer schwappte.
Wasserleiche unten am Kai gefunden …
    Aber es gelang ihm, das verdorrte Bein hinter sich herziehend, ohne Zwischenfall an Land zu kommen. Er fühlte ein absurdes Gefühl aufwallenden Stolzes, als er die staubigen Steine unter sich spürte und endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte.
Wie albern. Man könnte meinen, ich hätte gerade die Gurkhisen geschlagen und die Stadt gerettet, anstatt nur drei Schritte nach vorn zu humpeln.
Um das Maß voll zu machen, hatte er sich offenbar so sehr an das ständige Schwanken des Schiffes gewöhnt, dass sich ihm nun auf unbeweglichem Untergrund die Welt vor Augen drehte und ihm erneut übel wurde; der vergammelte Salzgestank,

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