Feuerklingen (First Law - Band 2)
den schön angelegten Plätzen gab es sogar einige durstig aussehende Palmen. Die Menschen waren geschmeidig, gut gekleidet und hellhäutig.
Abgesehen von sehr häufig auftretendem Sonnenbrand.
Einige dunkle Gesichter waren ebenfalls darunter, hielten sich aber vorsichtig abseits und die Augen auf den Boden gerichtet.
Die wenigen, die das Glück haben, hier dienen zu dürfen? Sie müssen sich wohl glücklich schätzen, dass die Sklaverei in der Union verboten ist.
Über allen anderen Geräuschen konnte Glokta einen dröhnenden Lärm vernehmen, wie eine Schlacht, die in weiter Entfernung tobte. Er wurde lauter, während sich der neue Superior auf seinem schmerzenden Bein durch die Oberstadt schleppte, und schwoll zu wütender Stärke an, als sie einen großen Platz erreichten, auf dem sich von einer Seite bis zur anderen eine bunt gemischte Menge hin und her schob und sich Menschen aus Midderland, aus Gurkhul und aus Styrien, schlitzäugige Leute aus Suljuk, gelbhaarige Bürger des Alten Kaiserreichs, sogar bärtige Nordmänner fern der Heimat drängten.
»Kaufleute«, knurrte Harker.
Sämtliche Kaufleute der ganzen Welt, so wie es scheint.
Sie scharten sich um Stände, auf denen sich Waren türmten; dort gab es auch große Waagen, auf denen alles Mögliche abgewogen werden konnte, und Schiefertafeln gaben die Preise an. Die Händler brüllten, feilschten, kauften und verkauften in einer Vielzahl verschiedener Sprachen, warfen die Hände mit seltsamen Gesten in die Luft, schoben und zogen und zeigten auf einander. Sie schnupperten an Gewürzkästchen und Räucherkerzen, befingerten Tuchballen und Bohlen seltener Hölzer, prüften mit dem Daumen Früchte, bissen auf Münzen und betrachteten schimmernde Edelsteine durch dicke Vergrößerungsgläser. Hier und da drängte sich ein einheimischer Träger durch die Menge, der unter großen Lasten beinahe einknickte.
»Die Gewürzhändler bekommen einen Anteil am gesamten Handel«, sagte Harker, der sich ungeduldig durch die schnatternden Leute schob.
»Das muss aber eine Menge sein«, murmelte Vitari unterdrückt.
Eine ziemlich große Menge, würde ich sagen. Genug, um den Gurkhisen zu trotzen. Genug, um die ganze Stadt unter ihrer Knute zu halten. Morde werden schon für viel, viel weniger Geld begangen.
Glokta zog eine Grimasse und machte sich mit grimmigem Gesicht daran, humpelnd und schiebend mit schmerzenden Schritten den Platz zu überqueren. Erst, als sie das Gedränge auf der anderen Seite des Platzes wieder hinter sich ließen, entdeckte er, dass sie im Schatten eines großen und eleganten Gebäudes standen, das sich Bogen um Bogen und Kuppel um Kuppel hoch über die Köpfe erhob. Zierliche Türmchen, schlank und zerbrechlich, strebten an jeder Ecke gen Himmel.
»Überwältigend«, hauchte Glokta, der seinen schmerzenden Rücken streckte und nach oben schielte. Der rein weiße Stein leuchtete so sehr in der Nachmittagssonne, dass der Anblick beinahe schmerzte. »Wenn man das hier sieht, könnte man beinahe anfangen, an Gott zu glauben.«
Wenn man es denn nicht besser wüsste.
»Hrrm«, machte Harker abfällig. »Die Einheimischen pflegten hier zu Tausenden zu beten; sie vergifteten die Luft mit ihren verdammten Gesängen und ihrem Aberglauben, bis die Rebellion niedergeschlagen wurde.«
»Und jetzt?«
»Superior Davoust hat ihnen verboten, das Gebäude weiterhin zu betreten. Wie alles andere in der Oberstadt. Die Gewürzhändler nutzen es jetzt als Erweiterung des Marktplatzes, zum Kaufen und Verkaufen und so weiter.«
»Hm.«
Wie ungeheuer passend. Ein Tempel für das Geldverdienen. Unsere eigene schnöde Religion.
»Auch nutzt wohl eine Bank einen Teil davon als Kontor, glaube ich.«
»Eine Bank? Welche denn?«
»Die Gewürzhändler kümmern sich um diesen
ganzen
Bereich«, antwortete Harker kurz angebunden und ungeduldig. »Valint und noch was, wenn ich mich recht entsinne.«
»Balk. Valint und Balk.«
Alte Bekannte sind also schon vor mir eingetroffen, wie? Hätte ich mir ja denken können. Diese Drecksäcke sind doch überall. Überall, wo es Geld gibt.
Er sah sich auf dem so überaus belebten Marktplatz um.
Und hier gibt es jede Menge Geld.
Der Weg wurde steiler, als er den großen Felsen hinaufführte. Die Straßen verliefen über terrassenartige Stufen, die man aus dem trockenen Bergrücken herausgehauen hatte. Glokta schleppte sich auf seinen Stock gestützt durch die sengende Hitze und biss sich auf die Lippe, um den Schmerz im Bein
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