Feuerklingen (First Law - Band 2)
ist doch nicht verboten, oder?«
Sie öffnete zornig den Mund, aber er hatte den Kopf gesenkt und war, die Daumen unter die Rucksackriemen geklemmt, an ihr vorbei, bevor sie etwas sagen konnte. Nach etwa zehn Schritten sah er über die Schulter zurück. Sie stand noch immer da, die Hände in die Hüften gestemmt, und sah böse zu ihm herüber. Er grinste zurück.
»Was glotzt du denn so?«, fragte er.
Der Morgen war kalt und frisch, als sie an einer Klippe über einem tiefen Tal anhielten, um Wasser zu schöpfen. Zwar wuchsen einige Bäume, die voller roter Beeren hingen, beinahe seitwärts aus dem nackten Fels, aber Jezal konnte am Grund der engen Schlucht weißes Wasser toben sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite ragte eine schwindelerregende Steilwand aus glattem grauem Stein auf, vor der dunkle Vögel herumflatterten und einander ankrächzten, während weiße Wolkenwirbel über den blassen Himmel zogen. Ein beeindruckender Anblick, wenn auch ein wenig beunruhigend.
»Wunderschön«, murmelte Jezal, der allerdings darauf achtete, nicht zu nahe an den Klippenrand zu treten.
Logen nickte. »Erinnert mich an zu Hause. Als ich ein Junge war, verbrachte ich ganze Wochen oben auf den Hohen Höhen und habe mich gegen die Berge erprobt.« Er nahm einen Schluck aus seiner Feldflasche und reichte sie dann Jezal, während er die dunklen Bergspitzen mit zusammengekniffenen Augen musterte. »Sie gewinnen allerdings immer. Das Kaiserreich ist gekommen und gegangen, und sie sind immer noch da und sehen auf das Land hinab. Und sie werden auch immer noch da sein, wenn wir alle wieder zu Schlamm geworden sind. Sie haben auf mein Heimatdorf hinabgeblickt.« Er schnaubte kurz und spuckte dann einen Schleimbrocken über die Bruchkante. »Jetzt gucken sie auf gar nichts mehr.«
Jezal nahm nun auch einen Schluck Wasser. »Wirst du wieder in den Norden zurückgehen, wenn all das hier vorbei ist?«
»Vielleicht. Ich habe noch einige Rechnungen offen. Einige ernste Rechnungen mit einem hohen Preis.« Der Nordmann zuckte die Achseln. »Aber wenn ich sie einfach vergesse, dann wird es vermutlich auch niemandem deswegen schlechter ergehen. Ich denke mal, dass man mich überall für tot hält, und höchstwahrscheinlich sind sie alle erleichtert deswegen.«
»Ist da nichts, wohin du zurückgehen wolltest?«
Logen verzog das Gesicht. »Nur noch mehr Blutvergießen. Meine Familie ist schon lange tot und verfault, und jene Freunde, gegen die ich mich nicht im Zorn wandte und die ich nicht selbst tötete, die habe ich mit meinem Stolz und meiner Dummheit umgebracht. Tja, so viel zu meinen Leistungen. Aber du hast doch noch Zeit, oder, Jezal? Dir steht doch noch ein schönes, friedliches Leben offen. Was wirst du denn tun?«
»Na ja … ich habe mir überlegt …« Jezal räusperte sich. Plötzlich war er nervös, als ob seine Pläne, wenn er sie tatsächlich aussprach, dadurch wahrhaftiger und greifbarer würden. »Zu Hause gibt es ein Mädchen … eher eine Frau, sollte ich wohl sagen. Die Schwester meines Freundes … sie heißt Ardee. Ich glaube, na ja, ich bin wohl irgendwie in sie verliebt …« Es war seltsam, dass er seine innersten Gefühle mit diesem Mann besprach, den er für einen Wilden gehalten hatte. Mit diesem Mann, der die komplizierten Regeln des Lebens in der Union gar nicht begreifen konnte, der nicht wusste, welches Opfer für Jezal mit einer solchen Verbindung verbunden war. Aber irgendwie ging es ihm leicht über die Zunge. »Ich habe überlegt, dass ich sie … wenn sie mich überhaupt haben will, heißt das … vielleicht heiraten will.«
»Hört sich nach einem guten Plan an.« Logen grinste und nickte. »Heirate sie und pflanz ein paar Setzlinge.«
Jezal hob die Brauen. »Ich verstehe nicht wirklich viel vom Ackerbau.«
Der Nordmann brach in schallendes Gelächter aus. »Doch nicht solche Setzlinge, Kleiner!« Er tätschelte ihm den Arm. »Aber einen Rat hätte ich für dich, wenn du ihn von jemandem wie mir annehmen willst. Mach etwas aus deinem Leben, das nichts mit Mord und Totschlag zu tun hat.« Er bückte sich, hob seinen Rucksack auf und schob die Arme durch die Riemen. »Überlass das Kämpfen denen mit weniger Verstand.« Damit wandte er sich um und stapfte wieder den Pfad hinauf.
Jezal nickte langsam. Vorsichtig führte er eine Hand zu der Narbe an seinem Kinn, und seine Zunge fand seine Zahnlücke. Logen hatte recht. Kämpfen, das war nichts für ihn. Schon jetzt hatte er eine Narbe zu
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