Feuerklingen (First Law - Band 2)
verlassen hatten, waren wieder etwas Fleisch und Farbe in sein Gesicht zurückgekehrt. »Hier ist es nun für mich mit dem Ausruhen vorbei«, sagte er. »Der Karren hat uns gute Dienste geleistet, ebenso wie die Tiere, aber für Pferde ist der Pass zu steil.«
Jetzt sah auch Jezal den Pfad, der sich in Serpentinen hinaufringelte, eine schwache Spur durch wildes Gras und steile Felsen, bis er sich hinter einem Steilhang verlor. »Sieht aus, als wäre es ein weiter Weg.«
Bayaz schnaubte. »Aber die erste Steigung werden wir heute noch bewältigen; dann warten noch viele weitere auf uns. Wir werden mindestens eine Woche in den Bergen unterwegs sein, mein Junge, wenn alles gut geht.« Jezal wagte kaum zu fragen, was passieren würde, wenn es nicht gut ginge. »Wir müssen nun mit leichtem Gepäck weiterreisen. Vor uns liegen lange, steile Wege. Wir nehmen Wasser mit und den ganzen Proviant, den wir noch haben. Warme Kleidung, denn oben zwischen den Gipfeln wird es bitterkalt sein.«
»Die Geburt des Frühlings ist vielleicht nicht die beste Zeit, eine Bergkette zu überqueren«, bemerkte Langfuß unterdrückt.
Bayaz warf ihm einen scharfen Seitenblick zu. »Manche sagen, die beste Zeit, ein Hindernis zu überwinden, ist dann, wenn man sich auf der falschen Seite befindet! Oder schlagt Ihr vor, dass wir auf den Sommer warten?« Der Wegkundige verzichtete auf eine Antwort, und das war weise, wie Jezal fand. »Der Pass ist größtenteils gut geschützt, und daher sollten wir uns über das Wetter die wenigsten Gedanken machen. Wir werden jedoch Seile brauchen. In der Alten Zeit war der Pfad sehr gut, aber das ist lange her. Vielleicht ist er an verschiedenen Stellen ausgewaschen oder auch in die tiefen Täler gestürzt, wer weiß? Wir haben harte Kletterpartien vor uns.«
»Ich kann’s kaum erwarten«, brummte Jezal.
»Und dann haben wir auch noch das.« Der Magus zog einen der fast leeren Futtersäcke auf und schob das Heu mit beiden Händen zur Seite. Die Kiste, die sie aus dem Haus des Schöpfers geholt hatten, lag ganz unten, ein Block aus Dunkelheit zwischen den blassen, trockenen Halmen.
»Wem kommt denn wohl das Vergnügen zu, dieses mörderische Ding zu schleppen?«, erkundigte sich Logen. »Sollten wir das vielleicht auslosen? Nein?« Niemand sagte etwas. Der Nordmann brummte, als er die Hände unter die Kiste schob und sie zu sich heranzog, sodass eine Kante über das Holz kratzte. »Ich vermute mal, es bleibt an mir hängen«, meinte er, und dicke Adern traten an seinem Hals hervor, als er das schwere Ding auf eine Decke wuchtete.
Jezal hatte der Anblick überhaupt nicht gefallen. Er erinnerte ihn viel zu sehr an die erstickenden Flure im Haus des Schöpfers. An Bayaz’ dunkle Geschichten über Magie, über Dämonen, über die Andere Seite. An die Tatsache, dass diese Reise einen Zweck hatte, den er nicht verstand, aber dessen Klang ihm nicht gefiel. Er war froh, als Logen das Ding in Decken gepackt und in einem Rucksack verstaut hatte. So war es zumindest aus den Augen, wenn auch nicht aus dem Sinn.
Sie alle hatten viel zu tragen. Jezal nahm natürlich seine Eisen mit, die in ihren Scheiden an seinem Gürtel hingen. Dann die Kleider, die er trug – die am wenigsten verdreckten, zerrissenen und stinkenden, die er besaß –, und darüber zog er seinen zerfetzten, abgetragenen, einarmigen Mantel. In seinen Rucksack packte er ein zweites Hemd, eine Rolle Seil, und oben drauf die Hälfte ihrer Vorräte. Beinahe wünschte er sich, das Gepäck wäre schwerer: Sie waren bei ihrer letzten Schachtel Zwieback angelangt und besaßen sonst noch einen halben Sack Hafermehl und ein Päckchen eingesalzenen Fisch, das keiner außer Quai anrühren mochte. Er rollte eine Decke zusammen und legte sie oben auf die anderen Sachen, hängte sich eine volle Feldflasche an den Gürtel und war abmarschbereit. Jedenfalls so sehr, wie er überhaupt je sein würde.
Quai schirrte die Zugpferde aus, während Jezal den anderen beiden die Sättel und das Zaumzeug abnahm. Es erschien wenig gerecht, sie hier in der Wildnis allein zurückzulassen, nachdem die Tiere sie den ganzen Weg von Calcis bis hierher getragen hatten. Jezal kam es vor, als sei das Jahre her. Inzwischen war er ein ganz anderer als jener Bursche, der von dieser Stadt auf die Ebene hinausgeritten war. Die Erinnerung an seine Überheblichkeit, seine Unwissenheit und Selbstsucht schmerzte ihn beinahe.
»Jah!«, schrie er. Sein Pferd sah ihn traurig an, bewegte sich
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