Feuerklingen (First Law - Band 2)
viel.
Es wurde ein freundlicher Tag. Zum ersten Mal seit langer Zeit war Ferro wieder einmal warm, und die Sonne fühlte sich gut an, heiß und zornig auf ihrem Gesicht, auf ihren bloßen Unterarmen, auf ihren Handrücken. Die Schatten der Felsen und Zweige zeichneten sich scharf auf dem steinigen Boden ab, und die Gischt des Wasserfalls neben dem Pfad glitzerte in der Luft.
Die anderen waren ein wenig zurückgefallen. Langfuß ließ sich Zeit, staunte lächelnd alles an, was er am Wegesrand sah, und salbaderte von den majestätischen Ausblicken. Quai stapfte gebeugt und müde unter dem Gewicht seines Gepäcks dahin. Bayaz quälte sich, schnaufte und keuchte, als ob er jeden Augenblick tot umfallen würde. Luthar jammerte über die Blasen an seinen Füßen, wenn er jemanden fand, der ihm zuhörte, was aber praktisch nicht vorkam. So blieben nur sie und Neunfinger, die in eisernem Schweigen vorausschritten.
Ihr war es so gerade recht.
Sie kletterte über eine kleine Anhöhe lockeren Gesteins und entdeckte ein Bassin mit dunklem Wasser, das an einem halbrunden Strand mit flachen Kieseln leckte, während von oben zischend eine Fontäne über aufgetürmte, mit nassem Moos bewachsene Steine hinuntersprudelte. Zwei verkrüppelte Bäume reckten ihre Zweige in den Himmel, an denen die ersten dünnen, frisch entfalteten Blätter schimmerten und in der leichten Brise rauschten. Das Sonnenlicht flimmerte, Insekten summten und glitten über das gekräuselte Wasser dahin.
Ein wunderschöner Ort, wenn man ein Auge für solche Dinge hatte.
Ferro hatte das nicht. »Da sind Fische drin«, murmelte sie und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ein Fisch wäre etwas Feines, so am Stock über dem Feuer gebraten. Das Pferdefleisch, das sie mit sich geführt hatten, war inzwischen aufgebraucht, und sie hatte Hunger. Sie sah die verschwommenen Schatten unter dem Wasser dahingleiten, als sie sich hinkniete, um ihre Wasserflasche zu füllen. Jede Menge Fische. Neunfinger nahm seinen schweren Rucksack ab und setzte sich auf die Steine daneben, dann zog er sich die Stiefel aus und rollte sich die Hosen bis über die Knie hoch. »Was wird das denn, Rosig?«
Er grinste sie an. »Ich werde mir ein paar Fische aus dem Teich herauskitzeln.«
»Mit den Händen? Sind deine Finger dazu etwa geschickt genug?«
»Das solltest du doch wissen.« Sie warf ihm einen bösen Blick zu, aber er grinste nur noch breiter. Kleine Fältchen umlagerten dabei seine Augenwinkel. »Aufgepasst, hier kannst du was lernen.« Damit watete er hinein, beugte sich vor, die Lippen aufmerksam zusammengepresst, und fuhr mit den Händen sachte durch das Wasser.
»Was macht er denn da?« Luthar warf seinen Rucksack neben Ferros Gepäck und wischte sich mit dem Handrücken das schweißnasse Gesicht.
»Der Blödmann meint, er könnte Fische fangen.«
»Was, mit bloßen Händen?«
»Aufpassen, dann kannst du auch noch was lernen, Kleiner«, murmelte Neunfinger. »Aaaah …« Ein breites Lächeln zog über sein Gesicht. »Und hier ist er schon.« Die Muskeln seines Unterarms bewegten sich, als er mit den Fingern unter Wasser spielte. »Hab ich dich!« Er riss die Hand aus dem aufspritzenden Wasser. Etwas Glänzendes zappelte in der Sonne, und er warf es ans Ufer neben ihnen, wo es eine Spur dunkler nasser Flecke auf den trockenen Steinen hinterließ. Ein zuckender, sich windender Fisch.
»Haha!«, rief Langfuß und trat nun neben sie. »Lockt er die Fischlein aus dem Wasser? Eine höchst bemerkenswerte und beeindruckende Fähigkeit. Auf den Tausendinseln habe ich einmal einen Mann getroffen, den man für den größten Fischer des ganzen Weltenrunds hielt. Und was soll ich sagen, er saß am Ufer und sang, und die Fischlein sprangen ihm in den Schoß! So war es wirklich!« Als er bemerkte, dass niemand seine Geschichte zu schätzen wusste, verzog er beleidigt das Gesicht, aber nun kam Bayaz schnaufend über den Geröllberg, beinahe auf allen vieren. Sein Lehrling erschien mit versteinertem Gesicht gleich hinter ihm.
Der Erste der Magi stolperte müde bis zu ihnen hinunter, stützte sich dabei stark auf seinen Stab und ließ sich gegen einen Felsen sinken. »Vielleicht … sollten wir hier lagern.« Er schnappte nach Luft, und Schweiß rann über sein ausgemergeltes Gesicht. »Man sollte nicht glauben, dass ich diesen Pass einmal laufend überquert habe. Damals habe ich nur zwei Tage gebraucht.« Er ließ den Stab aus den zitternden Fingern fallen, sodass er
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