Feuerklingen (First Law - Band 2)
erscheinen, aber sein Gesicht war so steinern wie eine verschlossene Tür. »Waffen sind gefährlich, zumal für jene, die sie nicht verstehen. Mit Ferro Maljinns Bogen könnte ich mir leicht in den eigenen Fuß schießen, wenn ich ihn nicht zu gebrauchen wüsste. Mit Hauptmann Luthars Eisen könnte ich einen Verbündeten verletzen, wenn ich sie nicht beherrschte. Je größer die Waffe, desto größer die Gefahr. Ich bringe diesem Ding den nötigen Respekt entgegen, glaubt mir, aber um unsere Feinde zu besiegen, benötigen wir eine derart mächtige Waffe.«
Ferro runzelte die Stirn. Sie war noch immer nicht recht davon überzeugt, dass seine Feinde und ihre Feinde dieselben waren, aber sie wollte einstweilen nicht wieder an dieser Frage rühren. Jetzt war sie zu weit gereist und zu nah herangekommen, um einen Rückzieher zu machen. Sie sah zu Neunfinger herüber und merkte, dass er sie beobachtet hatte. Seine Augen zuckten zur Seite, wieder zum Wasser. Sie blickte noch grimmiger drein. In letzter Zeit starrte er sie dauernd an. Starrte sie an, grinste und machte irgendwelche blöden Witze. Aber auch sie ertappte sich dabei, dass sie ihn viel öfter ansah, als eigentlich nötig war. Lichtflecken, zurückgeworfen vom gekräuselten Wasser, tanzten über sein Gesicht. Er sah wieder hoch, ihre Blicke trafen sich, und er lächelte sie einen Augenblick lang an.
Ferros Miene verfinsterte sich immer mehr. Sie zog das Messer hervor, schnappte sich einen der Fische und schnitt ihm den Kopf ab, schlitzte ihn auf und schleuderte die schleimigen Innereien in Neunfingers Richtung, wo sie neben seinem Bein ins Wasser fielen. Es war natürlich ein Fehler gewesen, ihn zu ficken, aber letztlich entwickelten sich die Dinge doch gar nicht so übel.
»Ha!« Neunfinger ließ wieder eine Wasserfontäne aufsteigen, dann stolperte er und griff in die Luft. »Ah!« Der Fisch entwand sich seinen Händen wie ein schimmernder, heller Blitz, und der Nordmann kippte vornüber ins Wasser. Prustend tauchte er wieder auf und schüttelte den Kopf, das Haar glatt an den Kopf gelegt. »Dreckstück!«
»Auf jeden Mann wartet irgendwo auf der Welt ein Gegner, der ihn an Klugheit übertrifft.« Bayaz streckte die Beine aus. »Kann es sein, Meister Neunfinger, dass Ihr den Euren endlich gefunden habt?«
Jezal erwachte mit einem Ruck. Es war mitten in der Nacht. Es dauerte einen kleinen, verwirrten Augenblick, bis er wusste, wo er war, denn er hatte von zu Hause geträumt, vom Agriont, von sonnigen Tagen und milden Abenden. Von Ardee oder jemandem, der ihr ähnelte, und die ihn in seinem Salon mit einem schiefen Lächeln bedacht hatte. Nun standen die Sterne hell und leuchtend am schwarzen Himmel, und die kühle, klare Luft des Gebirges zupfte an Jezals Lippen, seinen Nasenlöchern und den Ohrenspitzen.
Er war wieder hoch in den Geborstenen Höhen, die halbe Welt lag zwischen ihm und Adua, und er spürte ein plötzliches Gefühl des Verlusts. Aber zumindest hatte er einen vollen Magen. Fisch und Zwieback, die erste anständige Mahlzeit, seit das Pferdefleisch zur Neige gegangen war. Noch legte sich etwas Wärme des Feuers auf die Seite seines Gesichts, und er drehte sich ihm entgegen, lächelte die glühenden Scheite an und zog sich seine Decken bis unters Kinn. Zur Glückseligkeit reichten ihm inzwischen etwas frischer Fisch und ein noch glimmendes Feuer.
Er runzelte die Stirn. Die Decken neben ihm, unter denen Logen schlief, bewegten sich. Zuerst dachte er, dass Neunfinger sich im Schlaf umdrehte, aber sie bewegten sich weiter und hörten nicht auf. Ein langsames, gleichmäßiges Hin und Her, das, wie Jezal jetzt bemerkte, von einem leisen Stöhnen begleitet wurde. Er hatte das Geräusch zunächst für Bayaz’ Schnarchen gehalten, aber jetzt merkte er, dass das nicht stimmte. Angestrengt spähte er in die Dunkelheit und konnte schließlich Neunfingers bleiche Schulter und seinen Arm erkennen, dessen dicke Muskeln sich anspannten. Unter seinem Arm, eng an seine Seite gedrückt, lag eine dunkelhäutige Hand.
Jezal klappte die Kinnlade herunter. Logen und Ferro, und die Geräusche ließen keinen Zweifel daran, dass sie es miteinander trieben! Und dann auch noch keinen Schritt von seinem Kopf entfernt! Er starrte hinüber, sah im Dämmerlicht des Feuers, wie die Decke sich vor und zurück und auf und nieder bewegte. Wie hatten sie … Es war eine verdammte Zumutung, was sie sich da leisteten! Seine alte Abneigung für beide kehrte mit einem Schlag
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