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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sie nur?«
    »Man muss den Feind nicht lieben oder sogar fürchten, um Frieden anzustreben. Dafür muss man nur sich selbst lieben.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Ich habe zwei Söhne in den Kriegen unserer beiden Völker verloren. Einen bei Ulrioch im letzten Krieg. Er war ein Priester und verbrannte dort im Tempel. Der andere starb vor nicht allzu langer Zeit, bei der Belagerung von Dagoska. Er führte den Angriff, als die erste Bresche geschlagen war.«
    Ein Schatten zog über Gloktas Gesicht, und er reckte den Hals.
Ein Schauer von Flachbogenbolzen. Winzige Gestalten, die auf dem Schuttberg zu Fall kamen.
»Das war ein mutiger Angriff.«
    »Am härtesten trifft der Krieg die Mutigen.«
    »Das ist wahr. Ich trauere mit Ihnen um Ihre Verluste.«
Obwohl ich kein wirkliches Bedauern fühle.
    »Ich danke Ihnen für Ihr herzliches Beileid. Gott hat mich mit drei weiteren Söhnen gesegnet, aber die Lücken, die durch den Tod dieser beiden Kinder entstanden, werden sich nicht wieder schließen. Es ist beinahe, als verlöre man das eigene Fleisch und Blut. Deswegen glaube ich, dass ich ein wenig nachvollziehen kann, was Sie in denselben Kriegen verloren haben. Auch diese Verluste betrauere ich.«
    »Sehr freundlich.«
    »Wir sind Anführer. Zum Krieg kommt es, wenn wir scheitern. Oder wenn wir von den Eiligen und Dummen zum Scheitern gedrängt werden. Sieg ist besser als Niederlage, aber … um nicht sehr viel. Daher bietet der Imperator den Frieden, in der Hoffnung, dass es damit zu einem dauerhaften Ende der Feindseligkeiten zwischen unseren großen Nationen kommt. Wir haben kein echtes Interesse daran, übers Meer zu segeln und hier anzugreifen, und Sie haben kein echtes Interesse an kleinen Stützpunkten auf dem kantesischen Kontinent. Daher bieten wir den Frieden.«
    »Und mehr bieten Sie nicht?«
    »Mehr?«
    »Was wird unser Volk denken, wenn wir Ihnen Dagoska überlassen, das wir im ersten Krieg so teuer erkauft haben?«
    »Lassen Sie uns realistisch sein. Durch Ihre Probleme im Norden sind Sie im Augenblick auf entscheidende Weise im Nachteil. Dagoska ist verloren, ich würde versuchen, es zu vergessen.« Tulkis schien kurz nachzudenken. »Aber ich könnte vielleicht erwirken, dass ein Dutzend Kisten mit Reparationszahlungen von meinem Imperator an Ihren König gesandt würden. Kisten aus duftendem Ebenholz, mit goldenen Blättern beschlagen, von ehrerbietigen Sklaven getragen und von demütigen Vertretern der Regierung des Imperators geleitet.«
    »Und was würden diese Kisten enthalten?«
    »Nichts.« Sie sahen einander hart an. »Außer Stolz. Sie könnten über den Inhalt erzählen, was Sie wollen. Ein Vermögen gurkhisischen Goldes, kantesische Juwelen, Weihrauch von jenseits der Wüste. Mehr, als Dagoska selbst wert ist. Vielleicht würde das Ihr Volk besänftigen.«
    Glokta zog scharf die Luft ein und atmete langsam wieder aus. »Frieden. Und leere Kisten.« Sein linkes Bein war unter dem Tisch eingeschlafen, und er verzog das Gesicht, als er es bewegte. Aus seinen Zahnlücken fuhr ein Zischen, als er sich aus dem Stuhl hochwuchtete. »Ich werde Ihr Angebot meinen Vorgesetzten übermitteln.«
    Er wandte sich gerade ab, als Tulkis die Hand ausstreckte. Glokta überlegte kurz.
Ach, was soll’s, es schadet ja nichts.
Und so ergriff er die Hand und drückte sie.
    »Ich hoffe, Sie werden Sie überzeugen können«, sagte der gurkhisische Gesandte.
    Das hoffe ich auch.

AN DEN RAND DER WELT
    Am Morgen des neunten Tages, den sie über die Berge gezogen waren, sah Logen das Meer. Nach einer weiteren anstrengenden Kletterpartie hatte er den Grat eines Berges erreicht, und da lag es. Der Pfad führte nun wieder abwärts, in flaches, weites Land, und dahinter lag der schimmernde Horizont. Er konnte es beinahe riechen, ein Hauch von Salz lag in jedem Atemzug. Beinahe hätte er gelächelt, hätte es ihn nicht so sehr an zu Hause erinnert.
    »Das Meer«, flüsterte er.
    »Der Ozean«, sagte Bayaz.
    »Wir haben den westlichen Kontinent von einem Ufer zum anderen durchquert«, erklärte Langfuß und grinste über das ganze Gesicht. »Jetzt ist es nicht mehr weit.«
    Am Nachmittag waren sie noch näher herangekommen. Der Pfad hatte sich zu einer schlammigen Straße verbreitert, die von den umliegenden Feldern durch zerzauste Hecken getrennt war. Die Felder waren größtenteils braune Flächen umgepflügter Erde, aber einige waren auch grün von frischem Gras, mit kleinen Gemüsepflanzen oder mit grauem, geschmacklos

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