Feuerklingen (First Law - Band 2)
aussehendem Wintergetreide bewachsen, dessen hohe Halme sich im Wind wiegten. Logen hatte nie viel vom Ackerbau verstanden, aber es war deutlich, dass hier jemand den Boden bestellt hatte, und das nicht vor allzu langer Zeit.
»Was für Leute leben hier draußen?«, fragte Luthar, der misstrauisch über die ungepflegten Felder sah.
»Die Abkömmlinge der Siedler aus alter Zeit. Als das Kaiserreich auseinanderbrach, blieben sie sich selbst überlassen. Aber sie kamen auf ihre Weise allein recht gut zurecht.«
»Habt ihr das gehört?«, zischte Ferro mit zusammengekniffenen Augen, die bereits nach einem Pfeil aus ihrem Köcher angelte. Logen hob lauschend den Kopf. Er hörte einige dumpfe Schläge aus großer Entfernung, dann eine Stimme, die der Wind dünn zu ihnen herübertrug. Er legte die Hand auf das Heft seines Schwertes und duckte sich. Vorsichtig kroch er näher an die niedrige Hecke heran und spähte darüber hinweg, Ferro an seiner Seite.
Zwei Männer kämpften inmitten eines gepflügten Felds mit einem Baumstumpf. Einer hackte mit einer Axt darauf ein, der andere sah zu, die Hände in die Hüften gestemmt. Logen schluckte beklommen. Die beiden sahen nicht besonders bedrohlich aus, aber das konnte täuschen. Es war lange her, seit sie ein lebendes Wesen getroffen hatten, das nicht versucht hatte, sie umzubringen.
»Ganz ruhig bleiben«, murmelte Bayaz. »Hier besteht keine Gefahr.«
Ferro warf ihm einen finsteren Blick zu. »Das hast du schon mal behauptet.«
»Bringt hier niemanden um, bevor ich es euch nicht sage!«, zischte der Magus und rief dann Worte in einer Sprache, die Logen nicht kannte, während er grüßend den Arm über den Kopf schwenkte. Die zwei Männer fuhren herum und starrten sie mit offenem Mund an. Bayaz rief wieder. Die Bauern sahen einander an, dann legten sie ihr Werkzeug hin und gingen langsam auf sie zu.
Ein paar Schritte vor ihnen blieben sie stehen. Ein hässliches Paar, selbst in Logens Augen – kurz gewachsen, untersetzt, mit groben Zügen, in farblose Arbeitskleidung gehüllt, die geflickt und dreckig war. Ihre Blicke waren nervös auf die sechs Fremden gerichtet, vor allem auf ihre Waffen, als hätten sie solche Menschen oder solche Dinge noch nie zuvor gesehen.
Bayaz sprach in warmem Ton mit ihnen, lächelte, ruderte mit den Armen und deutete immer wieder zum Meer hinüber. Einer nickte, antwortete, zuckte die Achseln und deutete dann in die Richtung, in die der Weg führte. Er trat durch eine Lücke in der Hecke vom Feld auf die Straße, oder zumindest von weicher Erde auf harte Erde. Dann bedeutete er ihnen, ihm zu folgen, während sein Begleiter ihnen von der anderen Seite des Gebüschs misstrauisch zusah.
»Er wird uns zu Cawneil bringen«, sagte Bayaz.
»Zu wem?«, fragte Logen, aber der Magus antwortete ihm nicht. Er ging bereits mit großen Schritten dem Bauern hinterher.
Schwer legte sich die Abenddämmerung über den grimmigen Himmel, während sie ihrem schweigsamen Führer durch eine leere Stadt folgten. Er war ein ausgesprochen unansehnlicher Bursche, wie Jezal dachte, aber Bauern waren seiner Erfahrung nach nur selten hübsch; vermutlich war das auf der ganzen Welt nicht anders. Die Straßen waren staubig und verlassen, streckenweise überwachsen und von Unrat bedeckt. Viele Häuser waren verfallen, moosbepelzt und von Kletterpflanzen erstickt. Die wenigen, die offenbar noch bewohnt wurden, waren größtenteils ebenfalls ungepflegt.
»So wie es aussieht, ist auch hier der Glanz früherer Tage lang schon verblichen«, sagte Langfuß ein wenig enttäuscht. »Wenn es hier je welchen gab.«
Bayaz nickte. »Glanz ist heutzutage ein seltenes Gut.«
Vor den vernachlässigten Häusern erstreckte sich ein breiter Platz. Ein längst vergessener Gärtner hatte hier einmal einen Ziergarten angelegt, aber die Rasenflächen waren jetzt abgetreten, in den Blumenbeeten wucherte das Unkraut, und die Bäume waren nur noch verwitterte Krallen. Inmitten dieser Verwahrlosung erhob sich ein großes und beeindruckendes Gebäude, oder vielmehr ein Haufen aneinanderlehnender Gebäude verschiedenster Formen und Stilrichtungen. Drei hohe, runde, sich neigende Türme ragten aus ihrer Mitte zum Himmel, Türme, die ein gemeinsames Fundament teilten und weiter oben auseinanderstrebten. Einer war kurz unterhalb der Spitze abgebrochen, das Dach war lange schon eingestürzt und zeigte die nackten Dachsparren.
»Eine Bibliothek«, flüsterte Logen unterdrückt.
Für Jezal sah
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