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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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hier?«, zischte Glokta.
    »Das werden Sie schon sehen.«
    Er humpelte eine Stufe hinauf, die von hoch aufragenden Säulen und zwei weiteren Rittern der Wacht flankiert wurde, von Rittern, die so still und ruhig dastanden, dass es sich genauso gut um leere Rüstungen hätte handeln können. Sein Stock klapperte auf den polierten Marmorboden eines hallenden Korridors, den flackernde Kerzen in Halblicht tauchten. Die hohen Wände zierten überall schattenumlagerte Friese, die Szenen vergessener Siege und Taten zeigten, einen König nach dem anderen, der irgendwohin deutete, Waffen präsentierte, Verkündigungen verlas oder einfach nur mit stolzgeschwellter Brust dastand. Glokta mühte sich eine Treppe hinauf, deren Wände und Decke von einem kunstvoll geschnitzten Muster goldener Blumen bedeckt waren, die im Kerzenlicht blitzten und schimmerten. Vitari stand bereits oben und wartete ungeduldig auf ihn.
Dass dieser Aufgang derart aufwändig verziert ist, macht ihn verdammt noch mal nicht leichter zu ersteigen.
    »Da hinten«, raunte sie ihm zu.
    Eine besorgt wirkende Gruppe hatte sich in etwa zwanzig Schritten Entfernung um eine Tür geschart. Ein Ritter der Wacht saß vornübergebeugt auf einem Stuhl, den Helm hatte er neben sich auf den Boden gestellt, den Kopf in die Hände gestützt, die Finger rauften das lockige Haar. Drei andere Männer standen nahe beieinander, und ihr drängendes Flüstern hallte von den Wänden wider und schallte durch den Korridor.
    »Kommen Sie nicht mit?«
    Vitari schüttelte den Kopf. »Nach mir hat er nicht gefragt.«
    Die drei Männer sahen Glokta an, als er auf sie zu hinkte.
Was für eine Versammlung, die sich hier in einem schwach erleuchteten Korridor vor Sonnenaufgang zusammengefunden hat.
Lord Schatzmeister Hoff trug einen hastig übergeworfenen Morgenmantel, und sein aufgedunsenes Gesicht war wie von einem Albtraum gezeichnet. Bei Lord Marschall Varuz stand eine Seite seines Hemdkragens in die Höhe, die andere war heruntergeklappt, sein eisengraues Haar sträubte sich wild auf dem Kopf. Die Wangen von Kronrichter Marovia waren eingesunken, die Augen rot unterlaufen, und seine gelbsüchtige Hand zitterte leicht, als er damit auf die Tür deutete.
    »Dort drin«, flüsterte er. »Eine schreckliche Angelegenheit. Schrecklich. Was soll jetzt nur geschehen?«
    Glokta runzelte die Stirn, ging an dem schluchzenden Wächter vorbei und trat über die Schwelle.
    Es war ein Schlafzimmer.
Noch dazu ein höchst edel eingerichtetes. Schließlich ist das hier der Palast.
Die Wände waren mit leuchtenden Seidenstoffen bespannt und mit dunklen Ölgemälden in alten, vergoldeten Rahmen behängt. Ein riesiger Kamin war aus braunem und rotem Stein gehauen worden, sodass er wie eine Miniaturausgabe eines kantesischen Tempels aussah. Das Bett war enorm groß und wurde von einem breiten Himmel überspannt, dessen Vorhänge vermutlich mehr Raum einfassten als Gloktas gesamtes Schlafzimmer. Die Decken waren zurückgeschlagen und zerwühlt, aber von dem Schläfer fehlte jede Spur. Ein großes Fenster stand weit offen, und aus der grauen Welt draußen drang eine kühle Brise ins Zimmer, die die Flammen der Kerzen zucken und flackern ließ.
    Erzlektor Sult stand beinahe in der Mitte des Raumes und sah mit steinernem Gesicht auf den Boden an der anderen Seite des Bettes. Falls Glokta erwartet hatte, ihn ähnlich nachlässig gekleidet zu sehen wie seine drei Kollegen vor der Tür, dann wurde er enttäuscht. Sults weißer Mantel war makellos, sein weißes Haar ordentlich gekämmt, und eine weiß behandschuhte Hand umfasste sorgsam die andere.
    »Euer Eminenz …«, begann Glokta, als er näher kam. Dann bemerkte er etwas auf dem Boden. Eine dunkle Flüssigkeit, die im Kerzenlicht schimmerte.
Blut. Wie wenig überraschend.
    Er humpelte näher. Der Leichnam lag hinter dem Bett auf dem Rücken. Blut war auf die weißen Laken gespritzt, über die Dielen verschmiert und zierte die dahinter liegende Wand; es sickerte bereits in die Säume der opulenten Vorhänge vor dem Fenster. Das zerrissene Nachthemd war damit durchtränkt. Eine Hand war zusammengekrampft, die andere kurz unterhalb des Daumens roh abgerissen. An einem Arm zeigte sich eine klaffende Wunde; hier fehlte ein Stück Fleisch.
Als ob es abgebissen worden wäre.
Ein Bein war gebrochen und unnatürlich zurückgebogen, sodass ein Stück des abgesplitterten Knochens durch das Fleisch hindurchragte. Die Kehle war so sehr zerfetzt, dass der Kopf kaum noch auf

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