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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Tuch. Weißes Tuch vermutlich, auch wenn es sich jetzt fast überall dunkelrot gefärbt hatte. Goldfaden schimmerte leicht im schwachen Kerzenlicht.
Solchen Stoff habe ich schon einmal gesehen.
    »Was ist das?«, zischte Sult. »Haben Sie etwas gefunden?«
    Glokta schwieg.
Vielleicht, aber das wäre sehr einfach. Fast zu einfach.
     
    Glokta gab Frost einen Wink, und der Albino streckte die Hand aus und zog den Sack vom Kopf des imperialen Gesandten. Tulkis blinzelte in das grelle Licht, holte tief Luft und sah sich dann mit zusammengekniffenen Augen um. Eine schmuddelige weiße Kammer, viel zu hell erleuchtet. Er sah Frost, der seitlich neben ihm stand. Er sah Glokta, der ihm gegenübersaß. Er sah die wackligen Stühle, den fleckigen Tisch und das polierte Kästchen darauf. Das kleine schwarze Loch in der gegenüberliegenden Ecke, hinter Gloktas Kopf, schien ihm nicht aufzufallen. Das sollte es auch nicht. Durch dieses Loch verfolgte der Erzlektor die Geschehnisse.
Durch dieses Loch hört er jedes Wort, das gesagt wird.
    Glokta beobachtete den Gesandten genau.
Gerade in diesen ersten Augenblicken verrät ein Mann oft seine Schuld. Was wohl
seine ersten Worte sein werden? Ein Unschuldiger fragt meist, welchen Verbrechens man ihn anklagt

    »Welchen Verbrechens werde ich beschuldigt?«, fragte Tulkis. Gloktas Augenlid zuckte.
Natürlich kann ein Schuldiger ohne weiteres dieselbe Frage stellen.
    »Des Mordes an Kronprinz Raynault.«
    Der Gesandte zuckte mit den Lidern und sank gegen die Lehne seines Stuhls. »Mein tiefstes Beileid der königlichen Familie und allen Menschen in der Union an diesem schwarzen Tag. Aber ist all das hier wirklich nötig?« Er wies mit dem Kopf auf die lange, schwere Kette, die mehrfach um seinen Körper geschlungen war.
    »Das ist es. Falls Sie das sind, was wir vermuten.«
    »Ich verstehe. Darf ich fragen, ob es von Bedeutung ist, dass ich an diesem entsetzlichen Verbrechen gänzlich unschuldig bin?«
    Das wage ich zu bezweifeln. Selbst dann nicht, falls es stimmt.
Glokta warf das blutverschmierte Stück weißen Tuchs auf den Tisch. »Das hier hielt der Prinz in seiner Hand umklammert.« Tulkis sah es stirnrunzelnd und verwirrt an.
Als hätte er es noch nie zuvor gesehen.
»Es passt genau an ein Kleidungsstück, das wir in Ihren Gemächern gefunden haben. Ein Kleidungsstück, das ebenfalls über und über mit Blut besudelt ist.« Tulkis sah mit aufgerissenen Augen zu Glokta auf.
Als hätte er keine Ahnung, wie es dorthin gelangt sein könnte.
»Wie erklären Sie das?«
    Der Gesandte beugte sich über den Tisch, soweit er es mit den durch die Ketten auf den Rücken gefesselten Händen konnte, und sprach schnell und leise. »Bitte hören Sie mir zu, Herr Superior. Falls die Spione des Propheten meine Mission entdeckt haben – und sie entdecken früher oder später alles –, dann werden sie vor nichts zurückschrecken, um sie zum Scheitern zu bringen. Sie wissen, wozu sie fähig sind. Wenn Sie mich für dieses Verbrechen bestrafen, beleidigen Sie damit den Imperator. Sie schlagen die Hand weg, die er Ihnen in aller Freundschaft bietet; mehr noch, Sie schlagen ihn ins Gesicht. Er wird Rache schwören, und wenn Uthman-ul-Dosht geschworen hat … mein Leben bedeutet nichts, aber meine Mission darf nicht scheitern. Die Folgen … für unser beider Nationen … bitte, Herr Superior, ich flehe Sie an … Ich halte Sie für einen Mann mit offenem Verstand …«
    »Ein offener Verstand ist wie eine offene Wunde«, knurrte Glokta. »Empfänglich für Gift. Wird sich leicht entzünden. Wird seinem Besitzer nur Schmerzen bereiten.« Er nickte Frost zu, und der Albino legte das Geständnispapier sorgsam auf die Tischplatte und schob es mit seinen weißen Fingerspitzen zu Tulkis hinüber. Er stellte das Tintenfass daneben und klappte den Messingdeckel auf. Dann legte er die Feder daneben.
Alles so sauber und ordentlich, wie es sich gehört.
    »Dies ist Ihr Geständnis.« Glokta deutete auf das Papier. »Falls Sie sich das gerade fragten.«
    »Ich bin unschuldig«, murmelte Tulkis kaum hörbar flüsternd.
    Gloktas Gesicht zuckte verärgert. »Wurden Sie schon einmal gefoltert?«
    »Nein.«
    »Haben Sie dann schon einmal einer Folter beigewohnt?«
    Der Gesandte schluckte. »Ja.«
    »Dann haben Sie ja eine gewisse Vorstellung davon, was Sie erwartet.« Frost hob den Deckel von Gloktas Kiste. Die einzelnen Lagen hoben sich und klappten auseinander wie ein beeindruckender Schmetterling, der zum ersten

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