Feuerklingen (First Law - Band 2)
richtete sich mit schaukelnden Bewegungen auf.
Sachte, sachte.
Die Muskeln in seinem verkrüppelten linken Bein zitterten stark, sodass sein zehenloser Fuß wie ein sterbender Fisch hin und her zuckte.
Verdammtes hässliches Anhängsel! Es ist beinahe, als gehörte es gar nicht zu mir, wenn es nicht so wehtäte. Jetzt aber die Ruhe bewahren, wir müssen vorsichtig sein.
»Schscht!«, zischte er wie jemand, der ein weinendes Kind besänftigt, während er sein malträtiertes Fleisch massierte und versuchte, langsamer zu atmen. »Schscht.« Die Zuckungen wichen allmählich einem erträglicheren Zittern.
Besser wird es wohl nicht werden, fürchte ich.
Auch gelang es ihm, sich das Nachthemd herunterzuziehen und zur Tür zu schlurfen, verärgert den Schlüssel zu drehen und zu öffnen. Vitari stand im Flur und hatte sich gegen die Wand gelehnt, sodass sich ihre Umrisse dunkel vor den Schatten abhoben.
»Sie«, knurrte er und hüpfte zum Stuhl hinüber. »Sie können wohl gar nicht mehr ohne mich sein, was? Was fasziniert Sie eigentlich so an meinem Schlafgemach?«
Sie schlenderte durch die Tür und sah sich verächtlich in dem elenden Quartier um. »Vielleicht sehe ich nur gern, wie Sie sich abquälen.«
Glokta schnaubte und rieb behutsam sein brennendes Knie. »Dann sind Sie ja jetzt sicher richtig feucht zwischen den Beinen.«
»Überraschenderweise bin ich das nicht. Sie sehen aus wie der Tod.«
»Wann tue ich das einmal nicht? Sind Sie gekommen, um sich über mein Aussehen lustig zu machen, oder gibt es einen anderen Grund?«
Vitari verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die Wand. »Sie müssen sich anziehen.«
»Ist das eine neue Ausrede, um mich mal nackt zu sehen?«
»Sult verlangt nach Ihnen.«
»Jetzt?«
Sie rollte mit den Augen. »Nein, wir können uns natürlich Zeit lassen. Sie wissen ja, wie er ist.«
»Wohin gehen wir?«
»Das werden Sie schon sehen, wenn wir da sind.« Sie beschleunigte ihre Schritte, ließ ihn schnaufend, japsend und schmerzerfüllt hinter ihr durch die dunklen Gassen eilen, durch die düsteren Straßen und grauen Plätze des Agrionts, farblos im dünnen Licht des frühen Morgens.
Seine Stiefel knirschten und schlurften unter seinem schwerfälligen Schritt über die Kieswege des Parks. Das Gras war mit kaltem Tau überzogen, die Luft dick vor zähem Nebel. Bäume tauchten vor ihnen auf, schwarze, unbelaubte Klauen in der Düsternis, dann eine hoch aufragende, glatte Mauer. Vitari führte ihn zu einem hohen Tor, das von zwei Wachleuten flankiert wurde. Ihre schweren Rüstungen waren goldverbrämt, die Hellebarden goldverziert, die goldene Sonne der Union war auf ihre Überwürfe gestickt.
Ritter der Wacht. Des Königs persönliche Leibgarde.
»Der Palast?«
»Nein, wir sind hier in den Elendsvierteln, Sie Blitzmerker.«
»Halt.« Einer der zwei Ritter hob seinen schweren Handschuh, und die Stimme ertönte mit leichtem Echo aus dem vergitterten Mundschlitz seines Helms. »Nennen Sie Ihren Namen und Ihr Begehr.«
»Superior Glokta.« Er humpelte zur Mauer und lehnte sich gegen die feuchten Steine, die Zunge an das leere Zahnfleisch gepresst, damit ihn der Schmerz im Bein nicht überwältigte. »Was unser Begehr betrifft, müssen Sie die da fragen. Dieser Spaziergang war nicht meine Idee, das können Sie mir glauben.«
»Praktikalin Vitari. Und uns erwartet der Erzlektor. Das wissen Sie doch, Sie Narr, das habe ich Ihnen beim Rausgehen schon gesagt.«
Es war für einen Mann in voller Rüstung nicht leicht, seinem verletzten Stolz Ausdruck zu verleihen, aber dem Wachmann gelang es. »Es gehört zum Protokoll, dass ich jeden frage …«
»Machen Sie einfach auf, verdammt noch mal!«, bellte Glokta, der sich die Faust auf den zuckenden Schenkel drückte. »Solange ich mich noch aus eigener Kraft durchs Tor schleppen kann!«
Der Mann schlug ärgerlich gegen das Tor, und eine kleine Tür darin öffnete sich. Vitari duckte sich hindurch, und Glokta folgte ihr über einen Weg aus sorgfältig zusammengesetzten Steinplatten durch einen schattigen Garten. Kalte Wassertröpfchen hingen an den kurzen Zweigen, tropften von den übermannsgroßen Statuen. Das Krächzen einer Krähe, die sich irgendwo außer Sichtweite aufhielt, erschien geradezu lächerlich laut in der morgendlichen Stille. Vor ihnen ragte der Palast auf, ein Durcheinander aus Dächern, Türmchen, Figuren und in Stein gehauenen Ornamenten, das im ersten frühen Licht allmählich Gestalt annahm.
»Was tun wir
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