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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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beinahe sechzig. Mein Vater schuldete ihm sehr viel Geld und bot ihm meine Hand als Ausgleichszahlung an.«
Ah, wir haben offenbar alle unsere Opfer bringen müssen.
Kurz umspielte ein verächtlicher Zug ihren Mund. »Mein Mann hatte stets ein gutes Gespür für Schnäppchen. Schon bald nach unserer Hochzeit ging es mit seiner Gesundheit bergab, und ich begann immer mehr, seine Angelegenheiten für ihn zu regeln – schließlich auch die der Gilde. Als er starb, war ich im Grunde schon Magisterin, nur eben nicht offiziell, und meine Kollegen waren klug genug, um mich später in diesem Amt zu bestätigen. Den Gewürzhändlern ging es immer schon mehr um Gewinn als um Anstand.« Ihre Augen huschten zu Glokta hinüber. »Ich möchte nicht respektlos klingen, aber wie wird ein Kriegsheld zu einem Folterknecht?«
    Nun war es an ihm, kurz zu schweigen.
Eine gute Frage. Wie ist das geschehen?
»Es gibt nur sehr wenige Karrieremöglichkeiten für einen Krüppel.«
    Eider nickte langsam, ohne die Augen von Gloktas Gesicht zu nehmen. »Das muss sehr hart gewesen sein. Zurückzukehren, nach der langen Zeit in der Dunkelheit, um dann festzustellen, dass die alten Freunde keine Verwendung mehr für einen haben. Und in ihren Gesichtern nur noch Schuldgefühl, Mitleid und Ekel zu lesen. Einsam und allein zu sein.«
    Gloktas Augenlid zuckte, und er rieb es sanft. Über diese Dinge hatte er nie zuvor mit jemandem gesprochen.
Und hier sitze ich nun und rede mit einer Fremden darüber.
»Ich bin zweifelsohne eine tragische Gestalt. Früher war ich ein verdammter Scheißkerl, heute bin ich wertlos. Suchen Sie sich aus, was Ihnen besser gefällt.«
    »Ich vermute, dass es Sie krank macht, so behandelt zu werden. Sehr krank und sehr wütend.«
Sie haben ja keine Ahnung.
»Dennoch erscheint es mir seltsam, dass ein Gefolterter sich dazu entschließt, selbst zu foltern.«
    »Im Gegenteil, das sollte doch ganz natürlich sein. Nach meiner Erfahrung tun die Menschen immer das, was ihnen selbst durch andere widerfahren ist. Sie wurden von Ihrem Vater verkauft und von Ihrem Ehemann gekauft, und dennoch haben Sie sich entschieden, auch selbst zu kaufen und zu verkaufen.«
    Eider verzog das Gesicht.
Gibt ihr das jetzt vielleicht etwas zum Nachdenken?
»Ich dachte, Sie hätten durch den eigenen Schmerz mehr Mitleid mit anderen.«
    »Mitleid? Was ist das?« Glokta zuckte leicht zusammen, während er sein schmerzendes Bein massierte. »Schmerz erzeugt leider wirklich nur eine Art von Mitleid – Selbstmitleid.«

LAGERFEUERGESCHICHTEN
    Logen bewegte sich unbehaglich in seinem Sattel und sah mit zusammengekniffenen Augen zu den wenigen Vögeln hinauf, die über der weiten Ebene kreisten. Verdammt, sein Hintern tat ihm weh. Seine Schenkel waren wund, und in seiner Nase hing der Geruch des Pferdes. Er fand einfach keine bequeme Haltung, in der seine Nüsse nicht gequetscht wurden, egal, wie oft er mit der Hand in seinen Gürtel fuhr, um sie wieder zurechtzurücken. Die ganze Sache begann sich zu einer verdammt unbequemen Reise auszuweiten, und das in verschiedenster Hinsicht.
    Früher hatte er auf seinen Reisen meist viel geredet, als er noch oben im Norden unterwegs gewesen war. Als Junge hatte er mit seinem Vater gesprochen; später dann, als junger Mann, mit seinen Freunden. Als er Bethod gefolgt war, hatte er mit jenem geredet, den ganzen Tag, denn sie waren einander damals recht nahe gewesen, beinahe wie Brüder. Eine gute Unterhaltung lenkte ab von den Blasen an den Füßen, dem Hunger im Bauch, der endlosen verdammten Kälte oder den Gedanken an jene, die am Tag zuvor gerade umgebracht worden waren.
    Logen hatte gern über die Geschichten des Hundsmanns gelacht, wenn sie durch den Schnee gestapft waren. Mit Dreibaum hatte er über Taktik geredet, während sie über schlammige Pfade geritten waren. Oder er hatte mit dem Schwarzen Dow gestritten, während sie durch Moore gewatet waren, und kein Thema war ihnen dabei zu gering erschienen. Er hatte sogar mit Harding Grimm ein paar Scherze gemacht, und es gab nicht allzu viele, die das von sich sagen konnten.
    Er seufzte unterdrückt. Es war ein langer, schwerer Seufzer, ganz hinten aus der Kehle. Das waren schöne Zeiten gewesen, keine Frage, aber sie lagen lange zurück, in den sonnigen Tälern der Vergangenheit. All diese Jungs waren inzwischen wieder zu Schlamm geworden. Sie alle schwiegen auf ewig. Und am schlimmsten war, dass sie Logen allein im großen Nichts mit dieser Gruppe von Leuten

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