Feuerklingen (First Law - Band 2)
verdammt viel, um sich dahinter zu verstecken.«
Der Abend brach an, die Sonne stand niedrig über dem Horizont und füllte das zerklüftete Tal mit Schatten. Dort unten zeigte sich keine Spur von einem Menschen. Nichts war zu hören außer dem glucksenden Wasser und dem gemächlichen Wind, der durch das Gras fuhr. Es war nichts zu sehen, aber Ferro hatte recht. Das bedeutete nicht, dass es keine Gefahr gab.
»Am besten geht Ihr mal dort hinunter und schaut Euch um«, brummte Langfuß.
»Am besten ich?« Logen sah ihn von der Seite an. »Ihr bleibt dann hier oben, oder wie?«
»Ich habe kein Talent zum Kämpfen. Das ist Euch doch sehr wohl bewusst.«
»Hm«, brummte Logen. »Kein Talent zum Kämpfen, aber ein großes, um Kämpfe aufzuspüren.«
»Das Aufspüren gehört zu meinen Aufgaben. Ich bin hier, um Wege zu finden.«
»Vielleicht könntet Ihr auch ein anständiges Essen und ein Bett zum Schlafen für mich finden«, merkte Luthar knapp in seinem quengeligen Unionsakzent an.
Ferro saugte verächtlich an ihren Zähnen. »Irgendeiner muss gehen«, knurrte sie und schob sich bäuchlings über die Kuppe des Hügels. »Ich nehme die linke Seite.«
Niemand anders rührte sich. »Gehen wir«, knurrte Logen Luthar an.
»Ich?«
»Wer denn sonst? Drei ist eine gute Zahl. Los jetzt, und verhaltet Euch so unauffällig wie möglich.«
Luthar spähte durch das Gras ins Tal hinunter, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und rieb die Handflächen aneinander. Er war nervös, das merkte Logen, nervös und gleichzeitig auch stolz, wie ein noch unerprobter Junge vor einer Schlacht, der sich unbedingt furchtlos zeigen möchte, indem er das Kinn in die Luft reckt. Logen ließ sich nicht täuschen. Er hatte so etwas schon Hunderte von Malen gesehen.
»Wollt Ihr bis morgen früh warten?«, brummte er.
»Vielleicht denkt Ihr mal an Eure eigenen Unzulänglichkeiten, Nordmann«, zischte Luthar und begann, den Abhang hinunterzukriechen. »Davon gibt es ja auch genug!« Die Dorne seiner großen, schimmernden Sporen rasselten laut, als er ungeschickt und ungeübt über die Kante robbte, den Hintern in die Luft gestreckt.
Logen hielt ihn an seinem Mantel fest, bevor er einen Schritt weit gekommen war. »Ihr wollt die da ja wohl nicht dranlassen, oder?«
»Was?«
»Diese verdammten Sporen! Unauffällig, habe ich gesagt! So könntet Ihr Euch genauso gut eine Glocke an den Schwanz hängen!«
Luthar verzog das Gesicht, als er sich aufsetzte, um die Sporen abzuschnallen.
»Unten bleiben!«, zischte Logen und schubste ihn wieder rücklings ins Gras. »Wollt Ihr uns umbringen?«
»Lasst mich los!«
Logen drückte ihn wieder nach unten und stupste ihn dann mit dem Finger an, um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen. »Ich verrecke nicht wegen Eurer verdammten Sporen, damit das mal klar ist! Wenn Ihr nicht leise hinunterschleichen könnt, bleibt Ihr beim Wegkundigen hier oben!« Er warf Langfuß einen finsteren Blick zu. »Vielleicht könnt Ihr dann den Weg zum Dorf erkunden, wenn wir uns überzeugt haben, dass es sicher ist.« Er schüttelte den Kopf und kroch hinter Ferro den Hang hinunter.
Sie hatte schon fast den Bach erreicht, rollte sich über die verfallenen Mauern und schlich geduckt über die offenen Flächen dazwischen, die Hand stets am Heft ihres Krummsäbels, schnell und geräuschlos wie der Wind, der über die Ebene fegte.
Das war zweifelsohne beeindruckend, aber Logen wusste auch Bescheid, wenn es ums Anschleichen ging. Er war dafür bekannt gewesen, als er noch jünger war. Er wusste längst nicht mehr, an wie viele Schanka oder auch Menschen er sich ungesehen und ungehört herangemacht hatte. Das Erste, was man vom Blutigen Neuner hört, ist das Rauschen des Blutes, wenn es aus dem eigenen Hals strömt, so pflegte man zu sagen. Wenn man eins über Logen Neunfinger verlauten lassen konnte, dann das – er verstand sich aufs Anschleichen.
Er schlich auf die erste Mauer zu und streckte ein Bein hinüber, leise wie eine Maus. Dann schob er den Rest seines Körpers hinterher, weich wie Butter, ganz leise, ganz geduckt. Der Fuß, den er nachzog, verfing sich an einem Stoß lockerer Steine und riss sie hinab. Schnell versuchte er sie aufzufangen und festzuhalten und warf dabei mit seinem Ellenbogen noch mehr um; sie krachten laut neben ihm zu Boden. Stolpernd kam er auf seinen verletzten Knöchel auf und verdrehte ihn, schrie vor Schmerz auf, stürzte und rollte durch ein Distelgestrüpp.
»Scheiße«, knurrte
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