Feuerklingen (First Law - Band 2)
nächsten Stuhl, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und das Kinn auf die Hände und sah Glokta in die Augen. »Ich vermute, dass er von einem Verräter aus der Stadt getötet wurde. Vermutlich von einem Spitzel der Gurkhisen. Auf die Gefahr hin, dass ich Ihnen etwas erzähle, was Sie ohnehin schon wissen – Davoust befürchtete eine Verschwörung innerhalb des Regierungsrats der Stadt. Das vertraute er mir kurz vor seinem Verschwinden an.«
Ach, hat er das?
»Eine Verschwörung innerhalb des Regierungsrats?« Glokta schüttelte in gespieltem Entsetzen den Kopf. »Wäre denn das die Möglichkeit?«
»Seien wir ehrlich miteinander, Herr Superior. Ich will dasselbe wie Sie. Wir von der Gewürzhändlergilde haben viel zu viel Zeit und Geld in diese Stadt investiert, als dass wir nun dabei zusehen wollten, wie sie in gurkhisische Hände fällt. Mit Ihnen haben wir offensichtlich eine bessere Möglichkeit, Dagoska zu halten, als mit diesen Idioten Vurms und Vissbruck. Wenn es innerhalb unserer Mauern einen Verräter gibt, dann will ich, dass er gefunden wird.«
»Er … oder sie.«
Magister Eider hob eine sorgsam gezupfte Augenbraue. »Es wird Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass ich die einzige Frau im Rat bin.«
»Das ist es tatsächlich nicht.« Glokta schlürfte laut von seinem Löffel. »Aber vergeben Sie mir, wenn ich Sie noch nicht ganz von der Liste der Verdächtigen streiche. Um mich von der Unschuld eines Menschen zu überzeugen, braucht es mehr als eine leckere Suppe und eine angenehme Unterhaltung.«
Obwohl das schon wesentlich mehr ist, als mir alle anderen angeboten haben.
Magisterin Eider lächelte und hob ihr Glas. »Wie kann ich Sie dann überzeugen?«
»Soll ich ehrlich sein? Ich brauche Geld.«
»Ah, Geld. Darauf läuft es ja immer hinaus. Geld aus meiner Gilde herauszupressen, ist so, als wolle man in der Wüste nach Wasser graben – ermüdend, schmutzig und in der Regel reine Zeitverschwendung.«
Ganz ähnlich wie eine Befragung von Inquisitor Harker.
»Über welche Summe reden wir?«
»Wir könnten mit, sagen wir, hunderttausend Mark anfangen.«
Eider bekam nicht wirklich ihren Wein in die falsche Kehle.
Sie gibt eher ein sanftes Gurgeln von sich.
Behutsam setzte sie ihr Glas ab, räusperte sich ruhig, betupfte die Mundwinkel mit der Ecke eines Tuchs und sah ihn dann mit gehobenen Augenbrauen an. »Sie wissen sehr gut, dass eine solche Summe nicht gewährt werden kann.«
»Ich nehme für den Augenblick, was immer Sie mir geben können.«
»Wir werden sehen. Beschränken sich Ihre Wünsche auf die besagten hunderttausend Mark, oder kann ich noch etwas anderes für Sie tun?«
»Da gibt es tatsächlich etwas. Ich muss die Kaufleute aus dem Tempel herausbekommen.«
Eider rieb sanft ihre Schläfen, als ob Gloktas Forderungen ihr Kopfschmerzen bereiteten. »Er will die Kaufleute heraushaben«, murmelte sie.
»Das war notwendig, um mich Kahdias Unterstützung zu versichern. Wenn er gegen uns steht, können wir nicht darauf hoffen, die Stadt lange zu halten.«
»Dasselbe habe ich den arroganten Narren seit Jahren schon gesagt, aber dennoch ist es inzwischen zu einem sehr beliebten Sport geworden, auf den Einheimischen herumzutrampeln. Schön, bis wann sollen sie verschwunden sein?«
»Bis morgen. Allerspätestens.«
»Und Sie hat man selbstherrlich genannt?« Sie schüttelte den Kopf. »Nun gut. Morgen Abend werde ich die unbeliebteste Magisterin der jüngeren Geschichte sein, wenn ich meine Stellung dann überhaupt noch innehabe, aber ich werde versuchen, es der Gilde schmackhaft zu machen.«
Glokta grinste. »Ich würde vermuten, dass Sie einem alles schmackhaft machen können.«
»Sie sind ein harter Verhandlungspartner, Herr Superior. Wenn Sie eines Tages keine Lust mehr haben, Fragen zu stellen, dann könnten Sie sicherlich eine erfolgreiche Laufbahn als Kaufmann beginnen.«
»Als Kaufmann? O nein, dazu bin ich nicht gewissenlos genug.« Glokta legte seinen Löffel in die leere Schüssel und saugte an seinem Zahnfleisch. »Ich möchte nicht respektlos klingen, aber wie kommt man als Frau auf den höchsten Posten der mächtigsten Gilde der Union?«
Eider schwieg kurz, als dächte sie darüber nach, ob sie antworten wollte oder nicht.
Oder als wollte sie erwägen, wie viel Wahrheit sie preisgeben will.
Sie sah auf ihr Glas und drehte es am Stiel langsam zwischen ihren Fingern. »Vor mir war mein Mann Magister. Als wir heirateten, war ich zweiundzwanzig Jahre alt und er
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