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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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überlegte West. Der Beweis ritt gerade neben ihm her und lächelte so sorglos, als sei es eine Kleinigkeit, für zehntausend Menschen verantwortlich zu sein. Für den Kronprinz war Wirklichkeit, wie Lord Marschall Burr bereits festgestellt hatte, tatsächlich ein Fremdwort.
    »Kalt«, murmelte Ladisla. »Das ist was anderes als die Wüsten von Gurkhul, was, Oberst West?«
    »In der Tat, Euer Hoheit.«
    »Aber ein paar Sachen sind auch gleich, oder nicht? Ich rede vom Krieg, West! Vom Krieg im Allgemeinen! Das ist doch überall dasselbe! Mut! Ehre! Ruhm! Sie haben unter Oberst Glokta gekämpft, nicht wahr?«
    »Ja, Euer Hoheit, das stimmt.«
    »Ich habe die Geschichten über die Taten dieses Mannes so geliebt! Einer der Helden meiner Jugend. Wie er seinen Feinden in den Rücken fiel, ihre Nachrichten abfing, ihre Versorgungszüge überfiel und was nicht alles.« Die Reitpeitsche des Prinzen illustrierte all diese noblen Handlungen mit heftigen Bewegungen. »Großartig! Und Sie haben all das gesehen?«
    »Einiges davon, Euer Hoheit, ja.« Vor allem hatte er wund gerittene Soldaten, Sonnenbrand, Plünderungen, Trunkenheit und eitle Prahlereien miterlebt.
    »Oberst Glokta, ich muss schon sagen! Von seinem Schneid könnten wir hier was gebrauchen, nicht wahr, West? Ein bisschen was von seinem Draufgängertum! Seiner Energie! Eine Schande, dass er tot ist.«
    West sah auf. »Er ist nicht tot, Euer Hoheit.«
    »Ist er nicht?«
    »Er wurde von den Gurkhisen gefangen genommen und dann der Union wieder überstellt, als der Krieg vorbei war. Er … äh … er ging zur Inquisition.«
    »Zur Inquisition?« Der Prinz machte ein entsetztes Gesicht. »Warum um alles in der Welt sollte ein Mann das Soldatenleben für so etwas aufgeben?«
    West suchte nach Worten, gab es dann aber auf. »Ich kann es mir auch nicht denken, Euer Hoheit.«
    »Zur Inquisition gegangen! Also, das hätte ich ja nie gedacht.« Sie ritten einen Augenblick schweigend weiter. Allmählich kehrte das Lächeln auf das Gesicht des Prinzen zurück. »Aber wir sprachen doch gerade von den Ehren des Krieges, oder nicht?«
    West verzog das Gesicht. »Das taten wir, Euer Hoheit.«
    »Sie stürmten als Erster durch die Bresche von Ulrioch, nicht wahr? Der Erste, der durch die Bresche brach, wie ich hörte! Da haben Sie doch Ehre gewonnen, was? Das hat Ihnen Ruhm gebracht, nicht wahr? Das muss doch eine wirklich spannende Erfahrung gewesen sein, was, Herr Oberst? Ein echtes Erlebnis!«
    Er hatte sich durch einen Trümmerhaufen von Mauersteinen und Bauholz gekämpft, der mit verkrümmten Leichen übersät war, er war halb blind gewesen vom Rauch und halb erstickt vom Staub, und von überall waren Schreie und Geheul und das Aufeinanderschlagen von Metall ertönt. Vor Angst hatte er kaum atmen können. Von allen Seiten waren andere Männer an ihn herangedrängt, stöhnend, schiebend, stolpernd, brüllend, überströmt von Blut und Schweiß, schwarz vor Schmiere und Ruß, nur halb erkennbare Gesichter, verzerrt vor Schmerz und Wut. Teufel, in der Hölle.
    West erinnerte sich daran, wie er wieder und wieder »Vorwärts!« geschrien hatte, ohne überhaupt zu wissen, welche Richtung er damit gemeint hatte. Er hatte jemanden mit seinem Degen erstochen, ob Freund oder Feind, das wusste er nicht, weder damals noch heute. Er wusste nur noch, wie er gestürzt war und sich den Kopf an einem Stein aufgeschlagen hatte, wie seine Jacke an einem zersplitterten Balken zerrissen war. Augenblicke, Bruchstücke, wie aus einer Geschichte, die er einmal jemand anderen hatte erzählen hören.
    West zog sich den Mantel enger um die frierenden Schultern und wünschte, der Stoff sei dicker. »Das war wirklich ein Erlebnis, Euer Hoheit.«
    »Eine verdammte Schande, dass dieser verdammte Bethod nicht in diese Richtung marschieren wird!« Prinz Ladisla ließ seine Reitpeitsche zornig durch die Luft pfeifen. »Das hier ist doch kaum besser als Wachestehen! Hält mich Burr vielleicht für einen Narren, West?«
    West holte tief Luft. »Das kann ich unmöglich sagen, Euer Hoheit.«
    Die sprunghafte Natur des Prinzen hatte sich indes schon wieder anderen Dingen zugewandt. »Was ist nun mit Ihren kleinen Lieblingen? Diesen Nordmännern. Die mit den komischen Namen. Wie heißt der noch, dieser verdreckte Mensch? Wolfsmann, nicht wahr?«
    »Hundsmann.«
    »Hundsmann, genau! Herrlich!« Der Prinz kicherte vor sich hin. »Und dieser andere ist verdammt noch mal der größte Kerl, den ich je gesehen habe!

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