Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
nimmt.
Das Mädchen nickt.
»Wie
ist dein Name?«
»Alexandra!
Alexandra Anthemos!«
»Wie
wär’s, wenn du dich erst mal hinsetzt, Alexandra?«
Das
Mädchen guckt den Kommissar mit ihren großen, braunen Augen an, verzieht
schnippisch den Mund und setzt sich.
»Ich
nehme an, du findest die Sache, die ihr da angerichtet habt, heute auch nicht
mehr so toll, oder?«
Die
Augen des Mädchens heften sich argwöhnisch an ihr Gegenüber. Swensen bleibt
gelassen und hält den Blickkontakt. Sie scheint die veränderte Lage zu
erkunden.
»Kind,
nun red endlich mit dem Mann!«, ruft die Mutter.
»Ich
hab das für uns gemacht!«, schreit das Mädchen zurück.
»Für
uns? Was meinst du damit?«, fragt die Mutter erstaunt.
»Halt,
stopp! Ich stelle hier die Fragen«, unterbricht Swensen. Etwas in ihm schlägt
Alarm. Er wartet, bis das Mädchen sich ihm wieder zuwendet.
»Was
meintest du mit uns , Alexandra?«
»Meine
Familie!«
»Blödsinn!
Einer deiner Kumpel hat gestanden, dass du die Sache angestiftet hast!«, ertönt
die scharfe Stimme von Schlüter von der Seite. Swensen wirft seinem Kollegen
einen mahnenden Blick zu und lässt einen längeren Moment verstreichen.
»Ist
das so?«, fragt er mit betont sanfter Stimme.
»Nein!
Ich hab nichts angestiftet! Ich hab nur den Zettel geschrieben!«
»Damit
es aussieht, als wenn es Muslime waren?«
»Ja,
Türken!«
»Und
warum gerade Türken?«
»Weil
die meine Heimat überfallen haben!«
»Deine
Heimat? Griechenland?«
»Nein,
Zypern!«
»Und
deswegen hast du das für deine Familie getan?«
Während
Swensen die Frage stellt, sieht er den Griechen vom Stuhl aufspringen und auf
den Tisch zustürzen. Erschrocken sieht er in sein wutverzerrtes Gesicht.
»Du
sagst kein Wort mehr, Alexandra!«, sagt der Mann mit bebender Stimme.
»Herr
Anthemos, Sie dürfen Ihre Tochter nicht beeinflussen, sonst müssen Sie das
Zimmer verlassen«, weist Swensen ihn zurecht.
»Meine
Tochter macht eine Dummheit, gut! Aber die Familie geht niemanden was an!«
»Ihre
Tochter hat einen falschen Verdacht auf die Muslime in unserer Stadt gelenkt!
Das ist kein Spaß!«
»Wissen
Sie was? Auf Zypern gibt es ein altes Sprichwort: ›Solange der Fuchs noch einen
Zahn hat, wird er nicht fromm!‹ Für den Fuchs können Sie auch die Türkei
einsetzen!«
*
Es ist Freitagabend, der 19. Oktober. Bruno geht strahlend mit der
Bestellung in Richtung Küche davon. Der Kommissar hat zu seiner Freude heute
eine gute Flasche Rotwein zum Essen geordert. Swensen und Anna nehmen ihr
unterbrochenes Gespräch wieder auf.
»Der
Staatsanwalt könnte in dem Fall schon wegen Vortäuschung einer Straftat tätig
werden. Die Tochter deiner Lehrerin ist über vierzehn, damit ist sie
strafmündig.«
»Meinst
du wirklich, dass sich die Jugendlichen darüber im Klaren waren, was sie damit
anrichten? Die sind doch noch grün hinter den Ohren. In dem Alter ist
pubertäres Gehabe an der Tagesordnung.«
»Na
ja, ganz so unbedarft scheint mir das Mädchen nicht zu sein. Sie hat immerhin
gestanden, einen Zettel geschrieben zu haben, auf dem Muslime einen
Anthrax-Anschlag ankündigen.«
»Ich
will das auch nicht entschuldigen, Jan! Aber wenn jemand in traumatisierten
Familienverhältnissen aufwächst, sind Trotzhandlungen nicht selten.«
»Traumatisiert?
Weil sie ein Ausländerkind in Deutschland ist?«
»Natürlich
nicht! Es geht um Krieg und Flucht! Ihr Vater stammt aus Zypern. Er soll als
kleiner Junge mit angesehen haben, wie Türken seinen Vater und seine Mutter
ermordet haben.«
»Ich
hab ihn beim Verhör kennen gelernt. Auf Türken war er nicht gut zu sprechen.«
»Der
Mann hat bestimmt einen massiven Schock hinter sich. Soll heute noch schlimme
Albträume haben.«
»Und
woher weißt du das alles?«
»Von
der Mutter! Der ganze Griechischkurs war neulich nach dem Unterricht noch bei Tante
Jenny , dieser Kneipe am Hafen. Ich bin mit Leandra als Letzte übrig
geblieben. Da hat sie mir das von ihrem Mann erzählt.«
»Eine
ziemlich impulsive Person, deine Griechischlehrerin. Zumindest hat sie bei mir
während des Verhörs einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Hat sich wie eine
Löwin zwischen den Beamten und ihre Tochter geworfen. Kommt sie auch aus
Zypern?«
»Nein,
sie ist griechisches Gastarbeiterkind, in Hamburg geboren. Dort hat sie auch
ihren Mann getroffen und geheiratet. Der Onkel hatte ihn als Kind aus Zypern
mit nach Deutschland genommen. Vor drei Jahren haben sie mit dem Onkel zusammen
in
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