Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
Tag wird kommen!«, sagt Colditz, wobei er seiner Stimme
einen optimistischen Klang verleiht. »Gibt es neue Erkenntnisse im Fall unseres
Tunesiers?«
Wie
auf Stichwort löst sich das Menschenknäuel vor der Pinnwand auf. Geräuschvoll
setzen sich alle wieder an ihre Plätze und starren auf die Tischplatte. Eine
beklemmende Stille entsteht.
»Mielke
und ich haben gestern in Kiel mit zwei Muslimen gesprochen, die mit Habib
Hafside im Studentenheim zusammengewohnt haben«, ergreift Swensen das Wort.
»War eher ein Schuss in den Ofen, das Ganze! Keiner hat nach ihrem Studium noch
Kontakt mit Habib Hafside gehabt. Von den drei anderen, die wir auf der Liste
haben, ist noch keine Adresse ermittelt worden. Die beiden Iraner, die wir
befragt haben, wissen auch nicht, wo sie abgeblieben sind. Berlin oder Hamburg
vielleicht, meinte einer. Schwer zu sagen, was davon alles stimmt.«
»Ich
war Montagmittag gleich bei diesem Bauernhaus, das in der Nähe der Bahnstation
Harblek steht. Der Tipp kam von Jan!«, fährt Hollmann fort. »Die Flecken, die
unser Kollege dort entdeckt hat, sind wirklich Blut. Das LKA Kiel macht eine
DNA-Bestimmung. Wenn es wirklich das Blut unseres Ermordeten ist, wären wir
einen Riesenschritt weiter.«
»Ich
hab mich um das Grundstück gekümmert, auf dem das Bauernhaus steht, und beim
Amtsgericht hier in Husum angerufen«, ergänzt Swensen. »Eine Mitarbeiterin im
Grundbuchamt hat mir Name und Adresse des Besitzers rausgesucht, Johannes
Bergmann, ein Immobilienmakler aus Flensburg. Hab ihn aber noch nicht erreicht.
Nachdem ich ihm den Anrufbeantworter vollgequatscht habe und der Typ nicht
zurückrief, bin ich alle Maklerbüros in Flensburg durchgegangen. Als ich
endlich das richtige Büro hatte, sagte man mir dort, dass der Mann auf einer
Geschäftsreise in Südafrika ist. Kommt erst am Wochenende zurück. Ich dachte,
ich warte so lange ab.«
Colditz
steht noch immer neben der Pinnwand. Er scheint auf weitere Wortmeldungen zu
warten. Doch in der Runde bleibt es stumm. Jeder weiß, dass sie nach fast fünf
Wochen auf der Stelle treten. Der Klingelton eines Handys ertönt. Swensen
greift nach seiner Jacke, die über der Stuhllehne hängt. Das gesamte Team guckt
neugierig auf. Es dauert unendlich lange, bis er das Gerät aus der Innentasche
gefingert hat und das Gespräch annimmt.
»Moment«,
sagt er leise und steuert mit dem Handy am Ohr in Richtung Tür.
»Wir
machen am Computer eine Rekonstruktion vom Gesicht der Wasserleiche«, hört er
im h inausgehen noch die
Ausführung von Colditz. »Wenn wir ein brauchbares Fahndungsfoto haben, sehen
wir weiter.«
»Anna
hier!«
»Anna,
du!? Was ist denn los?«
»Ich
möchte dich um einen großen Gefallen bitten!«
»Das
ist ziemlich ungünstig. Hat das nicht Zeit bis heute Abend?«
»Tut
mir leid, Jan, aber mir ist das sehr wichtig! Mich hat nämlich gerade meine
Volksschullehrerin angerufen, du weißt, die von dem Griechischkurs! Die Frau war
völlig aufgelöst. Die Polizei hat heute Morgen ihre Tochter in der Schule
abgeholt. Sie soll etwas mit diesem Quatsch in dem Kaufhaus zu tun haben!«
»Du
meinst doch nicht etwa den Anthrax-Anschlag bei Karstadt?«
»Doch,
genau den meine ich. Aber die Sache hat sich doch als harmlos herausgestellt.
In der Husumer Rundschau stand, dass gar keine Milzbrandsporen entdeckt
wurden. In dem Päckchen soll nur Mehl gewesen sein.«
»Und
was möchtest du von mir?«
»Ich
wollte dich bitten, ob du nicht was für das Mädchen tun kannst? Könntest du
nicht beim Verhör dabei sein, bitte!«
»Wir
haben zwei ungeklärte Mordfälle auf dem Tisch!«
»Jan,
mir zuliebe! Die Frau hat am Telefon nur geheult!«
»Da
werd ich nicht viel machen können, Anna! Das ist keine Kleinigkeit, was ihre Tochter
da verzapft hat. Das Päckchen musste extra in einem Sicherheitslabor untersucht
werden, in Berlin. Was meinst du, was das allein gekostet hat.«
»Komm,
Jan! Gib dir einen Ruck. Das Mädchen ist doch noch minderjährig!«
»Ich
kann noch nichts versprechen. Ich red mal mit Colditz.«
*
»Weswegen willst du dich denn partout um diese Lappalie kümmern?«, fragt
Püchel und nimmt noch einen kräftigen Zug aus seiner Zigarette, um sie danach
im Aschenbecher auszudrücken. »Lass das die machen, die da bereits dransitzen.
Du bist in der Soko genügend ausgelastet. Mordfälle gehen sowieso vor.«
»Colditz
hat nichts dagegen, wenn ich mich kurz rauszieh. Ich will ja nicht den Fall
übernehmen, nur beim Verhör
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