Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
Telefon von der Station: »Hauptkommissar Swensen, Kripo Husum!«
»Bergmann!«,
meldet sich eine verhaltene Stimme am anderen Ende. »Mein Büro hat mich
informiert, dass ich Sie zurückrufen möchte. Was will denn die Kripo von mir?
Ist irgendwas passiert?«
»Wir
brauchen nur eine Auskunft, Herr Bergmann.«
»Wie
kann ich Ihnen helfen?«, die Stimme des Immobilienmaklers klingt deutlich
erleichtert.
»Es
geht um Ihr Bauernhaus in der Nähe von Harblek. Wann waren Sie das letzte Mal
dort?«
»Mmm
… das muss Anfang des Jahres gewesen sein. Im Moment ist es vermietet.«
»Seit
wann?«
»Seit
dem 1. Juli bis zum Ende des Jahres.«
»Wir
waren zwei Mal dort und haben nie jemand angetroffen.«
»Und?
Der Mieter kann doch frei entscheiden, wann er dort wohnen will, oder?«
»Wir
ermitteln in einem Mordfall! Ihr Haus ist dabei in unser Visier geraten!«
»Das
hört sich ja dramatisch an!«
»Wenn
Sie versichern, dass Sie nicht dort waren, möchten wir natürlich wissen, ob
Ihre Mieter da waren. Würden Sie uns bitte die Namen und ihre Adressen nennen.«
»Das
waren zwei Ausländer mit iranischem Pass. Architekten, haben sie mir gesagt.
Waren beide picobello gekleidet. Suchten nach einem ruhigen Ort, um ein
größeres Bauprojekt zu planen. Die Namen hab ich mir aufgeschrieben, auch ’ne
Telefonnummer, aber keine Adresse. Die haben mir die gesamte Miete gleich auf
den Tisch gelegt, in bar.«
»Iraner?«
»Ja,
einen Moment, ich schaue in meinen Unterlagen nach.«
Swensens
Nackenmuskeln ziehen sich zusammen. Er trommelt nervös mit den Fingern der
linken Hand auf die Tischplatte.
Überall
Ausländer, das kann doch kein Zufall sein, denkt er.
»Also,
der eine heißt … ja, hier … Behzad, Ramin Behzad. Der hat das Haus gemietet und
unterschrieben. Sprach perfekt Deutsch«, meldet sich die Stimme im Telefon
wieder. »Der Zweite … Moment, Moment … Razak Sabet. Der hat die ganze Zeit kein
Wort gesagt.«
Swensen
läuft ein Schauer über den Rücken. Er weiß augenblicklich, dass er die Namen
kennt. Nach kurzer Überlegung sieht er einen Dreitagebart, eine geschwungene
Unterlippe, das Gesicht und die Gestalt, die aufrecht im Türrahmen ihrer
Wohnung steht. Das Kieler Hochhaus, vierzehnter Stock.
Der
andere Name, Ramin Behzad, der mit Hafside gestritten haben soll und dessen
Adresse wir nicht ausfindig machen konnten. Also wusste dieser Sabet genau, wo
Behzad sich die ganze Zeit aufhielt.
Swensen
erinnert sich, dass auch zwei Personen nach dem Mord in Witzwort die Bahn
verlassen haben. Er sieht das Bauernhaus vor sich.
»Herr
Bergmann, wir brauchen sofort Zugang zu Ihrem Haus!«
»Unmöglich,
ich kann hier heute auf keinen Fall weg. Ich hab unaufschiebbare Termine!«
»Es
geht um eine Mordermittlung! Wir brauchen auf der Stelle den Haustürschlüssel!
Lassen Sie ihn meinetwegen herbringen oder beauftragen Sie einen Kurierdienst.
Wir ersetzen die Unkosten.«
»Es
gibt keine Unkosten, nur Kosten!«
8
Montag, der 22. Oktober, 8.32 Uhr. Weißer Dunst hängt über dem Kieler
Hafen. Seit einer halben Stunde steht ein silbergrauer Mercedes W126einsam
auf dem Parkplatz neben dem Schwedenkai. Der Mann am Steuer ist Hauptmann Willi
Bretzler. Das ist ein Deckname für die Sicherheit seiner Familie. Bretzler entspricht
nicht dem üblichen Klischee eines unscheinbaren, farblosen deutschen Agenten,
der sich von seinem Einsatzumfeld nicht unnötig abhebt. Die Berufsdevise »Bloß
nicht auffallen« trifft auf den Mann nur bedingt zu. Er wirkt äußerlich wie ein
klassischer Kinoheld, zwei Meter groß, mit einem makellos schönen Gesicht, der
Körper durchtrainiert, die gekräuselten, brünetten Haare gepflegt. Der
dunkelbraune Anzug ist elegant, weißes Hemd und dezente Krawatte. Der zweite
Mann ist von ähnlicher Statur, sein Anzug ist dunkelblau, die Krawatte dagegen
knallrot. Die glatten, blonden Haare sind streichholzkurz geschnitten. Beide
sind für den BND, den Bundesnachrichtendienst, tätig, operative Aufklärung
Abteilung 1. Bei über sechstausend Mitarbeitern gehören sie zu der erlesenen
Gruppe von zirka fünfzig Agenten, die eine Schusswaffe tragen, zu erkennen an
den leichten Ausbeulungen der Anzugsjacken.
»Kannst
du bitte die Seitenscheibe schließen! Es zieht entsetzlich!«, mault Bretzler
den Mann auf dem Beifahrersitz an, während er unentwegt die Senderwahl des
Autoradios drückt. Kurze Rhythmusfetzen, mal Beat, mal Klassik, tauchen auf und
verschwinden wieder im atmosphärischen
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