Feuermale
daß man Melanie Hessler gefeuert hätte.
»Wann?« fragte Kate.
»Heute. Sie war zu oft abwesend.«
»Sie leidet unter posttraumatischem Streß«, sagte Kate.
»Wegen des Verbrechens, das auf Ihrem Grundstück an ihr begangen wurde, möchte ich hinzufügen.«
»Das war nicht unsere Schuld.«
»Posttraumatischer Streß ist gerichtlich als Behinderung anerkannt und fällt deshalb unter das Behindertengesetz.«
Sie schlug ihre Zähne in diese Ungerechtigkeit, geradezu dankbar für die Chance, auf jemanden loszugehen. »Wenn Sie Melanie auf Grund dieser Behinderung diskriminieren, kann sie Sie verklagen, bis Sie bankrott sind.«
»Hören Sie, Lady«, sagte der Manager. »Vielleicht sollten Sie mit Melanie darüber reden, bevor Sie losgehen und Leute bedrohen. Ich glaube nämlich, daß sie deswegen gar nicht so sauer ist. Ich hab die ganze Woche nicht mal einen Pieps von ihr gehört.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie hätten sie gefeuert?«
»Hab ich. Ich hab’s auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen.«
»Sie haben sie auf ihrem Anrufbeantworter gefeuert?
Was für ein mieser Feigling sind Sie denn?«
»Die Sorte, die jetzt einhängt, Zicke«, sagte er und knallte den Hörer auf die Gabel.
Kate hing gedankenverloren auf und versuchte, sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal mit Melanie Hessler geredet hatte. Es war höchstens eine Woche her, dachte sie. VF – vor dem Feuerbestatterfall. Seither war keine Zeit gewesen, sie anzurufen. Angie hatte ihre gesamte Zeit in Anspruch genommen. Es schien ihr zu lange, jetzt wo sie daran dachte. Melanies Anrufe waren immer häufiger geworden, je näher der Prozeß rückte und ihre Nerven sich anspannten.
»Ich hab die ganze Woche noch keinen Pieps von ihr gehört.«
Kate nahm an, sie könnte die Stadt verlassen haben, aber Melanie hätte sie das wissen lassen. Sie meldete sich regelmäßig bei Kate, wie bei einer Bewährungshelferin.
Irgendwas stimmte da nicht. Das Gericht hatte es in seiner grenzenlosen Weisheit für angebracht gehalten, Melanies Angreifer auf Kaution freizulassen, aber die Cops hatten sie nicht aus den Augen gelassen, und der leitende Detective hatte die Situation gut unter Kontrolle gehabt.
Wegen Angie kommt mir alles seltsam vor, dachte Kate.
Wahrscheinlich gab es keinen Grund zur Sorge. Trotzdem folgte sie ihrem Instinkt, nahm wieder das Telefon und wählte den Detective in Sexualverbrechen an.
Er hatte auch nichts von ihrem Opfer gehört, aber er wußte, daß einer ihrer Angreifer am Wochenende wegen eines Überfalls auf eine frühere Freundin aufgegriffen worden war, Kate erklärte, was sie wußte, und bat ihn, bei Melanie Hessler zu Hause vorbeizuschauen, nur zur Sicherheit.
»Ich mach mich nach dem Lunch auf den Weg.«
»Danke, Bernie. Du bist ein Schatz. Ich bin wahrscheinlich nur paranoid, aber…«
»Nur weil du paranoid bist, heißt das noch lange nicht, daß das Leben dir keins auswischen will.«
»Wie wahr. Und mein Glück ist momentan nicht gerade auf dem Höchststand.«
»Halt durch, Kate. Es kann immer noch schlimmer
kommen.«
Polizistenhumor, Heute fand sie nicht so richtig den Draht dazu.
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit einem Stapel Papierkram zu, zog dann aber statt dessen Angies Akte hervor, in der Hoffnung, darin vielleicht etwas zu entdecken, auf dessen Basis sie handeln könnte. Wenn sie noch lange in diesem Büro saß und wartete, würde ihr Gehirn explodieren.
Die Akte war kläglich dünn. Mehr Fragen als Antworten. Könnte das Mädchen von sich aus das Phoenix
verlassen haben? Wenn ja, woher kam dann das Blut? Sie ließ sich die Szene aus dem Badezimmer durch den Kopf gehen: der blutige Händeabdruck auf den Kacheln, das verwässerte Blut, das durch den Abfluß sickerte, die blutigen Handtücher im Korb. Mehr Blut als man mit einer vernünftigen Erklärung rechtfertigen könnte.
Aber wenn Smokey Joe sie sich geholt hatte, wie hatte er sie gefunden, und wie kam es, daß Rita Renner nichts gehört hatte keine Türen, keinen Kampf, kein Garnichts?
Mehr Fragen als Antworten.
Das Telefon klingelte und Kate nahm ab, halb in Hoffnung halb in Angst, Kovác am anderen Ende der Leitung zu hören, mit Neuigkeiten von der Autopsie an Opfer Nummer Vier.
»Kate Conlan.«
Die polierte Stimme einer Sekretärin lieferte wenig willkommene Neuigkeiten einer anderen Sorte: »Ms.
Conlan? Mr. Sabin möchte Sie sofort in seinem Büro sehen.«
KAPITEL 26
»Also kommt dieser Sergeant Kovác jetzt oder nicht?«
Liska
Weitere Kostenlose Bücher