Feuermale
körperliche Präsenz hier schien nicht notwendig – was seine Frustration und seine Erschöpfung noch verstärkte. Er schloß für zwei Sekunden die Augen und zügelte seine Gefühle.
»Ihr Freund Mr. Bondurant hat Freunde in sehr hohen Positionen«, sagte er. »Was gibt es über ihn zu erzählen?«
»Der übliche neunhundert Pfund Gorilla. Eigentümer einer Computerfirma, die einen Haufen Rüstungsaufträge hat – Paragon. Er hat Andeutungen gemacht, von wegen er will den Staat verlassen, weshalb der Gouverneur und jeder andere Politiker jetzt Schlange stehen, um ihm den Hintern zu küssen. Sie sagen, er ist eine Milliarde Dollar oder mehr wert.«
»Kennen Sie ihn?«
»Nein, er hat sich nicht die Mühe gemacht, übers Büro zu gehen, um Sie zu kriegen. Wie ich höre, hat er direkt die Chefetage genommen.«
Und innerhalb von Stunden hatte das FBI Quinn in ein Flugzeug nach Minneapolis gesetzt. Keine Rücksicht auf die normale Zuteilung der Fälle nach Regionen. Keine Rücksicht auf Fälle, die er gerade bearbeitete. Keine der üblichen bürokratischen Scheißverstrickungen wegen Reisegenehmigungen.
Er fragte sich verärgert, ob Bondurant ihn namentlich verlangt hatte. Er hatte im letzten Jahr verdammt oft im Rampenlicht gestanden. Nicht auf seinen Wunsch. Der Presse gefiel sein Image. Er paßte in ihr Profil davon, wie ein Special Agent der Investigative Support Unit aussehen sollte: athletisch, mit energischem Kinn, dunkel, eindringlich. Er war fotogen, sah im Fernsehen gut aus. George Clooney würde ihn im Film spielen. An manchen Tagen war das Image nützlich. An manchen Tagen fand er es amüsant. Aber immer öfter war es schlicht lästig.
»Er hat keine Zeit verschwendet«, fuhr Walsh fort. »Das Mädchen ist noch nicht mal kalt. Sie wissen auch nicht mit Bestimmtheit, ob es seine Kleine ist – schließlich ist der Kopf ab und so weiter. Aber Sie wissen ja, Leute mit Geld machen nicht lange Faxen. Die müssen nicht.«
»Wie weit sind wir mit der Identifizierung des Opfers?«
»Sie haben ihren Führerschein. Sie werden versuchen, ihre Fingerabdrücke zu kriegen, aber die Hände waren ziemlich übel verbrannt, wie man mir sagt. Der Pathologe hat Jillian Bondurants Krankengeschichte verlangt, im Hinblick auf besondere Merkmale oder gebrochene Knochen, um zu sehen, ob irgend etwas übereinstimmt.
Wir wissen, daß der Körper die richtige Größe und Statur hat. Wir wissen, daß Jillian Bondurant mit ihrem Vater Freitag abend gegessen hat. Sie hat sein Haus gegen Mitternacht verlassen und ist seither nicht mehr gesehen worden.«
»Was ist mit ihrem Wagen?«
»Bis jetzt hat ihn keiner gefunden. Die Autopsie ist für heute abend angesetzt. Vielleicht haben sie Glück, und der Mageninhalt stimmt mit der Mahlzeit überein, die Bondurant an diesem Abend mit ihrem Vater eingenommen hat, aber ich bezweifle es. Dazu hätte sie praktisch sofort umgebracht werden müssen. So arbeitet dieser Schizo nicht.«
»Die Pressekonferenz ist um fünf – auch wenn die
Presse nicht darauf wartet«, fuhr er fort. »Die Story wird schon auf allen Kanälen gesendet. Und sie haben diesem Dreckschwein schon einen Spitznamen gegeben. Sie nennen ihn den Feuerbestatter oder Smokey Joe. Geht gut ins Ohr, was?«
»Wie ich höre, ziehen sie Vergleiche mit Morden, die vor ein paar Jahren passiert sind. Gibt es da eine Verbindung?«
»Die Wirth Park Morde. Keine Verbindung, aber ein paar Übereinstimmungen. Diese Opfer waren schwarze Frauen – und ein asiatischer Transvestit, den er aus Versehen erwischt hat. Prostituierte oder mutmaßliche Prostituierte – und die beiden Opfer dieses Typen waren Prostituierte. Aber Prostituierte werden ja dauernd umgebracht, sie sind einfache Zielscheiben. Diese Opfer waren meist schwarz und die hier sind weiß. Genau das deutet schon auf einen anderen Mörder – richtig?«
»Sexuelle Serienmörder bleiben im allgemeinen in ihrer eigenen ethnischen Gruppe, ja.«
»Wie dem auch sei, bei einem dieser Wirth Park Morde haben sie eine Verurteilung gekriegt und bei den anderen die Akten geschlossen. Sie haben ihren Mörder gekriegt, und es gab einfach nicht genug greifbare Beweise, um die anderen Fälle vor Gericht zu bringen. Außerdem, wie oft lebenslänglich kann ein Typ absitzen?«
»Ich hab heute früh mit einem dieser Bullen vom Morddezernat geredet«, sagte Walsh und drückte seine Zigarette in dem dreckigen Aschenbecher aus. »Er sagt, es besteht kein Zweifel, das hier ist definitiv ein
Weitere Kostenlose Bücher