Feuermale
umzugehen, ohne daß du dir wehtun mußt.«
»Was wissen die schon?« sagte Angie mit verächtlich funkelnden Augen. »Was wissen die von ›fertigwerden‹?
Einen Scheiß wissen die.«
Genau wie ich, dachte Kate. Mein Gott, warum hatte sie sich Montag nicht einfach krank gemeldet?
Sie überlegte und verwarf die Idee zu versuchen, dem Mädchen das Messer zu entwinden. Das Potential für ein Desaster war zu groß. Wenn sie sie dazu bringen könnte weiterzureden, könnte sie sie vielleicht nach einiger Zeit überreden, es wegzulegen. Sie hatten alle Zeit dieser Welt – vorausgesetzt, sie waren allein.
»Angie, bist du allein hierhergekommen?«
Angie starrte auf die Klinge, mit der sie behutsam die blauen Linien der Tätowierung neben ihrem Daumen
entlangstrich, ein A, das oben eine horizontale Linie durchzog.
»Hat dich jemand hergebracht?«
»Ich bin immer allein«, murmelte sie.
»Und was war neulich nachts, nachdem ich dich zurück ins Phoenix gebracht hatte? Warst du da allein?«
»Nein.«
Sie bohrte die Spitze der Klinge in die tätowierten Blutstropfen auf dem Dornenarmband, das ihr Handgelenk umrankte. »Ich weiß, daß er mich wollte. Er hat nach mir geschickt.«
»Wer wollte dich? Gregg Urskine?«
»Der Engel des Bösen.«
Kate hätte sie gerne gepackt und die Geschichte aus ihr herausgebeutelt, aber sie wußte, daß sie das nicht konnte.
Wenn sie auf Angie losging, könnte das Mädchen das Messer drehen und ihr damit das Gesicht aufschlitzen.
»Wer ist das?« fragte Kate.
»Ich war unter der Dusche«, sagte sie, und ihre Augen wurden bei der Erinnerung glasig. »Ich hab mich geschnitten. Hab das Blut und das Wasser angeschaut. Dann hat er nach mir geschickt. Als ob er mein Blut gerochen hätte oder sowas.«
»Er?« versuchte Kate nochmal.
»Er war nicht glücklich«, sagte sie unheilschwanger. Ein hinterlistiges Lächeln verzog in unheimlichem Kontrast ihren Mund. »Er war sauer, weil ich die Befehle nicht befolgt habe.«
»Ich sehe, daß das eine lange Geschichte wird«, sagte Kate und beobachtete, wie das Blut von Angies Hand auf den Speisezimmerteppich tropfte. »Warum gehen wir nicht in das andere Zimmer und setzen uns? Ich kann Feuer im Kamin machen. Dich aufwärmen. Wie klingt das?«
Sie von den Messerspielen ablenken. Sie außer Sichtweite des Telefons bringen und in die Nähe eines anderen, so daß es ihr vielleicht gelänge, einen Anruf zu machen. Das Telefon mit Fax im Arbeitszimmer hatte 911 auf der Schnellwahl. Wenn sie es fertigbrachte, Angie auf die Couch zu legen, könnte sie sich auf den Schreibtisch setzen, das Telefon unauffällig von der Gabel schieben und den Knopf drücken. Es könnte funktionieren. Auf jeden Fall war es besser, als dazustehen, und dem Mädchen beim Bluten zuzusehen.
»Ich hab kalte Füße«, sagte Angie.
»Gehen wir in das andere Zimmer. Da kannst du diese nassen Stiefel ausziehen.«
Das Mädchen sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, hob ihre blutende Hand an den Mund und strich mit der Zunge die Wunde entlang. »Sie gehen voran.«
Vor einer Psychotischen mit einem Messer, möglicherweise auf einen wartenden irren Serienmörder zu. Toll.
Kate machte sich auf den Weg zum Arbeitszimmer, ging fast seitwärts, versuchte, Angie im Auge zu behalten und gleichzeitig nach vorne zu spähen, und dabei noch die Konversation aufrechtzuhalten. Angie umklammerte ihr Messer mit einer Hand, bereit, es einzusetzen. Sie ging ein bißchen gekrümmt, mit der anderen Hand hielt sie sich den Bauch, offensichtlich hatte sie Schmerzen.
»Hat Gregg Urskine dir wehgetan, Angie? Ich hab das Blut im Badezimmer gesehen.«
Sie blinzelte verwirrt. »Ich war in der Zone.«
»Ich weiß nicht, was das bedeutet.«
»Nein, wie sollten Sie auch.«
Kate ging voran ins Arbeitszimmer.
»Setz dich.«
Sie deutete auf die Couch, auf der sie und Quinn sich vor nicht allzu vielen Stunden geliebt hatten. »Ich mach das Feuer an.«
Sie überlegte, ob sie den Schürhaken als Waffe einsetzen sollte, verwarf aber die Idee sofort wieder. Wenn es ihr gelänge, Angie das Messer durch eine List abzunehmen, wäre das aus vielen Gründen besser als mit Gewalt, vor allem wegen ihres Geisteszustands.
Angie klemmte sich in eine Ecke der Couch und begann, die Blutflecken auf ihren Jeans mit der Messerspitze nachzuziehen.
»Wer hat dich gewürgt, Angie?« fragte Kate und ging zum Schreibtisch. Ein Fax war gekommen. Der Anruf, den sie nicht entgegengenommen hatte.
»Ein Freund eines
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