Feuermohn
hatte schon bald ihr Ende gefunden – zumindest für Aaron.
Und zwar genau ab dem Zeitpunkt, als Alexander ihm dieses verdammte Magazin vorgelegt hatte. Es enthielt eine halbseitige Kolumne, in der sich jemand ohne Tabus über ihn – Aaron Vanderberg – ausließ und zwar schonungslos, gehässig und voller Sarkasmus. Er schleuderte das Magazin weit von sich.
Aaron war nur anderthalb Jahre jünger als sein Bruder Alexander und sah ihm zum Verwechseln ähnlich. So identisch ihre Erscheinung auch war, in ihrem Wesen unterschieden sie sich maßgeblich. Alexander war nachgiebiger und gefühlvoller, ihm fehlte die Arroganz, die Aaron immer mal wieder an den Tag legte. Im Gegensatz zu seinem Bruder war er aufrichtig auf der Suche nach der Frau fürs Leben. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, aus dem Vollen zu schöpfen, und die sich ihm zahlreich anbietenden erotischen Abenteuer mitzunehmen.
Beide waren Erben der berühmten Juwelierdynastie Vanderberg, hielten nichts von Konventionen, sondern lebten nach dem Lustprinzip. Während Alexander dabei war, sich als Fotograf einen Namen zu machen, lebte Aaron in den Tag hinein. Nebenbei kümmerten sie sich abwechselnd als Geschäftsführer um den Familienbetrieb, der ein Selbstläufer war, nach wie vor expandierte, florierte und ein Dutzend Filialen in ganz Deutschland sein eigen nannte.
Mit einem goldenen Löffel im Mund geboren, hatten beide eine Kindheit genossen, in der es ihnen an materiellen Dingen in keiner Weise gefehlt hatte. Als gutaussehende Jungen aus reichem Elternhaus waren Aaron und Alexander früh Anziehungspunkt für das weibliche Geschlecht. Mädchen und Frauen rissen sich um ihre Aufmerksamkeit, stellten alles Mögliche an, um für einen Moment in ihrer Gunst zu stehen.
Während Alexander sich in jungen Jahren ernsthaft verliebt hatte – jedoch enttäuscht worden war – war Aaron das Gefühl von Liebe vollkommen fremd. Er bekam, was er wollte, musste nie um die Gunst einer Frau kämpfen. Er war eine Frohnatur, ein Hans Dampf in allen Gassen, der mitnahm, was sich ihm bot. Und das war reichlich. Jedoch musste man ihm zugute halten, dass er seine Gespielinnen niemals über seine Absichten im Unklaren ließ. Sie wussten von vornherein, woran sie bei ihm waren, und dass es nicht von Dauer sein würde.
Mit der ihm angeborenen Leichtigkeit war es zu diesem Zeitpunkt allerdings vorbei.
„Anna Lindten!“ Aaron spie den Namen förmlich aus. „Diese Frau ist die Pest! Die Worte Lust und Hingabe kann sie sicherlich nicht einmal richtig buchstabieren. Sie hat ihren Meister noch nicht gefunden.“
„Und du willst das ändern?“ Alexander suchte den Blick seines Bruders.
„Wenn es sein muss.“ Ein gefährlicher Glanz trat in Aarons Augen.
„Was hast du vor?“
„Mir wird schon das Passende einfallen.“
Aaron tauchte aus seinen Gedanken auf, nippte an seinem Cocktail. Das Passende war ihm bisher nicht eingefallen. Es gelang ihm einfach nicht, diese Episode auszublenden. Er ersehnte Vergeltung, wollte es dieser Person heimzahlen. Erst dann würde er zur Ruhe kommen.
Die Minuten verstrichen.
Mit einem Mal erhellten sich seine Gesichtszüge. Er hatte eine Idee.
Der Mohnball! Bald war es wieder soweit. Dieser Anlass war perfekt! Sie würde anbeißen, seinen Köder schlucken. Da war er sicher.
Er würde Madame Lindten an die Grenzen ihrer Lust führen, sie Demut lehren. Und wenn er sie dort hatte, wo er sie haben wollte, würde er sie wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Ihre Kollegen von der Konkurrenz würden an diesem ‚leidvollen Ende‘ natürlich teilhaben, und schon hatte er seine Revanche.
Nie wieder würde sie ihn als hirnlosen Gigolo und die Damen, die sich mit ihm einließen, als naive Dummchen bezeichnen.
Genüsslich begann er sich seinen Rachefeldzug in den schillerndsten Farben auszumalen. Er rief sich ihr Pressefoto ins Gedächtnis. Sie war eine Frau, die ganz und gar nicht in sein Beuteschema passte. Dennoch hatte sie etwas, das ihn reizte. Es würde das reinste Vergnügen werden, ihr diesen Denkzettel zu verpassen.
Seine Wut wandelte sich in Schaden- und Vorfreude. Wie von Zauberhand verschwand seine missmutige Stimmung – Partylaune kam auf. Er rieb sich die Hände und wandte sich einer dunkelhaarigen Schönheit zu, die schon eine ganze Weile kokettierend um seine Aufmerksamkeit buhlte.
Kapitel Drei
Blitze zuckten hinter dem Hügel hervor, lauter Donner grollte. Grauschwarze Wolken verdüsterten die Sicht auf den Horizont,
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