Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
verfault, ihre Haut unnatürlich glänzend, wie Zitronenschalen. Ein Kind ging durch die Hintertür ein und aus, leerte Spucknäpfe und brachte sie an Bar und Tische zurück. Durch die Fenster auf der Rückseite und die offene Tür sah ich drei aus Pfählen zusammengezimmerte Hütten, von deren Dächern Vorhänge aus Sackrupfen hingen. Unter den Vorhängen waren Nachttöpfe, Waschschüsseln und die Beine diverser Betten oder Pritschen zu erkennen.
»Das ist ja der Hammer«, sagte Temple.
»Du kannst gern draußen warten«, sagte ich.
»Ich meine das da drüben«, erwiderte sie.
Ein dunkelhäutiges Mädchen, nicht älter als dreizehn, saß mit Johnny Krause an einem Tisch. Sie trug ein Unterhemd und ein verblichenes Bauernkleid, das wie ein Sack um ihre Hüften hing. An den Füßen hatte sie blaue Baumwollsocken und alte Sandalen, deren Riemen quer über die Sohlen gezogen waren. Sie hatte Rouge aufgetragen, die Lippen geschminkt und Glasperlen in die Haare geflochten. Die Haare unter ihren Achseln sahen aus, als wären sie mit einem Pinsel aufgetragen, die kleinen Zähne waren gelb verfärbt und vorzeitig faulig. Johnny Krause hatte die Hand auf ihrem Unterarm liegen.
Er zog sie weg, als er uns sah, aber nicht, weil es ihm peinlich war. Nach wie vor grinste er, ließ sich nur vorübergehend ablenken.
»Erinnern Sie sich an uns?«, sagte ich.
»Wieso nicht? Ihr kreuzt doch ständig auf. Was macht das Auge, Puppe?«
Er hatte seine mit Brillantine eingeschmierten Haare zurückgekämmt und mit einem Gummiring zu einem Torerozöpfchen zusammengerafft. Er grinste dem Mädchen zu, warf einen Blick zur Bar und deutete mit dem Kopf kurz hin. Als sie gegangen war, griff er mit zwei Fingern um den Rand eines mit dunklem Rum gefüllten Schnapsglases und trank daraus, als kippe er sich einen kleinen Kübel in den Mund. Dann setzte er die Dos-Equis-Flasche an und lächelte uns freundlich zu.
»Ihre Leute sind Zigeuner. Die haben sie sitzen lassen«, sagte er.
»Sie haben Cholo Ramirez im Auftrag von Earl Deitrich erledigt. Ich nehme an, dieser ehemalige Söldner hat Sie gedungen, dieser Fletcher, oder wie immer er auch heißt. Earl wird zu Fall kommen. Und wenn es so weit ist, wird demjenigen, der zuerst singt, das Einschläfern erspart bleiben.«
»Ein Jammer, was mit diesem Ramirez passiert is. Die Cops haben schon mit mir drüber geredet. Aber das war ein Leimer, ’ne Straßenratte, ein Großkotz, und völlig durchgeknallt. Wenn dem das Hirn aus der Nase gelaufen is, dann deswegen, weil er den Kaugummi rausgezogen hat. Ich hab damit nix zu tun.«
Ich setzte mich ihm gegenüber. Eine Schachtel Streichhölzer steckte in einem Keramikhalter mitten auf dem Tisch. Er nahm eines heraus, riss es an der Reibfläche an und zündete einen Zigarrenstumpen an. Der Rauch roch nach brennendem Laub und Ahornsirup, der auf einem Herd erhitzt wird. Das Mädchen kehrte von der Bar zurück, legte ihm den Arm um die Schultern, schmiegte sich mit dem Schenkel an ihn und zog eine Schnute. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, legte ihr die Hand ans Kreuz und nickte zur Bar hin. Als sie wegging, strich er ihr mit den Fingern über den Hintern.
»Sie sind ein von Grund auf beschissener Drecksack, Krause«, sagte ich.
Er lachte. Seine Haut war oliv getönt und glatt, wirkte trocken und kühl wie gebrannter Ton, als ob seine Drüsen keinerlei Sekret absonderten. »Sie wollen, dass ich Ihnen aus der Patsche helfe, indem ich jemanden verpfeife, und gleichzeitig beschimpfen Sie mich? Sind Sie dazu extra hierher gefahren?«
»Nein«, sagte ich.
Er hörte auf zu grinsen, und der spöttische Ausdruck in seinen Augen verschwand. »Yeah?«, sagte er und kreiste mit der Hand einmal durch die Luft. »Haben Sie irgendwas gegen mich? Sind wir uns vielleicht schon mal irgendwo über den Weg gelaufen?«
»Sie haben meiner Ermittlerin ein Queue ins Auge gerammt und hinterher einen dummen Spruch abgelassen. Wollen Sie mir heute Abend auch mit dummen Sprüchen kommen?«
Er grinste wieder, winkte dem Mädchen mit erhobenem Finger zu, als wollte er ihr mitteilen, dass er gleich käme. »Wenn Sie die Sau rauslassen wollen, gibt’s in Mexiko jede Menge Bars dafür. Aber für nix und wieder nix misch ich mich nicht in andrer Leute Zoff ein. Pech gehabt, Mann.«
Temple drückte mir auf die Schulter. »Ich halte den Geruch nicht mehr aus, Billy Bob. Lass uns gehen«, sagte sie.
»Sie reden vom Zuhause dieser Leute. Halten Sie sich ein bisschen zurück, Lady«,
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