Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
nicht bloß zwei«, sagte Wilbur am Telefon.
»Hast du es angerührt?«, fragte ich.
»Nicht mal mit der Mistgabel, mein Junge«, erwiderte er.
Eine Stunde später saß er auf einem Holzstuhl vor seiner Scheune und wartete, als Marvin Pomroy, ich und ein Fingerabdruckspezialist aus San Antonio sowie Hugo Roberts mit drei Autos auf seine Auffahrt stießen. Wilburs Haare waren feucht und ordentlich gekämmt, und er trug eine frisch gewaschene Jeans, ein beiges Freizeithemd und ein Paar Ausgehstiefel. Er stand auf und streckte Marvin die Hand entgegen.
»Wie geht’s Ihnen, Mr. Pomroy?«, sagte er.
Marvin zögerte nur eine Sekunde, dann ergriff er Wilburs Hand. Keiner sagte ein Wort, nur ein Eimer, der an einem Nagel in der Scheune hing, schepperte leise im Wind.
»Gegen Sie persönlich hab ich überhaupt nix«, sagte Wilbur.
»Meines Wissens verfügen Sie über Beweismittel, die näher in Augenschein genommen werden sollten«, sagte Marvin.
»Das haben die nichtsnutzigen Deputys dort versteckt und nicht wieder mitgenommen«, sagte Wilbur.
Hugo Roberts klemmte sich eine Zigarette in den Mund, zündete sie an und blies den Rauch in die untergehende Sonne.
»Wenn das nicht die reinste Zeitverschwendung ist, dann weiß ich gar nix mehr«, sagte er.
»Wenn Sie unbedingt rauchen müssen, Hugo, dann tun Sie das gefälligst gegen den Wind«, sagte Marvin.
Der Fingerabdruckspezialist aus San Antonio zog das Wertpapier vorsichtig mit der Pinzette heraus und verstaute es in einer Plastiktüte.
»Ihr kommt mir vor wie jemand, der mit der Pinzette Maiskörner aus der Schweinescheiße fischt. Was, zum Teufel, soll das denn beweisen?«, sagte Hugo.
»Ich nehme doch an, dass die Fingerabdrücke Ihrer sämtlichen Deputys bei den Akten liegen, und Ihre ebenso, Hugo«, sagte ich. »Die werden Sie uns unverzüglich zur Verfügung stellen, nicht wahr?«
»Weil ich ja nix anderes zu tun habe. Hat Ihr Junge mit dem Pickup von seinem Stiefvater einen Haufen Autos demoliert?«, erwiderte er. Er schaute zu einem Güterzug, der über ein Viadukt in den Hügeln fuhr, hielt seine Zigarette mit zwei Fingern dicht an den Mund und zog ununterbrochen daran, und im Licht der Spätnachmittagssonne wirkte sein Gesicht ebenso vom Nikotin verfärbt wie seine Finger.
Ich hatte gerade den Hörer aufgelegt, nachdem ich mit Marvin Pomroy gesprochen hatte, als Wilbur Pickett am Mittag darauf in mein Büro kam. Er nahm sich keinen Stuhl, sondern blieb stehen, biss sich auf die Unterlippe und hielt seinen Hut mit beiden Händen vor der Gürtelschnalle.
»Hugo Roberts’ und Kyle Roses Fingerabdrucke sind auf dem Schein. Deine nicht«, sagte ich.
»Kyle Rose, der Deputy, den jemand mit ’nem Pfeil durchbohrt hat?«, sagte Wilbur.
»Genau der. Du hast diese Wertpapiere nicht gestohlen. Man hat sie dir untergeschoben, Wilbur. Marvin Pomroy hat es gerade gesagt.«
»Was heißt das?«
»Ich muss ein bisschen Papierkram erledigen, dann ist die Sache für dich ausgestanden.«
Er setzte sich auf einen Stuhl, rieb sich den Nacken und starrte Löcher in den Teppichboden.
»Was ist mit Kippy Jo?«, fragte er.
»Die ist noch nicht aus dem Schneider.«
»Die eine Sache hängt mit der andern zusammen, nicht wahr? Wenn man mir nix angehängt hätte, war Bubba Grimes nicht rausgeschickt worden, um mich und Kippy Jo umzubringen.«
»Ich dachte, du würdest dich freuen.«
Er stand auf, ohne auf meine Worte hin die geringste Regung zu zeigen.
»Ich darf doch jetzt den Staat verlassen, nicht wahr?«, sagte er.
»Wie bitte?«
»Die Jungs, die in meinen Pipeline-Deal in Venezuela investieren wollen, denen hab ich die Bohrprobe aus Wyoming gezeigt. Die sind bereit loszulegen.«
Ich stützte den Ellbogen auf die Armlehne meines Drehstuhls und rieb mir das Kinn.
»Du willst deine Frau allein lassen, um eine verdammte Ölquelle anzubohren?«, sagte ich.
»Bei der ganzen Sache hier geht’s doch bloß um Geld. Sie wird nicht vor Gericht gestellt, weil sie Bubba Grimes umgebracht hat. Sie wird vor Gericht gestellt, weil ihr Mann was hat, das Earl Deitrich haben will.«
»Du willst alles an ihn verkaufen, nicht wahr?«, sagte ich.
Seine Haut glitschte vor Schweiß und von der Hitze draußen, und er wischte sich den Hals ab und betrachtete seine feucht glänzenden Schwielen. Dann rieb er die Hand an seiner Hemdbrust trocken und sagte: »Ich war eine Sekunde vom Weltmeistertitel entfernt. Weil mir diese eine Sekunde gefehlt hat, grab ich heute für reiche
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