Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
Rücksitz eines Taxis, das auf der kleinen Plaza im Zentrum der Ortschaft parkte. Er hatte Hängebacken wie ein Schwein, schmale Schultern, einen breiten Hintern und Koteletten, die sich über seine Wangen ausbreiteten, als wären sie mit Theaterschminke aufgemalt. Er trug eine gelbe Sonnenbrille und einen malvenfarbigen Buschhut mit weicher Krempe, vermutlich um von seinem Teint abzulenken, der mit tiefen Pockennarben übersät war, als hätten sich Insekten in seine Haut gegraben und Löcher herausgefressen.
»Ich musste mich von meinem Cousin herfahren lassen, weil wir heut keinen Dienstwagen frei hatten. Er braucht fünfundzwanzig Dollar für den Zeitaufwand«, sagte Redfish.
»Yeah, ich seh ein, dass ihm heute Nachmittag vermutlich eine Menge Fahrten entgangen sind. Allerhand Touristen fliegen zum Wassersport und dergleichen mehr hierher«, sagte Temple.
»Ihr Freund vom Sheriff’s Office in Bexas hat schon gesagt, dass Sie eine harte Nuss sind. Derzeit haben wir keine Touristen hier. Aber im Winter kommen Gringos aus Louisiana und machen die ganzen Enten auf dem See tot. Sie schießen an einem Morgen drei-, vierhundert Stück ab. Was meinen Sie denn dazu?«, sagte Redfish.
»Wir meinen, wir müssen mit Johnny Krause reden«, sagte ich.
»Sie sind Texas Ranger gewesen?«
»Ganz recht«, sagte ich.
»Eins müssen Sie hier bedenken. Er hat in Mexiko nix angestellt. Er lässt einen Haufen Geld in dem Dorf. Auch wenn er ein Landsmann von Ihnen ist, heißt das nicht, dass er hier nicht mit Respekt behandelt wird.«
Der Wind sprang um, und Temple verzog das Gesicht, als hätte sie einen Schlag erhalten. »Was ist in dem See drin?«, sagte sie.
»Von den Häusern läuft alles Mögliche den Berg runter. Nach der Regenzeit stinkt er nicht. Die Gringos kommen nach der Regenzeit zur Entenjagd hierher. Die sind richtig stolz, trinken im Café Wein und essen alle ihre Enten«, sagte Redfish.
Redfish setzte sich zu mir auf den Vordersitz des Avalon, und Temple stieg hinten ein. Die Sonne verglühte am Horizont, als wir tiefer in die Ortschaft hineinfuhren und auf einer aus dem Fels gehauenen Straße über dem See wieder hinaus. Höhlen oder alte Bergwerksstollen, in denen Menschen lebten, waren in den Hang getrieben worden. Sie wuschen ihre Kleidung im See und trockneten sie auf den Felsen rund um die Höhlen, kochten ihr Essen in offenen Töpfen, aus denen ein Gestank wie nach brennendem Müll aufstieg. Ich sah keine Männer, nur Frauen und Kinder, deren Gesichter mit Ruß verschmiert waren und deren Haarfarbe man nicht erkennen konnte.
»Das sind Gitanos. Sie bereiten sich Mahlzeiten aus Hühnerinnereien zu. Sie stehlen sie aus den Schweinekoben. Wir können nix für sie tun«, sagte Redfish.
»Wo sind die Männer?«, fragte Temple.
»Eine Horde von denen ist in eine Messerstecherei geraten. Der Jefe hat sie eine Zeit lang raus auf seine Ranch gebracht. Schaun Sie, Señorita, das ist ein Haus für Puta. Vielleicht ist es nicht gut, wenn Sie da reingehen«, sagte er.
»Ich werde mich drum bemühen, dass meine Gedanken rein bleiben«, sagte Temple.
»Johnny Krause ist innerlich nicht erwachsen. Wissen Sie, was ich meine?«, sagte Redfish zu mir.
»Nein«, sagte ich.
»Ich auch nicht«, sagte Temple und beugte sich über die Sitzlehne nach vorn.
»Die Gitanos sind nicht alle oben in den Höhlen oder draußen auf der Ranch vom Jefe «, sagte er und schaute aus dem Fenster auf den staubigen Wasserspiegel des Sees.
Am Ende der bergauf führenden Straße stand ein weiß getünchtes Gebäude, das vermutlich früher als Pulverlager für ein Bergwerksunternehmen und später möglicherweise als Gefängnis gedient hatte. Die Wände waren aus Stein, die Fenster mit Gittern versehen, das Dach mit Holzpfählen, Blech und Erdhaufen gedeckt, auf denen Gras wucherte. Der Türrahmen war aus Stahl, im Stein verankert, und die Tür selbst, die halb offen stand, aus rot gestrichenem Gusseisen. In die Farbe waren alle möglichen mehr oder weniger unanständigen Darstellungen menschlicher Geschlechtsorgane eingeritzt.
Die Bar und der Boden bestanden aus rohen, grob zurechtgehobelten Kiefernbrettern, die von Zigarettenkippen und Zigarrenstumpen versengt waren. Der Raum war in das schlierige Licht der Öllampen getaucht, und der Rauch hing so dicht an der Decke, dass jedes Mal Schwaden aufwallten, wenn jemand darunter vorbeiging. Die Gäste saßen mit stumpfen, trunkenen Mienen da, die Gesichter vom Alkohol erhitzt, die Zähne
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