Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
du verlogener Mistkerl«, sagte ich.
»Bleib mir vom Leib, Billy Bob.«
Ich wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Ich stieß ihn mit der Hand vors Brustbein.
»Mach das nicht«, sagte er.
Ich stieß ihn erneut, diesmal mit beiden Händen, biss die Zähne zusammen, schubste ihn dann aus der Hintertür auf die Pferdekoppel. Er stolperte über seine eigenen Füße, geriet aus dem Gleichgewicht und riss die Hände hoch, als ich wieder auf ihn zuging.
»Nur zu, probier es, Wilbur. Mal sehen, was passiert«, sagte ich.
Seine Gesicht leuchtete so rot wie eine Eisenbahnerlaterne.
»Ich prügel mich nicht mir dir«, sagte er. Er senkte die Hände, kehrte mir den Rücken zu und legte die Arme über das Gatter. Die Ader an seinem Hals zuckte, und er schaute mich aus dem Augenwinkel an wie ein verängstigtes Tier.
»Warum hast du sie gestohlen? Warum hast du die ganze Zeit gelogen?«, sagte ich.
»Deitrich hat mich vor all den Leuten vor den Kopf gestoßen. Ich bin in sein Büro, um die Uhr vom Kamin zu mopsen. Dann hab ich die Wertpapiere im Safe gesehn. Ich hab an das Ölland gedacht, das sein Vorfahr meiner Familie weggenommen hat, und ich hab die Papiere angesehn, und eh ich gewusst hab, wie mir geschieht, hab ich die Uhr in die Tasche und die Papiere in meine Hose gesteckt. Es war, als ob ich jemand anders dabei zuseh.«
Er warf mir einen Blick zu, um festzustellen, ob seine Erklärung angekommen war. Er schluckte und schaute rasch wieder weg. »Mich hat die Gier gepackt. Willst du das hören?«, sagte er.
»Du elender Dreckskerl«, sagte ich.
»Es waren keine dreihunderttausend. Es waren fünfzig. Hätt eh nix genützt, wenn ich sie zurückgebe. Earl Deitrich wollte bei der Versicherung tüchtig abkassieren, und gleichzeitig war er hinter Kippy Jos und meinem Ölsand her.«
»Weiß deine Frau Bescheid?«
»Nein, Sir, tut sie nicht.«
»Was ist mit den Wertpapieren, die in der Seitenwand der Kommode steckten?«
»Die waren untergeschoben. Das will ich dir ja klarmachen. Es kommt überhaupt nicht drauf an, was ich gemacht habe oder nicht. Deitrich und Hugo Roberts wollten mich in den Knast bringen.«
Er starrte missmutig auf die Blätter des Windrades, die gegen die Sicherungskette ankämpften, auf seine Pferde im Luzernenfeld, auf die Staubwolken und die Regenschleier, die aus den Hügeln im Westen heranzogen.
»Was hast du mit den gestohlenen Wertpapieren gemacht?«, fragte ich.
»Die hab ich in Mexiko verkauft. Das Geld steckt jetzt in der Ölsache in Wyoming.«
»Du hast uns benutzt.«
Er drückte sich den Handballen an die Stirn.
»Ich glaube, diese Welt kann ein elendes Jammertal sein, nicht wahr?«, sagte er.
»Lass dich bloß nicht mehr bei mir blicken«, sagte ich und ging zurück zu meinem Avalon.
Ich sah, wie Kippy Jo Wäsche auf die Leine hängte. Sie hörte auf damit, hob den Kopf und richtete die Augen zum Himmel, als ob das Barometer jäh gefallen wäre und ihr gesamtes Umfeld sich jeden Moment verändern könnte, ohne dass sie es vorhergesehen hatte.
Spätabends klingelte das Telefon in meiner Bibliothek.
»Jessie und ich müssen von hier weg, Mr. Holland«, sagte der Anrufer.
»Mr. Doolittle?«
»Ich stehe tief in Ihrer Schuld für alles, was Sie getan haben. Aber ich brauche Geld, damit wir runter zur Küste kommen.«
»Das kann ich nicht machen. Sie sind ein unschuldiger Mann, aber Jessie Stump gehört hinter Gitter.«
»Gestern hat uns jemand droben vom Hügelkamm aus gesehen. Er hatte einen Feldstecher.«
»Stellen Sie sich. Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen nichts geschieht. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Sie wissen nicht, wie es ist, wenn man als missgebildeter Mann hasserfüllten Menschen in die Hände fällt. Die kriegen mich nicht noch mal. Sie können mir nicht helfen?«
»Nicht so, wie Sie wollen.«
Ich hörte ihn tief durchatmen, so als füge er sich in sein Schicksal.
»Jesse ist nicht von Grund auf schlecht. Ich habe ihn dazu gebracht, dass er von seiner Rache an Earl Deitrich ablässt. Das ist doch schon mal ein Anfang, nicht wahr?«, sagte Skyler.
»Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll, Sir«, erwiderte ich.
»Leben Sie wohl, Mr. Holland. Ich nehme an, das ist das letzte Mal, dass ich Ihnen das sage.«
»Viel Glück, Mr. Doolittle«, sagte ich.
Er legte auf.
Am darauf folgenden Nachmittag, am Samstag also, warf Temple einen Stein an das Fenster meiner Bibliothek. Ich ging auf die hintere Veranda und öffnete die Fliegendrahttür. Doch
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