Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
sperrte das schwere Sicherheitsschloss an der Schuppentür auf und ging hinein. Die Luft war warm und roch nach Metall und Schmierfett. Staub und Heupartikel schimmerten in den Lichtstrahlen, die durch die Ritzen in den Wänden fielen, und eine Weißfußmaus huschte in einen alten Autoreifen. Die Tür hatte sich an einem Holzschlitten mit breiten Bretterkufen verklemmt, den wir früher mit einem Muli über das Feld gezogen hatten, wenn wir Körbe voller Bohnen und Tomaten pflückten. Ich lehnte den Schlitten an die Wand, betastete die von der Erde glatt geschmirgelten und abgerundeten Kanten der Kufen, und einen Moment lang sah ich meinen Vater im Schein der untergehenden Sonne stehen, eine Schöpfkelle voll Wasser trinken und sie dann wieder in den Eimer stecken, der zwischen den Körben stand. Dann spürte ich Blicke auf meinem Rücken.
    L.Q. Navarro saß in der hinteren Ecke auf einem Sägebock, stützte sich mit beiden Armen ab und hatte die langen Beine an den Knöcheln übereinander geschlagen.
    »Dein Freund Pomroy zermartert sich so lange den Schädel, bis er einen bequemen Ausweg findet. Was wiederum heißt, dass er diesen mexikanischen Halbstarken – wie heißt er doch gleich? –, diesen Ronnie Cruise, einsperren wird« , sagte L.Q.
    » Marvin ist ein guter Mann« , erwiderte ich.
    »Der will nachts schlafen, mein Guter. Die Sorte gewinnt keine Kriege. Diese Kids sind der reinste Abschaum. Leg sie um, sarg sie ein, und mach dir keine Gedanken drüber.«
    Ich wühlte in dem Schrotthaufen in der einen Ecke herum, bis ich das gefunden hatte, was ich suchte. Es war aus rotem Eichenholz, schwer und mit abgesplitterten Kanten, rund acht Zentimeter stark, über einen halben Meter hoch und so breit wie eine Tür. Zwei schwere Bolzen mit halbdollargroßen Köpfen waren senkrecht oben in das Holz geschraubt. Ich lud es mir auf die Schulter.
    »Ich schließe jetzt ab. Kommst du mit?« , sagte ich zu L.Q.
    »Du weißt, dass ich Recht habe.«
    »Mit Sicherheit nicht« , sagte ich, machte die Tür vor L.Q. zu und ließ das Schloss einrasten.
    Mein Vater hatte mit einem Brandeisen das Wort »Heartwood« – Kernholz – in die Eichenplanke gesengt. Er hatte vorgehabt, ein weißes Tor mit Rosenspalieren und einem Querbalken an der Einfahrt zu errichten und dieses Schild am Balken aufzuhängen, aber er war in jenem Frühjahr bei einer Pipelineexplosion an der Matagorda Bay ums Leben gekommen.
    Ich setzte mich in das Gras am Hang, wischte mit einem öligen Lappen das gemaserte Holz ab und fegte den Staub aus den eingebrannten Buchstaben, bis sie dunkel schimmerten und sich unter meinem Zeigefinger rau und körnig anfühlten. Meine Mutter hatte gesagt, ihrer Ansicht nach wäre es ein bisschen eitel und vermessen, ein Schild an einer Farm anzubringen, die so bescheiden sei wie die unsere, worauf mein Vater entgegnet hatte: »Die ist nur deswegen bescheiden, weil die Hollands ehrlich waren und während der Depression nicht den andern Leuten das Land weggenommen und sie mit einem Dollar pro Hektar abgespeist haben.«
    Aber ich kannte meinen Vater, seine leise innere Unruhe, seine Anmut und Würde und die tiefen Empfindungen, die er hegte, aber nicht offen aussprach, weil ihm die richtigen Worte fehlten, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, ohne dass es schwülstig klang. Er liebte unser Anwesen, weil es seiner Meinung nach nichts Vergleichbares auf der Welt gab. Wie viele Menschen wohnten in einem dreistöckigen Haus aus Klinkerziegeln, umgeben von Pappeln, Rosen und blühenden Myrtensträuchern, mit einem luftigem Obergeschoss, von dem aus man freien Blick auf die Scheune, die Pferdekoppel, das Windrad, den Hühnerhof und die Rinderweide hatte, das gepflügte Ackerland mit dem in Reih und Glied angepflanzten Gemüse, das sich bis zu den Klippen am Fluss erstreckte, auf einen von Weiden gesäumten Weiher mit Streifenbarren und Barschen, Barben und Welsen, die Narben des Chisholm Trail, die wie weißes Steingut in die harte Erde eingebrannt waren, auf einen sich dahinschlängelnden grünen Fluss und das wellige Hügelland in der Ferne? Jeden Tag, an dem wir hier erwachten, waren wir uns bewusst, dass uns alles gegeben war, was Gott einer Familie auf Erden nur schenken konnte, ohne dass wir unsererseits zu mehr verpflichtet waren, als gute Verwalter zu sein.
    Ich glaube nicht, dass mein Vater eitel war, und meine Mutter glaubte es ganz gewiss auch nicht.
    Ich hörte Schritte hinter mir, drehte mich um und sah Pete zwischen

Weitere Kostenlose Bücher